VBAC in einem staatlichen philippinischen Krankenhaus
Kurze Vorgeschichte
Die Tage vor der Geburt waren erfuellt von Dankbarkeit und Vorfreude. Da meine erste Geburt (Geburtsbericht: “Mit Praeeklampsia durch die Muehlen eines philippinischen Privatkrankenhauses”) eine eingeleitete Geburt und schliesslich ein Kaiserschnitt war und ich diese und andere negative Ereignisse bei der 2. Geburt vermeiden wollte, hatte ich trotzdem auch Bedenken. Hausgeburten sind seit ein paar Jahren auf den Philippinen verboten, in den Geburtshaeusern wurde ich wegen meiner Kaiserschnitt Vorgeschichte nicht aufgenommen und da mein Mann eine Alleingeburt zu riskant fand, blieb uns nichts anderes uebrig, als in ein Krankenhaus zu gehen. Ich habe mich mit diesem Gedanken Wochen vor der Geburt angefreundet und auch mit den gegebenen Methoden des Krankenhauses. Der Gedanke aber, einer spontanen Alleigeburt zu Hause oder im Auto (1 Stunde Fahrt bis zum Krankenhaus) ging mir nicht aus dem Kopf und waere mir viel lieber
Ein Tag davor
Alles fing am 6. Maerz um 8.00 Uhr mit dem Abgang des Schleimpfropfs an. Stillschweigend mit einem Grinsen ging ich durch den Tag. Ein Tag vorher wurde uns vom Sozialamt (wegen unserer 6 Pflegekinder) ein Termin gegeben, auf den wir schon im Januar und Februar gewartet haben. Mit der Krankenhaustasche im Kofferraum sind wir die 1 Stunde in die Grossstadt gefahren, somit haetten wir die Krankenhaeuser ganz in der Naehe, aber ich plante sowieso die erste Phase der Geburt alleine im Haus zu verarbeiten, deshalb habe ich meinem Mann nichts gesagt. Um 19.00 Uhr sind wir gut zu Hause angekommen und hatten dann Gebetsabend um 20.00 Uhr bei uns im Haus, bei dem ich anfangs noch dabei sass. Ich war aber schon sehr muede, so bin ich eher ins Bett gegangen, da ich dachte, falls die Wehen schon in der Nacht anfangen, dann habe ich wenigstens ein wenig ausgeruht und bin gestaerkt. Leichte Wehen hatte ich schon zu dem Zeitpunkt, aber ich empfand es als normal, da ich schon die Wochen davor viele Senkwehen hatte.
Die kurze Nacht
Bis 23.00 Uhr konnte ich gut schlafen (ich denke, dass ich die anfaenglichen Wehen ganz verschlafen habe), dann ging auch mein Mann zu Bett, schlief aber noch nicht. Ich wollte lieber aufstehen und rumlaufen, als zu liegen, da ich die Wehen nun mehr spuerte und sie im Liegen schlecht verarbeiten konnte. Mein Mann schlief so um 24.00 Uhr ein. Bis dahin habe ich versucht still zu sein, weil ich meinen Mann nicht zu frueh alarmieren wollte. Doch nun konnte ich ins Bad und hab bis 3.00 Uhr stehend und in der Hocke die Eroeffnungsphase verarbeiten koennen. Mir kam es gar nicht so lang vor und ich war ganz entspannt. Ich dachte mir, dass ich dann morgens unserer 11 koepfigen Grossfamilie das neue Familienmitglied vorstelle. Das waer ne Sache!
Doch um 3.00 Uhr ist mein Mann aufgewacht, auf die Toilette gegangen und hat mich zu seiner Ueberraschung aufgefunden. Mein heimlicher Wunsch auf eine Alleingeburt zu Hause war vorbei, aber das hat mich nicht aus der Ruhe gebracht. Wie schon geschrieben, habe ich mich in Gedanken mit allen moeglichen Situationen angefreundet. So hat mein Mann seine Mutter angerufen, die mit uns ins Geburtshaus ist, um, auf meinen Wunsch hin, die cm meines Muttermunds zu fuehlen. Mir war das wichtig, weil ich wissen wollte, ob das Baby schon so weit ist, dass es evtl. im Auto kommt. Vor dem Geburtshaus, das nur 5 Minuten von uns entfernt ist, hatte ich einen Blasenriss oder Blasensprung. Das kann ich nicht genau sagen. Das Personal wunderte sich, warum ich nicht schon frueher ins Krankenhaus bin, weil ja auch der 6. Maerz als Geburtstermin beim Ultraschall herausgekommen war. Aber das ganze Gerede war mir unwichtig. Mein Muttermund wurde dann auf 7-8cm geschaetzt. Es brach ein Gejammer und Klagen bei dem Personal aus, wie gefaehrlich es sei noch rumzulaufen und dass das Baby nun im Auto kommen wuerde und wir erst gar nicht ins Krankenhaus kommen. Ich habe mich nur gefreut, dass es schon so weit ist. Uns wurde vorgeschlagen, dass wir mit dem “Krankenwagen” gefahren werden. Also ein Krankenwagen bei uns ist ein kleiner Van mit ausgebauten Sitzen, eingebauter Liege und einer Laengsbank fuers Personal. Eine Sauerstoffflasche habe ich noch in der Ecke bemerkt. Ich fand es sehr amuesant zu sehen. Eine Hebamme waere im Krankenwagen mitgefahren, so beschlossen wir diese Variante zu nehmen anstelle unseres engen Pajero 3-Tuerers, bei dem keine Hebamme mitgefahren waere. Kaum lag ich im Krankenwagen sind die Wehen weniger geworden und haben dann aufgehoert. Ich bin dann eingeschlafen. Generell schlafe ich bei Autofahrten schnell ein.
Im staatlichen Krankenhaus
Um 5.00 Uhr sind wir auf meinem Wunsch an einem staatlichen Krankenhaus angekommen. Ich wollte absichtlich nicht in ein Privates, obwohl der Service und die Hygiene dort besser sind, aber in privaten Krankenhaeusern ist die Kaiserschnittrate hoeher. Andere Muetter haben mir erzaehlt, dass im staatlichen Krankenhaus mehr Frauen gebaeren und “alleine” gelassen werden, ich hoffte also auf mehr Ruhe und weniger Personal, das einen ausfragt. An der Tuere des “Labor Room” musste ich Ehemann, Schwiegermutter, Kleider und Flipflops zurueck lassen. Letztes Mal durfte ich Handy und Trinkflasche mitnehmen, ausserdem konnte mein Mann ab und zu mal rein. Nun war dies nicht der Fall. Eine erneute Vaginaluntersuchung: 5-6cm. Nur ganz kurze Buerokratie und dann sollte ich warten: “Bitte setzen sie sich” hiess es. Mir war aber lieber zum Laufen und Stehen. Nach etwas strengerem Bitten der Krankenschwester oder Hebamme (was sie war wusste ich nicht), hab ich mich aber immer noch nicht hingesetzt. Sie wurde dann vehementer und ich setzte mich.
Dann gab es zwei grosse Raeume mit jeweils 4 “Betten”. Diese Betten waren sehr rustikal und so klein, dass ich Angst hatte herunterzufallen. Die Betten waren nicht mal mit einem Vorhang abgetrennt, so hat man die anderen Frauen sehen koennen. Ich wurde ganz alleine in den einen Raum gelegt, weil der andere voll war. Dann kam das uebliche Programm: hinliegen, Zugang gelegt mit Infusion, Blut abgenommen, auf Allergie getestet, Blutdruck gemessen. Dann waren alle weg. Da ich mich im Liegen nicht wohlgefuehlt habe, bin ich aufgestanden und habe mich ueber das Bett gelehnt. Aber das hat gleich diese stenge Krankenschwester gesehen und mich zurechtgewiesen. Ich erklaerte ihr, wie ich mich fuehle, aber das war ihr egal, “Legen sie sich sofort wieder hin. Sie sind nicht zuhause, sondern hier im Krankenhaus und hier bestimmen wir!” Ich schmunzelte ueber diese freche Art und legte mich wieder hin. Dann kam jemand anderes, der mich in den anderen Raum brachte: “Hier sind sie so alleine.” Nun war ich mit anderen 3 Frauen und ein Haufen Personal in einem Zimmer. Ich war an der linken Wand, also habe ich im Liegen die Wand sehen duerfen und das fand ich gut. Die Zeit hatte ich nicht mehr im Auge und ich hatte mein Zeitgefuehl verloren. Die Wehen wurden staerker. Es wurden noch zwei Vaginaluntersuchungen gemacht, die ich gar nicht gespuert habe. Das war ueberraschend positiv, denn bei der ersten Geburt war das sehr schmerzhaft. Erst 8cm, dann 9cm und dann die Austreibungsphase. Viele haben mir im Voraus gesagt, wenn es sich so anfuehlt, als ob ich ganz heftig Stuhlgang lassen muesste, dann ist es soweit. Ich habe der Schwester, die in meiner Naehe stand, gesagt, dass es jetzt soweit sei, aber sie sagte nur, dass wir erst bei 9cm sind. Ein Haufen Personal war bei der Frau neben mir zu Gange. Ich empfand es als ziemlich lang und das Personal schrie so oft “Pressen”. Es schien, als ob keiner Zeit fuer mich hatte. Noch hatte ich die Windel an, lag aber schon in Rueckenlage mit den Fuessen abgestuetz. Das “Bett” hat nach meinem Popo aufgehoert, auf dem Boden stand nur noch ein Eimer. Da der Drang zum Pressen so stark war und die Schmerzen staerker, als ich es mir vorgestellt hatte, habe ich auf mich aufmerksam gemacht. Als ob mir keiner glauben wollte, dass es schon soweit bei mir sei. Ich schrie bei jeder Wehe, um zu zeigen, dass es wirklich soweit ist, bis jemand sagte, ich soll still sein, weil ich sonst keine Kraft mehr haette fuer spaeter. Dann meinte die Schwester?/Hebamme?, dass ich “ein bisschen” pressen koennte. Das hat gar nicht funktioniert. Ich habe einfach gepresst. Dann kam endlich die Aerztin, riss mir die Windel weg und erklaerte, dass ich jetzt pressen koenne. Es kam eine Wehe und ich habe gepresst, die Wehe hat aufgehoert, doch die Aerztin rief: “Pressen, nicht aufhoeren, wir haben’s gleich!” Ich habe weitergepresst und das ganze Baby kam auf einmal raus. Bestimmt wurde nachgeholfen, aber ich war nur froh, dass das meiste vorbei war. Das Personal war sehr verwundert: “Huch, der ganze Bauch nur Baby!” Sie hatten wohl bei meinem kleinen Bauch ein kleineres Baby erwartet. Unsere Tochter war 3840gramm schwer und 53cm gross. Es war 8.56 Uhr. Sie wurde mir kurz auf den Bauch gelegt, abgenabelt und dann weggebracht. Der Mutterkuchen wurde “herausgezogen” und mein Dammriss wurde genaeht. Meine Beine zitterten, ich war so erschoepft und in meinem Kopf dachte ich an all die Dinge, die ich gelesen habe ueber die Vorteile, wenn man die Nabelschnur erst auspulsieren laesst bevor man sie durchtrennt und dass man bei einer anderen Stellung ein Dammriss vermeiden koennte, ect. Aber ich war so froh, dass es vorbei war. Ich war nun dankbar, dass ich nicht alleine war, denn die Schmerzen am Schluss haben mich so veraengstigt und verunsichert, dass mich alleine die Anwesenheit einer Fachperson beruhigt hat. Im Nachhinein haette ich die Geburt alleine im Badezimmer oder mit meinem Mann im Auto ungern beendet. Ich war so muede und schwach, dass ich daran dachte, kein weiteres Kind bekommen zu wollen. Ich war so ueberwaeltigt und musste noch 1-2 Stunden auf meine Tochter warten, bis sie in meinen Armen war und meine Brust gar nicht mehr loslassen wollte. Aber nach wenigen Tagen dachte ich schon wieder, dass wir auf jeden Fall noch mehr Kinder haben wollen Ich danke Gott, der mir eine schnelle und vaginale Geburt geschenkt hat und dass ich eine positive Erfahrung machen konnte.