Ist doch etwas lang geworden. sorry!
Dienstag, 03. Juli 2012
Vor drei Tagen bemerke ich ganz leichte hellblaue Risse rund um meinen Bauchnabel herum und ärgere mich leise, weil, von Großkinds Schwangerschaft hab ich keinen einzigen Streifen davon getragen. Da ich nicht weiß, wann genau der Termin ist, könnte es sein, dass ich noch 3 Wochen schwanger bin und bei der Vorstellung wird mir etwas flau im Magen. Nicht, dass ich nicht gerne schwanger bin, aber noch weiter drei Wochen Wachstum in mir und eine reißende Bindehaut, ... (es gibt schönere Vorstellungen).
Naja, ich frage den Holger, ob ich am Abend meinen Vater besuchen fahren kann. Ich würde gerne noch einmal etwas alleine unternehmen.
Holgers Begeisterung hält sich in Grenzen und er fragt, ob das unbedingt heute Abend sein muss. Wenn er wirklich nicht will, dass ich gehe, bleibe ich natürlich, aber ich weiß nicht, wie viele Gelegenheiten sich vor der Geburt noch ergeben werden.
Er ist einverstanden und ich mache mich auf den Weg.
Bei meinem Vater wird zuerst gegessen und dann schauen wir einen Film. (Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal in Ruhe einen Film angeschaut habe.)
Um 23h, nach dem Film, frag ich noch, ob wir meinen Bauch mit Fingerfarben bemalen und Fotos machen könnten. In meinem Kopf der Gedanke, dass es lustig wäre, wenn das noch das Letzte „Zu-Erledigende“ wäre, damit die Geburt beginnen kann.
04. Juli 2012
Um 00h bin ich dann zu Hause und hoffe, dass das Großkind schon schläft. Kaum dreh ich den Schlüssel im Schloss herum, kommt er schon die Stiegen herunter gewackelt und will mir irgendwas zeigen. Ich bin müde und will schlafen. Nach einem kleinen Einschlafkampf, den wir schon gut kennen, schläft der junge Mann so gegen 00:30h ein.
Ich liege daneben und spüre zum ersten Mal das Bauch-hart-werden als Ziehen im Rücken. Dann wieder und noch einmal. Ich kanns nicht glauben. Ist das wirklich der Anfang vom Ende dieser Schwangerschaft?
Irgendwann (so gegen 1h) will ich nicht mehr im Bett liegen, kann eh nicht schlafen. Leg mich aber doch noch ins Großkind-Bett. Es wirkt so, als ob die Kontraktionen nicht mehr weg gehen würden. Ich versuche einzuschlafen oder zumindest zu rasten, bin aber viel zu aufgeregt.
Die Kontraktionen kommen so alle 6 bis 7 Minuten und ich überlege, ob ich die Sabine schon anrufen soll. Sollte es wirklich los gehen, muss sie ihrer Kollegin Bescheid sagen, die ihren Tagdienst übernehmen muss.
Um 02:40 Uhr schreibe ich ihr folgende SMS:
Liebe Sabine, da du morgen Tagdienst hast und ich absolut nicht einschätzen kann, wie das hier weiter geht, schreib ich mal ne SMS. Seit halb 1h zieht es jetzt, wenn sich der Bauch unregelmäßig zusammenzieht, in Kreuz und Unterbauch. Ist unangenehm aber absolut aushaltbar und, wie gesagt, recht selten. Vom Gfühl her noch nix zum gebären, wird auch nicht mehr aber ich kann grad nicht einschlafen und weiß nicht, wies weiter geht. Baby tobt und das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum ich nicht schlafen kann. Weiß jetzt auch nicht genau....
Die SMS hat sie natürlich nicht gehört. Eh klar, um die Uhrzeit. Naja, hätt ja sein können.
Ich geh in der Zwischenzeit immer bei einer Kontraktion in den 4-füßler, weil das angenehmer ist. Jetzt weiß ich, dass das nicht mehr weg gehen wird. Ich lasse mir eine Badewanne ein und stelle mir eine Kerze an den Rand. Ich freu mich auf das warme Wasser und leg mich schon mal rein. Nachdem 20 cm eingelaufen sind, wird das Wasser kalt. Na toll! Das Heizsparprogramm. Also wieder raus aus der Wanne und ich stelle das Programm aus, so dass wieder Wasser geheizt wird.
Der Holger wacht so gegen viertel nach 3 Uhr auf und fragt, was los ist. Ich sag, dass ich unregelmäßige Kontraktionen habe und dass das wahrscheinlich der Geburtsbeginn ist. Ich rufe dann doch um 3:24 die Sabine an, und schildere die Lage. Sie sagt, dass ich mich um halb 6 Uhr noch mal melden soll, weil sie dann der Kollegin Bescheid geben muss. Um 4:25 ruf ich sie aber schon wieder an, und sage ihr, dass sie heute nicht mehr ins KH arbeiten gehen braucht, sondern zu mir kommen soll. Die Kontraktionen werden häufiger und kräftiger. Immer noch unregelmäßig und gut zu veratmen, aber doch mehr.
Holger ruft dann meinen Vater an, damit die Großkindbetreuung, im Falle, dass dieses aufwacht, gesichert ist. Ich glaube, dass es noch viel zu früh ist, aber er lässt sich nix sagen.
Um ca. halb 5 sind dann mein Vater und seine Freundin da.
Um 5:10 trifft auch die Sabine ein. In ihrer Dokumentation steht: Wehen ca. alle 3 Min, unterschiedlich lang. Ich habe das Gefühl, dass sie noch zu kurz sind für eine Geburt.
Sabine fragt, ob sie mich untersuchen soll, aber das will ich nicht, weil ich mir die Enttäuschung ersparen möchte, falls es noch nicht so weit ist.
Herztöne werden kontrolliert, sind gut.
Großkind schläft! Gott sei Dank!
Da ich ein unangenehmes Gefühl im Darm habe, entscheide ich mich für ein Clysmol und führe nochmal gut ab.
Kurz darauf möchte ich in die Badewanne. Warmes Wasser ist bereits eingelassen, aber ich muss nochmal umdrehen, weil ich mich übergeben muss.
Um 6:20h liege ich gemütlich in der Badewanne, Holger sitzt am Rand und drückt mir während der Wehen ins Kreuz. Zum ersten Mal empfinde ich die Wehen als unangenehm, kann aber noch atmen.
7 Minuten später macht es einen Knall und die Fruchtblase springt. Ich erschrecke richtig – das Fruchtwasser sieht klar aus. Jetzt überkommt mich zum ersten Mal ein Gefühl von Panik. Ich weiß, dass es jetzt heftiger wird und ich weiß noch nicht, wie.
Das Badezimmer ist voll von Menschen, aber ich nehme sie gar nicht wahr. Sie stören mich nicht.
Ich kommentiere jeden Schritt der Geburt.
Unmittelbar nach dem Blasensprung überkommt mich das unwiderstehliche Gefühl mitschieben zu müssen. Überwältigend. Sabine hört nochmal auf die Herztöne. Alles Bestens!
Die nächste Wehe kommt und ich fühle mit meinem Finger dorthin, wo ich den Kopf meines Babys vermute. Die Gebärmutter schiebt unseren Zwerg vom Beckeneingang direkt auf den Beckenboden. Ein unglaublich gewaltiges Gefühl und es fängt sofort an zu spannen. „Ich habe den Kopf schon in der Hand.“
„Das geht zu schnell“, denke und sage ich wohl auch. „Das Gewebe hat keine Zeit, sich zu dehnen.“
„Es brennt“ – der Damm ist schon maximal gedehnt.
Ich sage, “Die nächste Wehe schiebt den Kopf raus.“ – „Der Kopf ist da!“
Kurz der Gedanke, „was jetzt?“
Und da kommt schon der restlich Körper. „Da is es“ (06:43h – 23 Minuten nachdem ich in die Wanne gegangen bin und 16 Minuten nach dem Blasensprung)
Schnell noch die Nabelschnur um das Köpfchen gewickelt und schon auftauchen lassen. Ich nehme das kleine Wesen sofort auf meinen Bauch und kann es gar nicht fassen, dass es so schnell gegangen ist.
Irgendwann fängt das kleine Menschlein an zu schnaufen und wird auch langsam rosig. Die Haare sind ganz grün verklebt. (War wohl doch nicht so klar das Fruchtwasser)
Eine gefühlte Ewigkeit vergeht (ca. 4 Minuten) – alle sind gerührt – ich kann es immer noch nicht glauben, dass ich gerade geboren hab.
„Hat jemand gesehen, was es ist?“ Die Hebamme hat eine Vermutung, aber ich soll selber nachschauen. Ein Blick zwischen die Beine meines Babys zeigt mir, dass wir ein Mädchen bekommen haben. So sicher war ich mir, dass es wieder ein Bub wird. So kann man sich irren.
Ich habe eine Tochter geboren. Wahnsinn.
Irgendwann steig ich aus der Wanne und die Plazenta kommt dann im Kinderzimmer. Großkind schläft immer noch. Sabine schaut noch, ob ich verletzt bin und siehe da, obwohl es so schnell gegangen ist, bin ich komplett verletzungsfrei davon gekommen. Schon wieder.
Ich würde sagen – eine perfekte Geburt. Würde ich immer wieder so machen wollen. Keine vaginale Untersuchung – die Hebamme hatte nicht mal Handschuhe an. Hab ich alles selber gemacht. Und es war soooooo schön!