19.02.
Die letzten beiden Tage mit den Kindern waren schon recht anstrengend. Seit Sonntag habe ich das Gefühl "nicht mehr zu wollen".
Die Entscheidung meiner Mutter, doch heute anzureisen, obwohl das Baby noch nicht da ist bringt mir gemischte Gefühle. Einerseits bin ich wirklich froh, nun Unterstützung zu kriegen, andererseits kann ich gar nicht sagen, wann das Baby kommt und möchte nicht, dass sie vor der Geburt schon so lange da ist, dass sie danach bald wieder weg muss zu ihren Pflichten.
Ich habe den Kindern versprochen, noch mal mit dem Schibus zu fahren und so machen wir uns am Nachmittag damit auf den Weg zur Musikstunde der Großen.
Im Bus steigen vor dem Dorfzentrum urplötzlich haufenweise Schifahrer ein, er ist pumpvoll. Im Dorf beim Aussteigen sind die Kinder schon aus dem Bus und ich kriege den Zwillingswagen unmöglich losgegurtet. Stress pur, im vollen Gang sehe ich die Kinder nicht mehr, die Bustüren gehen zu. Ich schreie hektisch "Halt" nach vorne und komme irgendwann samt Wagen raus zu den Kindern.
Für den Heimweg habe ich mit meinen Eltern, die inzwischen angereist sind, ausgemacht, dass sie uns abholen. Meine Nerven liegen blank.
Nach leichten Kopfschmerzen tagsüber mache ich am Abend mit falschen Blutdruckmessungen die Hühner scheu. Eine medikamentöse Senkung bei der Hebamme in der Praxis steht im Raum.
Gott sei Dank hat mein Vater ein weiteres Messgerät bei sich, mit dem wir zu später Stunde vergleichen. Der Blutdruck ist absolut ok, unser Gerät hat falsch gemessen.
20.02.2014
In der Nacht hatte ich 2 ordentliche Wehen, ansonsten mehr Schlaflosigkeit wegen dem Streß am Vorabend.
Am Morgen ist plötzlich ordentlich Schleim am Toi- Pa, also nix mit Blasensprung im Mitternacht wie bei beiden anderen Geburten. Ich melde ich bei der Hebamme und sie meint, dass das Baby dann wohl in der Nacht kommen wird. Sie wird sich nachmittags auf den Weg machen und ist abends sicher da.
Sollte sich eher was tun, würde sie halt entsprechend losfahren.
Ich verziehe mich mit einem Buch ins Bett und bin dankbar, noch einmal richtig ungestört rasten zu können. Instinktiv merke ich aber, dass sich die Geburt nähert. Über den Vormittag habe ich im Bett 5 oder 6 Wehen, die sich aber gut veratmen lassen. Mein Mann ist halbkrank und bleibt den ganzen Vormittag im Haus. Der Nachbar sieht seinen Firmenbus vor dem Haus und bittet meinen Mann in den Stall, um bei seiner Stute mitzuhelfen. Sie hat in der Nacht gefohlt und eine Nachgeburtsverhaltung. "Dann kannst du ja schon mal für heute nacht üben", meine ich grinsend und ahne eine Termingeburt wie bei der Großen. Schweißgebadet kommt er er später wieder zurück.
Zu Mittag haue ich nochmal ordentlich drein und verziehe mich wieder ins Bett. Oma, Kinder und Mann gehen bei dem Königswetter raus und ich merke, wie gegen 13 Uhr Wehen im 8-10 Minuten- Abstand einziehen Seit Mittag ist auch die Sekretärin weg, die Donnerstag vormittag immer im unteren Stock ein paar Stunden in der Kanzlei arbeitet. Ansonsten sind wir hier im Haus ja allein. Bis morgen nachmittag habe ich also Zeit, mein Kind zu kriegen, denn dann kommen die Erskommunionskinder auf einen Gruppennachmittag (ich hatte ja keine Ahnung, dass heute abend noch Pfarrgemeinderatssitzung im unteren Stock ist,....)
Mein Mann fragt, ob er doch die Hebamme rufen soll, ich bejae, weil sie doch einen weiten Weg hat und wir mit einer nicht allzu langen Geburt rechnen.
Die Leitung ins Ausland spielt uns aber einen Streich und so warten wir guter Hoffnung darauf, dass sie wohl doch bald eintrudeln wird.
Die Kinder kommen ebenfalls ins Haus zurück und finden es ganz interessant, wie Mama da am Stockbett eingehängt pustet.
Ich komme noch ganz gut mit den Schmerzen zurecht und bin diesmal in den Wehenpausen am rummarschieren, während ich bei den vorderen Geburten immer lieber das Bett gehütet habe. Wir beschließen die Kinder und meine Mutter zur Oma zu bringen. Wir rechnen damit, dass sie dann zum Schlafen wieder nach Hause können und ihr Geschwisterchen begrüßen.
Es ist ca. 14.30 Uhr, mein Mann kommt nach ca. 30 Minuten zurück, meine Mama mit, Schwiegermama war wohl so nervös, dass sie meine Mama "zur Verstärkung" mitgeschickt hat. Beide kümmern sich darum, den Pool aufzublasen. Es ist ein wunderschöner sonniger Tag und ich bedanke mich, endlich wie gewünscht eine Geburt untertags zu erleben, ohne schlaftrunken aus dem Bett gerissen zu werden und diesmal auch noch zu überlegen, was die Kinder wohl machen wenn sie aufwachen usw.
Die Wehen werden heftiger, ich verbunkere mich im Klo, wo ich auch den Großteil dieser Geburt verbringen werde. Draußen geht das Dorfleben weiter, vom Fenster aus beobachte ich die üblichen Spaziergänger, die Tierärztin parkt vor dem Stall des Nachbarbauern, um das Pferd nochmal anzuschauen,......und Mitten drin wird bald ein Kind geboren.
Mein Mann und meine Mutter zeichnen sich mittlerweile als ideale Geburtshelfer aus. Sie lassen mich nämlich absolut in Ruhe, heizen den Ofen ein, räumen auf und verziehen sich zu Kaffe und Zeitung in die Küche. Nie ist irgendwo die Rede was wir machen sollen, weil die Hebamme nicht da ist. Ich für mich hatte irgendwo im Hinterkopf natürlich den Gedanken, dass die Geburt schon in Gange sein könnte, bis die Hebi kommt, einfach weil sie sehr weit weg wohnt.
In meiner Vorstellung wäre ich niemals ins KH gefahren, solange alles für mich stimmig ist. Wie es dann aussehen würde, wenn ich wirklich in den Wehen hängen würde wusste ich aber nicht.
Ich war aber die Ruhe selbst, wenngleich die Wehen auch wieder grausam waren. Ich bemühte mich um wirksames Veratmen, war einigermaßen zufrieden und konnte mich in den Pausen gut sammeln.
Irgendwann wurden sie aber wirklich heftig und ich bekam zu kalt. Eingeschlungen in den Bademantel wünschte ich mir von Herzen, schlafen zu dürfen. So blieb ich nur mehr am Klo, lehnte mich in den Pausen gegen den Spülkasten und legte die Füße auf die Heizung an der Wand. Zwischdurch telefonierten wir auch mit der Hebamme.
Ich hatte mittlerweile in den Wehen auch Pressdrang und wartete darauf, dass diese Übergangsphase wie bei den Jungs irgendwann eindeutig damit endet, dass nur mehr Presswehen da sind. Das war allerdings eine totale Fehleinschätzung.
Ich ging in die Küche und ordnete an, das Bett abzudecken. "Halt noch ein, vielleicht schafft es die Gebamme noch" meinte meine Mutter die selbst niemals Wehen hatte unruhig. "Ich bin einfach froh, wenn das vorbei ist, am besten gleich" war meine Antwort.
Ich verzog mich wieder ins Bad und die schmerzhaften Eröffnungswehen wurden etwas besser. Ich witterte ein Geburtsende, doch plötzlich fuhren die Wehen so dermaßen ins Kreuz, dass ich mir nicht mehr zu helfen wusste. Es waren Höllenschmerzen, mit den Wehen im Bauchraum nicht vergleichbar und ich wünschte mir nur mehr das Ende, egal wie. Teilweise kamen dann zeitgleich auch wieder vornerum heftige Wehen und ich fühlte mich wie in einem Schmerzgürtel eingesperrt, der mir keinen Millimeter zum Ausweichen ließ. Die einzige Position die ich mir noch vorstellen konnte, was auf dem Klo nach hinten gelehnt die Unterschenkel an den Händen hochhaltend.
In den Pausen war ich mittlerweile todmüde und wünschte mich weg "macht das ohne mich". Immer noch wartete ich vergeblich auf das Ende dieser Schmerzen wie ich es von der Zwillingsgeburt kannte, irgendwann nur mehr Presswehen, wie Verstopfung aber keine Bauchschmerzen mehr.
Doch diese Geburt würde einfach wieder ganz anders werden.
Es war mittlerweile 17.45 und ich bekam mit, dass die Hebamme wohl da ist.
Sie kam zu mir ins Bad und hörte kurz nach den Herztönen.
Irgendwie wollte ich nur mehr, dass alles aufhört und folgte der Hebamme ins Zimmer. Warum weiß ich gar nicht mehr genau, aber ich hatte Angst vor der nächsten Wehe außerhalb meiner gewohnten Position. Auf die Frage, ob sie untersuchen soll antwortete ich mit ja. Es interessiert mich doch, was da drin los war, schließlich hatte ich schon lange Pressdrang und das Baby war noch nicht gekommen. Außerdem stand die Fruchtblase noch.
Die nächse Wehe überrollte mich aber zuvor noch und ich hängte mich am Hals meines Mannes schreiend ein.
Die Untersuchung bestätigte einen vollständigen MuMu aber eben auch eine Muttermundslippe, die die Geburt nicht fortschreiten ließ.
Im Vierfüßler schob sie in einer erneuten Wehe die Lippe zurück und dabei ging die Fruchtblase auf. Der Vierfüßler war mir auch diesmal wegen der Rückenschmerzen und fehlender Kraft in den Armen absolut uangenehm. Auch den Pool konnte ich mir unmöglich vorstellen.
So wurde ich in Seitenlage gebettet, mein Mann oben bei mir. Der Schmerzgürtel war immer noch da und zeitgleich heftige Presswehen. Ganz anders als bei den Zwillingen, ich war gar nicht so bei mir, schob nach Leibeskräften mit damit es einfach mal aufhöre und hatte sekundenlang sogar Angst.
Als das Köpfchen geboren war, spürte ich mit der nächsten Wehe, dass irgendetwas steckte, danach war unser Romed geboren.
18.14 Uhr an einem strahlend schönen Februarabend.
Er war richtig voll von Käseschmiere, blau-grau im Gesicht, schimpfte und damit auch so anders wie seine Geschwister. Entgegen aller Kalender, meines Bauchgefühls,.... hatte sich also eine Junge zu uns auf den Weg gemacht
Die Hebamme legte ihn mir auf die Brust und gleich kam dann auch die Plazenta. Meine Mutter war inzwischen ebenfalls bei uns und wir begrüßten unseren Prinzen.
Im unteren Stock sammelte sich der Pfarrgemeinderat zu Versammlung, perfektes Timing also, nur die Poolschläuch waren noch im Stiegenhaus verlegt
Die Hebamme blieb noch bei uns, mein Mann holte die Geschwisterkinder von der Oma ab. Sie begrüßten das Baby ganz glücklich und benannten es gleich nach ihren Kusinen "Jakob". Das war der Wink mit dem Zaunphal für uns, auch möglichst bald einen Namen zu finden.
Abgemessen und gewogen hatte das Brüderlein 4400g, 56cm und einen Kopfumfang (geburtsbedingt, er ging dann auf 38cm zurück) von 41cm. Die blau-graue Farbe und die rot umrandeten Pupillen zeugten vom Stau, als er nicht weiterrutschte. Was ich in der Austreibungsphase als "stockte etwas" empfand war die Schulter, die sich nicht gleich entwickelte. Trotz Allem habe ich nichtmal eine Schürfung abgekriegt
Das Wochenbett ist diesmal voll von krankem Papa, kranker Schwester, die Jungs sind der überdrehte Schrecken im Wochenbett,......die Erholung ist irgendwie nicht die, die sie sein sollte.