2. Hausgeburt - wunderschön und doch so anders

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Josi_Lina_Mama
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2. Hausgeburt - wunderschön und doch so anders

Beitragvon Josi_Lina_Mama » Fr 1. Jan 2016, 21:28

So langsam sollte ich auch mal meinen Geburtsbericht schreiben. Um auch für mich eine Erinnerung zu haben, werde ich in der Kinderwunschzeit anfangen. Wer keinen Roman lesen möchte, überspringt dies halt alles ;-)

Kinderwunschzeit

Meine großen Mädels sind Baujahr 2003 und 2006. Unserer Großen haben wir immer noch ein Geschwisterchen mit 10 Jahren in Aussicht gestellt. Leider ist unsere kleine Tochter im Alter von 3 Jahren (2009) schwer erkrankt. In meiner Trauer, dass es unser erträumtes Leben nun nicht mehr geben wird, haben wir (bzw. vorwiegend ich) unseren Wunsch nach einem dritten Kind verabschiedet und alle kleine Sachen verschenkt. Ich brauchte das damals als Prozess um JA zu diesem neuen und doch so anderem Leben sagen zu können. Mit 6 Jahren wurde sie stabiler und wir merkten dankbar, dass in unserem Leben wieder so etwas wie Alltag Platz fand. Bei meinem Mann schlich sich wieder der Kinderwunsch ein, ich habe ihn sehr direkt abgewiesen. Das Thema gab es dann über viele Monate nicht mehr. Ich merkte aber, wie sehr ich ihn damit verletzt habe und kam immer mehr ins grübeln wie es mir andersrum gehen würde. Jetzt begann ich mir Fragen zu stellen… Was wünsche ich mir vom Leben? Werde ich es später bereuen, dieses 3. Kind nicht bekommen haben? Haben wir die Kraft als Ehepaar ggf. diese Erkrankung auch bei einem weiteren Kind durchzustehen (Wir wissen bis heute nicht eindeutig ob ein unbekannter Gendefekt dahiner steckt)? In den nächsten Monaten schlich sich wieder ganz zaghaft ein Kinderwunsch ein. Anfangs nach dem Prinzip...wenn es nur einfach so passieren würde … dann übernimmt das Schicksal die Entscheidung bis zum innerlichen absoluten JA im Jahr 2013. Das Ende vom Lied … ich wurde nicht schwanger. Da wir viele Jahre vorher schon ein mieses Spermiogramm hatten, ahnten wir die Ursache. Den Weg zu einem Kinderwunschzentrum wollten wir für ein drittes Kind nicht gehen, 2014 zumindest sahen wir es noch so. Für 2015 waren wir uns klar, müssen wir für uns Entscheidungen treffen. Wir sahen uns stark und gefestigt genug einem weiteren Kind ein Zuhause zu geben. Somit begannen wir den Weg zu einem Pflegekind, parallel dazu holten wir uns noch einen Termin in der Kinderwunschklinik. Ich bin bis heute überzeugt, dass wir nie zu diesem Termin gegangen wären. Wir wollten zwar gern Gewissheit, aber wussten auch wie schnell man im Behandlungsmarathon drin ist.
An dem Tag an dem für uns klar war, wir stellen nun auch beim Jugendamt den Antrag auf ein Pflegekind, bin ich wohl doch schwanger geworden. Völlig unerwartet und doch so ersehnt.
Mir geht heute noch oft durch den Kopf, welches kleine Menschlein sonst zu uns gekommen wäre. Aber vielleicht war die Zeit noch nicht reif. Wir sind uns sicher, diesen Weg zu gegebener Zeit weiter zu verfolgen.

Schwangerschaft

Bevor ich schwanger wurde, war ich mir relativ sicher, dass diese physisch unheimlich belastend wird. Die Angst das auch dieses Kind die gleiche Erkrankung bekommt … aber auch die Gewissenheit, egal was das Mäusel haben wird … es ist so wie es ist. Diese Befürchtung ist so gar nicht eingetreten. Ich habe zwar das Ersttrimesterscreening und den Feinultraschall in Anspruch genommen, aber eher um uns die Möglichkeit zu geben uns drauf einzustellen, falls etwas anderes Gravierendes ist.
Ansonsten war die Schwangerschaft mit Abstand betrachtet völlig unspektakulär. Null Vorkommnisse, mit Baby immer alles in Ordnung.
Körperlich ging es mir jedoch vom ersten Tag total beschissen. Die ersten 12 Wochen völlige Erschöpfung, ich kam von Arbeit, mein Mann (sofern er da war) setzte mir noch einen Teller Essen vor, ließ mir Badewasser ein und dann ging ich ins Bett. Ich war eigentlich nur körperlich anwesend. Nach diesen Wochen ließ zwar diese totale Erschöpfung nach, aber das Gefühl absolut an meiner Grenze zu fahren, blieb. Durch die Hormonumstellung bekam ich wie beim zweiten Kind wieder eine Art Ohrendruck. Ich musste beruflich viele Präsentationen halten … plötzlich hört man sich gedämpft und doppelt zusätzlich, dadurch oder zusätzlich eine Art leichte Luftnot (aber immer nur in Verbindung mit dem Ohrendruck)… es war ein Trauerspiel und hat mich immer mehr in die Enge getrieben. Im Nachhinein ergibt dies alles ein Bild für mich. Ich hätte meine Grenzen einfach akzeptieren müssen, auch wenn die Beschwerden eher unbekannt und selten sind. Aber ich wollte bis zum Ende durchhalten, ja keine Schwäche zeigen. 3 Wochen vor dem Mutterschutz habe ich dann kapituliert. Die Hebamme war schon seit Wochen besorgt, da ich kaum an Gewicht zunahm und ich schon mit sehr geringem Ausgangsgewicht in die Schwangerschaft startete. Ich habe mich nur noch krank und fertig gefühlt, habe das Wochenende nichts tuend auf dem Sofa verbracht, mein Mann das häusliche Leben aufrecht erhalten und trotzdem fühlte ich mich Montag noch genauso.
Ich bin dann ins Beschäftigungsverbot - nun ging alles besser. Ich habe in den darauffolgenden Wochen zwar fast nichts von meinen ganzen Vorhaben geschafft, weil ich meinen Tag gut einteilen musste, aber ich habe mich wieder wie ein Mensch gefühlt.

Wunsch nach einer Hausgeburt

Unsere erste Tochter kam als typische eingeleitete Klinikentbindung mit vollem Programm auf die Welt – Wehentropf, Fruchtblase aufmachen, Schnitt, Riss, Kristallern … Danke, nie wieder! Mit meinen damals jungen 20 Jahren kannte ich leider niemanden, der mir andere Möglichkeiten aufzeigte.
Unser zweite Tochter kam als wundervolle Hausgeburt auf die Welt. Es gab kaum Dinge die ich mir fürs nächste Mal anders gewünscht hätte.
Somit war schon vor der 3. Schwangerschaft klar, wo das Kind auf die Welt kommt. Ich kontaktierte in der 6. Woche meine Wunschhebamme R. Meine Hebamme von damals ist derzeit nicht berufstätig. R hat 45 Minuten Anfahrtsweg und wusste das ich ich sie nicht allzu zeitig rufen möchte. Ich bin jemand der sich sehr lange einweht, daher war dies alles ok, sie hätte auch mit ner Alleingeburt keine Probleme. Ab und an hatte ich nur Bilder im Kopf … mein Mann (auch 30 Minuten Weg von Arbeit) und Hebi stecken bei tiefen Schneesturm auf der gleichen Autobahn fest … ich mit Wehen und zwei Kids allein zu Hause. Zumindest habe ich mir das Buch Alleingeburt dann mal zu Gemüte geführt und dezent meinen Mann mit dieser Möglichkeit konfrontiert. Dies war für ihn aber absolut undenkbar, so dass wir nie näher über das wäre wenn gesprochen haben.

Geburtsbericht


Die ganze Schwangerschaft hatte ich keinerlei spürbare Übungswehen. Ende der 38. SSW wachte ich plötzlich (nachdem wir abends ge-x-telt hatten) nachts mit Wehen auf. Diese waren schmerzhaft aber unregelmäßig. Ich zog mich ins Wohnzimmer zurück und war noch so gar nicht bereit für Geburt. Bis auf die unregelmäßigen Wehen deutete auch sonst nix drauf hin. Der Pool stand noch nicht und ich hatte doch in der nächsten Woche noch so viele Termine… Gegen 5:00 Uhr wachte das kleine Töchterlein auf und fühlte sich sehr unwohl. Ich krabbelte in ihr Bett und die Wehen ließen nach. Gegen 7:00 Uhr bin ich noch in die Badewanne und kam dann zu der Erkenntnis das war nur Vorgeplänkel. Ich genoss dann noch ein lang geplantes leckeres Frühstück mit Freundinnen. Gegen Mittag habe ich mich hingelegt und wartete eigentlich darauf, dass es sich wieder einweht. Für die nächsten 8 Tage sollte es aber komplett ruhig bleiben. Im nach hinein möchte ich behaupten, dass der Kleine damals gekommen wäre, sofern ich bereit gewesen wäre.
Die nächste Woche machte mich unruhig. Der Schiedsspruch war nun rechtskräftig … ich wollte zu keinem Arzt mehr, lebte doch so wunderbar in meiner Glocke. Das folgende Wochenende hatte meine Hebamme R frei, dass Geburtshaus bei uns im Wohnort hat die Bereitschaft übernommen. Zu 70 % hätte ich aber ins Geburtshaus gemusst und hätte keine Hausgeburt haben können, dass passte alles nicht mehr in meiner auf Geburt ausgerichteten Gedankenwelt. Ich wollte in meinen Pool, ich wollte mich nicht dick anziehen müssen und mit einer gepackten Tasche mein Heim verlassen, wollte meine Mädels nicht noch anderwertig unterbringen müssen. Somit stellte ich mich ab Do wieder darauf ein … Baby du darfst nicht kommen. Freitag Nachmittag setzten wieder Wehen ein, schön deutlich und sicherlich fähig sich einzuwehen. Ab Abends beruhigte sich alles wieder und so ging das Wochenende (Tag eins und zwei vor ET) ins Land. Ab Sonntag wurde ich wieder ruhig. Mir war klar, selbst wenn es jetzt anfängt zu wehen, schaffe ich es locker bis 22.00 Uhr wenn meine Hebi R wieder zur Verfügung steht. Ich habe mit den Kids Blecheweise Plätzchen gebacken. Ich spürte so schnell passiert hier nix mehr in Richtung Geburt. Ich habe schon scherzeshalber den 06.12. als neuen Stichtag bei meinem Mann H in den Kalender eingetragen. Am frühen Abend schrieb meine Hebamme R, dass sie in 2 Stunden wieder parat steht und wie es mir geht. Aber es war ja alles ruhig und so vereinbarten wir, dass ich ganz normal am nächsten Tag in ihre Praxis gefahren komme. Im Nachhinein meinte sie, dass sie es irgendwie im Gefühl hatte, dass das Baby noch in den nächsten Stunden kommt. Ihr Mann wollte noch einen Film schauen, aber sie ist lieber ins Bett.
Nun ja auch wir sind gegen 22.30 Uhr ins Bett. Haben mal wieder ein X gesetzt. Männel wollte doch nicht noch mal eine Nachtschichtwoche machen … und ich redete schon vom 06.12. Er schlief dann sofort ein und ich bekam keine 10 Minuten später die erste Wehe. Vom Gefühl her genauso wie 10 Tage vorher, schmerzhaft ja aber unregelmäßig und es gab ja sonst keine Anzeichen. Ich stellte mich also wieder auf so eine verrückte Nacht ein. Packte mir alles zusammen (Wecker durfte nicht fehlen, damit ich die Kids pünktlich morgens wecken kann) und zog ins Wohnzimmer um. Dort war ich schnell genervt, schmerzhafte unregelmäßige Wehen (6 – 12 Minuten), bin ich aus dem Liegen aufgestanden waren sie teilweise ganz weg – also wieder hinlegen ob da überhaupt noch was da ist. Sonst nix … ich ging jegliche Anzeichen durch … die mit Geburt in Verbindung stehen …. Hatte ich vorher einen Putzdrang ;-)? Nö! Habe ich Stuhlgang/Durchfall? Nö! Gehen sonst irgendwelche Flüssigkeiten ab? Nö! Slipeinlage trocken. Sind die Wehen regelmäßig? Nö. Tut sich am Muttermund was? Kaum. Auch Baby turnte im Bauch fleißig herum. Es fühlte sich nicht so an, als ob er auch nur ansatzweise bald ausziehen wollte. Zusätzlich merkte ich die Wehen auch im unteren Rücken, kannte ich bei Kind 1 und 2 überhaupt nicht – naja vielleicht Senkwehen...
Irgendwann wurde es mir zu doof. Also ging ich in die Küche, räumte den Geschirrspüler aus und schrubbte noch die Backbleche. Ja die Wehen die da waren, musste ich veratmen, aber das war 10 Tage vorher auch nicht anders. Gut, Küche war also begehbar (für den Fall der Fälle), jetzt noch schnell die Toiletten putzen … wahrscheinlich war das mein verspäteter Putzdrang. Um 02.30 Uhr hatte ich es satt und beschloss in die Wanne zu gehen um ggf. Gewissheit zu haben. Kaum lag ich drin, passiert die ersten 5 Minuten gaaar nix und plötzlich geht es wunderbar aller drei Minuten los. Ich stelle weiterhin in Frage unter der Geburt zu sein … beschließe immer wieder die nächste Wehe abzuwarten (könnten ja wieder weggehen) und empfinde die Wehen zu kurz. Ich taste nach dem Muttermund - endlich ist er viel weiter vorne und es tut sich was - stelle fest das sich was getan hat - zumindest ein paar cm (im Nachhinein würde ich behaupten, habe ich einfach über den Kopf gestreichelt...). 03:00 Uhr bimmel ich Männel mit dem Handy aus dem Bett. Ich glaube er checkt schneller die Lage und fragt sofort wann ich die Hebamme anrufe. Ich will noch warten (Wehen könnten ja wieder weggehen…). Er fragt, ob ich aus der Wanne wieder rauskomme und ich sage, erst wenn der Pool voll ist. Er macht sich sofort an die Arbeit. Alle meine Vorhaben, meinen Mann diesmal mehr an der Geburt an sich teilhaben zu lassen, die Wehen gemeinsam zu durchleben … sind weg. Ich brauch zum Gebären einfach meine Ruhe. Ich bin froh als er das Bad wieder verlässt und ich meine Ruhe habe. Beschließe aber die Wanne zu verlassen um mal zu sehen ob die Wehen draußen bleiben. Ich gehe ins Wohnzimmer wo mein Mann am Pool werkelt und veratme hier und da meine Wehen. Ich überlege noch mit H wie wir es morgens mit den Kindern machen, da Baby 06.00 Uhr sicherlich noch nicht da ist. Wir beschließen sie schlafen zu lassen sofern ein Ende absehbar ist.
Mein Mann drängt nun energischer R anzurufen, ich rücke das Handy nicht raus (die Wehen könnten ja noch ewig so weitergehen …). Um 03.25 Uhr nimmt er es mir weg und ruft selber an. Er sagt zu R die Wehen kommen jede Minute und gibt mir dann das Telefon. Ich bleibe ganz ruhig und sage nur, ja meistens ist es aber aller drei Minuten und sie kann sich wirklich noch Zeit lassen, es dauert. Pünktlich nachdem ich auflege, kommt die nächste Wehe. In der Wehenpause gehe ich auf Toilette wo immer noch nix nach Geburt aussieht und in die Küche was trinken. In der Wehe knie ich dann doch vor dem Stuhl. Ich glaube hier ist mir dann zumindest klar, dass die Hebamme nicht umsonst kommt. Ich gehe wieder ins Wohnzimmer und habe plötzlich erstmalig das Gefühl, da kommt der Kopf gerutscht. Noch erzähle ich meinem Mann nichts davon. Merke aber deutlich das sich meine Atmung verändert. Es dauert nicht lange und es macht klick, das Kind kommt jetzt und nicht erst in ein paar Stunden. Ich warte die nächste Wehe ab und hoffe inständig das ich diesmal keinen Kopf rutschen spüre. Aber es wird deutlicher. H schaut mich fragend an und ahnt wohl langsam was hier Sache ist. Ich konzentriere mich in den Presswehen nicht zu pressen. Befinde mich jetzt in der Phase, die ich keinesfalls ohne Hebi erleben wollte. Bei der ersten Hausgeburt haben mich die Presswehen gefühlmäßig überrollt und ich war froh das die Hebi mich da unterstützt hat, damit ich das Köpfchen nicht „durchknallen“ lasse. Meine Gedanken und Gefühle von diesen wenigen Minuten damals, waren aber auch 10 Jahre später noch sehr präsent. Ich wusste, Wehen sind für mich beherrschbar die Presswehen beherrschen mich – Urgewalt halt. Ich habe in der Schwangerschaft das Hypnobirthing Buch gelesen, konnte mir trotzdem nicht vorstellen, dass die Presswehen anders sein können.
Aber sie waren es. Ich wollte nicht pressen, da ich ja auf R hoffte und so rutschte der Kopf ganz bewusst Stück für Stück tiefer. H rief dann noch mal R an, diese hatte aber noch 20 km vor sich. Ich meinte dann zu H, dann kommt das Kind vorher. Ich glaube H musste sich nun neu orientieren. In den Pool lief fleißig Wasser … H begann Kerzen anzuzünden. Ich flaumte ihn an, dass er das rote Handtuch holen soll und heißes Wasser bringen. Nun trat der Kopf das erste Mal leicht aus und ich überlegt in der Wehenpause hin und her, was ich denn jetzt am besten mache, um möglichst ohne größere Verletzungen das Köpfchen rauszubringen. Ich lag zu dem Zeitpunkt auf der Seite und hab mich letztendlich auch nicht mehr wegbewegt. Aber ich überlegte ob der Vierfüßler besser wäre, hatte aber bange das es durch die Schwerkraft noch schneller geht. Also Hand unten an den Kopf um steuern zu können. In der nächsten Wehe rutschte der Kopf noch mal zurück und irgendwie war ich wieder froh, wusste aber die nächste ist es dann. Wehenpause … es klingelt … Hebi stürzt rein, zieht sich noch einen Handschuh drüber. In der nächsten Wehe tritt von mir wunderbar gesteuert der Kopf Stück für Stück aus. Noch mal Wehenpause, Zeit für R den zweiten Handschuh anzuziehen, dann kommt der Körper und dieses wunderschöne gefühlmäßig minikleine Baby liegt vor uns. Gefühlte Minuten (wahrscheinlich waren es nichtmal 10 Sekunden) liegt er da, ich schaue ihn an (Männel weint), streiche über seinen Kopf … dann zieh ich erstmal mein T-Shirt aus und lege mir das Bündel auf die Brust. Er schreit und schreit, ich möchte ihn gleich anlegen um ihn zu beruhigen … die ersten 30 Minuten jedoch keine Chance.
Die große Schwester steht direkt in der Tür als ich ihn mir auf die Brust lege. Sie meint, dass sie mich hat Schreien hören (ich kann mich bis heute an kein Schreien erinnern) und nur gewartet hat, bis Sie das Baby hört. So war es auch immer ihr Wunsch. Die kleinere Schwester kommt eine Minute später. So verbringen wir wirklich die ersten magischen Minuten gemeinsam. Dieses Erlebnis möchte ich nicht missen, es war perfekt. Nebenbei kam die Plazenta und R hat nach Verletzungen geschaut. Bis auf ne kleine Platzwunde an der Schamlippe (die ich schon ne Stunde später nicht mehr gemerkt habe) alles heile.

Im Nachhinein bin ich sehr sehr froh, keinen Ultraschall um die Entbindungszeit herum gehabt zu haben. Ich glaube fast, dass ich mich hätte sehr gegen eine Einleitung wehren müssen. Die Plazenta war grenzwertig klein. In dem Moment hat sich für mich eigentlich der Kreis mit dieser ohne erkennbaren Grund doch so körperlich beschwerlichen Schwangerschaft geschlossen. Vielleicht ist es weit hergeholt, aber ich glaube mein Körper war damit beschäftigt mit dieser kleinen Plazenta alles ausreichend aufrecht zu erhalten. Umso mehr ich mir das durch den Kopf gehen lasse, umso logischer wird es. Die Plazenta hatte auch schon viele Infarkte – sah wirklich nicht mehr gut aus, Baby hatte sehr deutliche Übertragungszeichen (sehr lange Fingernägel, null Käseschmiere dafür schon sich überall abschälende Haut). Auch hier würde ich sagen, dass mein Körper die Schwangerschaft ein paar Tage eher beendet hätte, wenn ich bereit gewesen wäre.
Tobias ist der kleinste unserer drei Kinder mit 3160 Gramm und 50 cm (nachgemessen nur noch 48 cm). Nur der kleine Kopf war mit 35 cm wie bei den anderen Beiden.

Im Nachhinein war es eine phantastische Geburt, ich brauchte aber einige Tage um mir schon die Frage zu beantworten: Warum habe ich so lange die Geburt mehr oder weniger in Frage gestellt. Ich glaube, innerlich habe ich dies gar nicht. Klar ich habe sehr lange keinerlei klare Geburtsanzeichen gehabt, aber in der letzten 1,5 Stunde war schon deutlich das dies hier kein Geplänker mehr ist. Ich bin wohl eher der Alleingebärer … wollte so lange wie möglich alleine in meiner Welt und meinen Wehen bleiben. Ich wollte H keinesfalls zu früh wecken und R keinesfalls zu früh da haben. So habe ich von Wehe zu Wehe gewartet und bin wunderbar in meiner Welt klar gekommen.
Für H tut es mir etwas leid, dass ich ihn wieder nicht großartig an der Geburt teilhaben lassen habe. Die eine gemeinsame Stunde habe ich ihn ausreichend mit Pool einlassen usw. beschäftigt. Dabei habe ich mir so vorgenommen mit ihm gemeinsam die Wehen zu durchschreiten. Ich bin aber wohl einfach nicht der Typ dazu.
Die ganze Schwangerschaft war es mir sehr wichtig, dass R zumindest bei den Presswehen da ist. Ich hatte bei der zweiten Geburt unter den Presswehen einen doofen Gedankengang „So fühlt sich sterben an. Aber ich sterbe nicht“. Der hatte sich auch 10 Jahre später noch manifestiert zusätzlich brauchte ich damals die Hebamme um mich da durch zu steuern. Ich habe mir dies alleine nicht zugetraut. Somit war ich also in eine Situation geraten, die ich vorher definitiv nicht wollte aber doch irgendwie selbst hervorgerufen habe. Aber genau diese Situation hat die manifestierten Gedanken unbedeutend werden lassen. Letztendlich war R genau in dieser Situation noch da, hat aber nicht mehr getan als mir zu sagen, dass ich alles bestens mache.
Presswehen habe ich immer mit einem Pressdrang verbunden, der aus meiner Sicht nicht beherrschbar ist und an die Grenze des Machbaren bringt. Dies war diesmal so völlig anders und bewusst. Ich habe den Kopf ohne Pressen Stück für Stück tiefer treten gespürt-
Die Fruchtblase von T war nicht mehr intakt als er auf die Welt kam. Wann diese gerissen ist, wird wohl ewig sein Geheimnis bleiben.

Der Pool blieb völlig unbenutzt auch wenn er laut H wohl am Ende ausreichend voll war.

Ich konnte mir nicht vorstellen, dass meine dritte Geburt noch besser, schöner, intensiver und bestärkender sein kann, als die Zweite. Aber doch …

Seit der Geburt von T sind nun über 4 Wochen vergangen. Wir haben uns als Familie neu gefunden und finden uns auch jeden Tag noch neu. Wäre dieser kleine Mensch nicht noch auf die Welt in unsere Familie gekommen … JA ich hätte es irgendwann bereut . Er ist das Beste und Tollste und Lebensbejahenste was uns passieren konnte. Und egal was die Zukunft bringt, er ist ein Teil von uns allen.

Auf unserer Geburtsanzeige steht dazu wie ich finde passender Spruch (den ich hier aus dem Forum habe).

Zuhause geboren.
Dem Glück anvertraut
Der Zukunft versprochen,
die keiner durchschaut.

Für eine Zeit halten wir deine kleinen Hände fest. Dein Herz aber ein Leben lang.


Und in mir gibt es seit der Geburt dieses klitzekleine (vielleicht auch bissel größere) Gefühl, dass noch ein Seelchen fehlt ;-)
Josephine *06.08.2003
Joelina *28.02.2006 (Hausgeburt)
Tobias *30.11.2015 (Hausgeburt)

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SaTe
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Re: 2. Hausgeburt - wunderschön und doch so anders

Beitragvon SaTe » Fr 1. Jan 2016, 21:43

Danke. Ein wirklich schöner Bericht. Liest sich alles sehr stimmig und friedlich. :danke:
Grüße von SaTe

Theodor 06/11 ungeplante HG
Josephine 08/14 geplante HG
Friedrich 03/17 ungeplante AG

Frl_Lotta

Re: 2. Hausgeburt - wunderschön und doch so anders

Beitragvon Frl_Lotta » Fr 1. Jan 2016, 21:53

Vielen Dank fürs Teilen eurer Geburtsgeschichte! :knicks:

homebirth4ever
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Registriert: Do 21. Feb 2013, 13:33

Re: 2. Hausgeburt - wunderschön und doch so anders

Beitragvon homebirth4ever » Sa 2. Jan 2016, 00:23

echt ein toller Bericht. :wolke: :rosabrille: Danke dafür. :knicks:
Bild

♡ überraschende Alleingeburt 2016
♡ Hausgeburt 2011

Wie Weidetiere unseren Planeten verwandeln kolobok-party-dancers https://www.youtube.com/watch?x-yt-ts=1 ... pTHi7O66pI

MyEvilTwin
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Re: 2. Hausgeburt - wunderschön und doch so anders

Beitragvon MyEvilTwin » Sa 2. Jan 2016, 10:31

:hurra2: herzlichen Glückwunsch zum Babysohn!
Klingt super, eure Geburt! Ich freu mich sehr für euch.

Alles Gute
Mit einer Kindheit voll Liebe kann man ein halbes Leben hindurch die kalte Welt aushalten. (Jean Paul)

lela15

Re: 2. Hausgeburt - wunderschön und doch so anders

Beitragvon lela15 » Sa 2. Jan 2016, 13:38

Herzlichen Glückwunsch und alles, alles Gute für eure Zukunft. :blume: Danke für den tollen Bericht.

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rebecca17
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Re: 2. Hausgeburt - wunderschön und doch so anders

Beitragvon rebecca17 » Sa 2. Jan 2016, 18:22

:cap: danke für den schönen Bericht! Vieles bei deiner Geburt erinnert mich an meine zweite. Ich wünsch euch alles gute!
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*12/2009 (10.ssw)
Sonnenkind 03/2011 (leider unschöne Krankenhausgeburt)
*01/2014 (7. ssw), *03/2014 (7.ssw), *07/2014 (6. ssw)
Sommernachtsjunge 07/2015 - kraftvolle Hausgeburt
Wintervöglein 02/2017 wunderschöne Hausgeburt

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selkie
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Re: 2. Hausgeburt - wunderschön und doch so anders

Beitragvon selkie » Sa 2. Jan 2016, 21:25

Wie schön sich dein bericht doch liest. Und ich freue mich, dass ich nicht alleine bin, zu bemerken dass ich mitten unter der geburt bin. Bei den letzten beiden kindern habe ich es etst gemerkt als der kopf da war :pfeif: dass das jetzt echt und wirklich schon die geburt ist. :blush:
Herzlichen glückwunsch zu diesem wunderbaren erlebniss :flagge:
sternchen 2000 (5.woche), sternchen 2009(5.woche), wunschkind 2009 (abgebrochenen HG), sommerkind 2013 (HG), sternenkind 2015 (HG 13.woche), winterkind 2015 (HG)
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irdalanem
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Re: 2. Hausgeburt - wunderschön und doch so anders

Beitragvon irdalanem » So 3. Jan 2016, 21:34

Herzlichen Glückwunsch zum babysohn :herzen:

dein Bericht liest sich sehr stimmig. Danke fürs teilen :wolke:
3x soviel Kinder wie Erwachsene

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Martha
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Re: 2. Hausgeburt - wunderschön und doch so anders

Beitragvon Martha » So 3. Jan 2016, 22:50

Freu mich für dich, das die Geburt so stimmig war. Alles gute für euch :herzen:
95,96,98,2000,2002,2003,2006,2008,2010,2014 (3xKh, 7xHg)


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