Die Namen und ein paar Gegebenheiten habe ich verändert.
Die Frau, die geboren hat, ist nicht im engeren Sinne eine Freundin, die einem sehr ähnlich ist, mit der man Dinge bespricht usw., aber mindestens eine gute Bekannte. Wir haben uns vor ein paar Jahren kennen gelernt und es hat sich in dieser Zeit, in der wir diese Familie immer wieder besucht haben, Vertrauen zu uns aufgebaut. Die Familie ist aus Spanien und einfach in anderen sozialen Kreisen unterwegs. Trotzdem eine nette, manchmal chaotische Familie mit eigenem Lebensrhythmus.
Ich hatte mich sehr gefreut, als ich gefragt wurde, ob ich bei der Geburt des 5. lebenden Kindes dabei sein wolle und ich sagte sofort Ja. Ich glaube Enrico, der Mann von Rina ist das einfach nicht so geheuer und außerdem sollte jemand auf die anderen 4 Kinder aufpassen...
Rina hatte schon länger immer wieder Wehen, aber auch als erfahrene Gebärende suchte sie immer wieder meinen Rat. Deswegen konnte ich auch schwer einschätzen, wann es wirklich soweit ist...
Da sie dann aber im KH war und sich eine Tablette legen ließ (hab ihr natürlich abgeraten, aber sie war der Meinung, es ist ja jetzt ET... meiner Einschätzung nach wär das Kind sowieso sehr bald geboren), war dann doch Eile angesagt.
Sie war also nun in ihrem Wunsch-KH und rief mich an. Da war gerade mein Mann heimgekommen und ich schmiss noch schnell was in die Pfanne, stillte meinen Kleinen und packte noch schnell ein paar Sachen ein... nicht zuviel... ein Öl wäre toll... warum bin ich eigentlich nicht vorher drauf gekommen...
Ich brauchte mit Verkehr eine gute Stunde (Rina war am Mittag mit Bus und Bahn mit ihrem Mann hingefahren!), der Parkhauszettel sagte 18.50Uhr. Ich ging zum Kreissaal, klingelte. "Ja bitte?" "Ich bin die Be... die Be... die Be... die Geburtsbegleiterin von Frau Fernandez." (Oh, ich war wohl doch etwas aufgeregt...) Nach kurzem Nachfragen durfte ich reinkommen in den "Kreißsaal". Für mich sah das Zimmer eher wie ein Untersuchungsraum aus. Keine Farben, keine Sprossenwand, kein Ball, kein Geburtshocker, nichts dergleichen


Zwei Hebammen waren anwesend, eine davon, Ute, war die forschere und die führende. Rina wurde aufgefordert, sich auf den Rücken zu drehen für eine Untersuchung. Ich muss dazu sagen, ich wusste in diesem Moment nicht, wie weit Rina war, und auch, dass ich nicht dazu beordert war, bestimmte Anliegen für die Frau durchzusetzen. Ich sollte einfach nur "da" sein. So unterstützte ich die Aktion mit Händehalten, Streicheln, Gut zureden und Mittönen. Voll eröffnet. Das Rumgefummel, das dann folgte, war nicht so schön. Die Hebamme Ute beschloss, die Fruchtblase müsse gesprengt werden und gab der anderen Hebamme, Tanja, Anweisung. Ich machte große Augen, als ich dieses lange Metallteil sah!

Die Fruchtblase entleerte sich mit dunkelgrünem Fruchtwasser. Da ich wusste, das Rina so gerne einmal eine Wassergeburt gehabt hätte (das KH hatte extra einen NEUEN, d.h. höchstens 3 Wochen alten HIV-Test verlangt...

Die Ärztin kündigte an, nach Geburtsverletzungen zu schauen. Ohne alle Betäubung machte sie "sauber" und schaute nach. Da Rina immer wieder jammerte und zuckte, forderte die Ärztin sie auf "Konzentrieren Sie sich mal ein bisschen, seien Sie doch nicht so aufgeregt!" Äh..??

Zwischendurch dachte ich: was für 'ne Unordnung hier so herrscht. Das Kreißbett hat ja einen unteren Teil, auf den das Kind geboren wurde und den man dann einfach abmachte und zur Seite schob für die gynäkologische Untersuchung. Dort war alles mögliche drauf: Unterlagen, Stuhlgang, Blut, Plazenta, diverse Werkzeuge usw. Mir kam das bei meiner HG wesentlich geordneter vor. Da lag die Plazenta nicht einfach so rum, sonder kam in eine saubere Metallschüssel...
Rina bekam dann auch gleich die volle Dröhnung Oxtozyn, und brauchte sogar einen neuen Zugang, weil der andere nicht mehr lief, was sie total hasst.
Nun waren wir also allein im Kreißsal. Ich war so dankbar, dass uns die nette russische Hebamme Tanja betreute und nicht die "mütterliche" Ute ("Ja, ja... jetzt machen sie mal so und so.. ein bisschen fester pressen... keine Sorge, wir machen das schon..." - versteht Ihr, so über den Kopf hinweg.). Tanja montierte erstmal die Gyn-Stützen, wo die Beine draufkommen zum Nähen.
Und so wareteten wir auf die Ärztin... und warteten... und warteten... Ein paar mal fragte ich nach dem Kind - "kommt gleich". Irgendwann sagte ich zu Tanja, "Rina muss die Beine runter kriegen, so kann sie doch nicht die ganze Zeit liegen." Also schoben wir den inziwschen sauberen unteren Teil wieder ans Kreißbett, wofür uns RIna sehr dankbar war.
Nach einiger Zeit wurde die kleine Anna von der KiÄ gebracht, alles sei in Ordnung, es sei ihr nur etwas schnell gegangen (ich denke, das kam von der Einleitung, und auch das dunkle Wasser, es war einfach ein bisschen zu schnell). An der Hand hatte sie so ein Ding zum Sauerstoffsättigung messen (?), das solle erstmal dran bleiben (Tanja hat das beim Wiegen und Messen einfach abgemacht

Rina war vor allem mit ihren Schmerzen und Sorgen, die die Familie gerade hat, beschäftigt, und ich hatte das Baby im Arm. Im Nachhinein bereue ich, dass ich es nicht, wenn schon die Mutter nicht in der Lage war, es bei mir auf die nackte Haut genommen habe - aber dann hätte ich die Maus wahrscheinlich gleich gestillt

Die Ärztin kam, laut eigenen Angaben deswegen erst nach einer Stunde, weil sie wollte, dass Rina sich etwas beruhigt (ich will Ihr das nicht in Abrede stellen). Ach ja, einen Wattebausch hatte sie die ganze Zeit in der Scheide stecken gelassen... Rina, vollgepumpt mit Oxytozin = Dauernachwehen und sich einfach nicht so wohl fühlend, jammerte und zuckte wieder. DIe Ärztin gab ihr einiges an Betäubung per Spritze, und damit war klar, dass die Patientin nichts mehr äußern und jammern sollte (wie dankbar bin ich, dass ich zu meiner Hebamme vor dem Nähen sagen konnte "Ich bin jetzt aber nicht mehr stark, ich muss dann aber jammern" und nur auf liebevolles Verständnis gestoßen bin...). Wieder dieses "Jetzt konzentrieren Sie sich aber mal!"

Nachher aß RIna noch und ich versuchte ihr beim ersten Anlegen zu helfen. Die Kleine saugte in paar Mal, schlief dann aber ein, nachdem sie die ersten 1,5 Stunden ihres Lebens aufmerksam um sich geblickt hatte. Sie war von Anfang an ein wunderschönes Baby, kein bisschen schrumpelig oder so.
Nach dem erfolgreichen Toilettengang begleitete die Hebamme uns zur Mutter-Kind-Station und sagte, das wir auf die Krankenschwester warten sollten, die die kleine Anna anziehen würde und wir in dieser Zeit duschen könnten. Und RIna solle in der Nacht beim ersten Toilettengang auf keinen Fall alleine gehen, sondern klingeln. Auch hier warteten wir einige Zeit, bis ich vorschlug, einfach duschen zu gehen, weil die Kleine sowieso schlafe. Als ich dabei war, alles für's Duschen herzurichten, kam die Krankenschwester. Sie erblickte mich und ihr Gesicht vedüsterte sich. "Was machen Sie denn noch hier?? Die Besuchszeit ist schon lange rum!!!" "Ich bin aber kein Besucher, ich bin die Geburtsbegleitung." "SInd Sie Hebmame?" "Nein, aber ich bin statt des Vaters bei der Geburt dabei gewesen." "Das ist egal, ob Sie der Vater sind, oder wer!! Die Besuchszeit endet hier um 19.30Uhr!!" "Aber die Frau hat um 19.16Uhr ein Kind geboren... Und wer soll ihr dann beim Duschen helfen?" "Das kann sie alleine!!" Als sie dann aber das entstzte Gesicht von Rina sah, sagte sie "Okay, ich gebe Ihnen FÜNF Minuten!!!"
(Wenn man bedenkt, dass diese Regelung zur Ruhe für die Frauen, besonders die Bettnachbarinnen besteht, fragt man sich, wie beruhigend so ein Gezeter um 22Uhr wirkt...)
Nach dem Duschen verabschiedete ich mich schnell und kam gerade nach Hause, als mein Kleiner wieder nach mir verlangte.
Ich hatte sowohl die Zeit, wann die Geburt starten würde (und wie mein Kleiner versorgt werden würde), als auch die Bitte, dass ich doch rechtzeitig dabei sein dürfe, Gott anbefohlen und Er hat mich nicht enttäuscht. Ich war eine knappe halbe Stunde vor Geburt da! Und der Kleine war bei Papa in bester Betreuung.
Alles in allem sicher eine "normale" KH-Geburt ohne schwere Eingriffe, aber eben mit Gestöre. Ich kann die Gebärenden gut verstehen, die sich nicht mit den Personen anlegen wollen, mit denen sie diesen intimen Moment teilen, und so manches über sich ergehen lassen. Und es hat mich natürlich total bestätigt in meinem HG-Denken.


Ich könnte mir durchaus vorstellen, Frauen bei Geburten zu begleiten und gerade auch in der Eröffnungsphase zu helfen, mit Tönen, Massage, Ermutigung usw. Sicher ist es gut, wenn vorher besprochen wird, für was ich mich evt. einsetzen soll im Sinne der Frau.
Ich hoffe, das war in Ordnung, dass ich diesen Bericht hier einstelle, auch wenn es nicht meine eigene Geburt war.
Fragen und Kritik bitte gerne!