Trügerische Sicherheit
Verfasst: Mo 18. Mai 2020, 12:42
Es ist zwar schon etwas länger her, aber ich möchte den Geburtsbericht meines zweiten Kindes trotzdem noch gerne erzählen.
Die Geburt meines ersten Kindes verlief komplikationslos und interventionsfrei (zumindest bis zu dem Zeitpunkt, dass sie draußen war) im Krankenhaus ab, weil ich nie auf den Gedanken gekommen bin, dass es auch ohne Krankenhaus gehen kann.
Also war bei der zweiten Schwangerschaft auch klar, dass ich wieder dorthin gehen werde. Im letzten Drittel lernte ich meine Nachsorgehebamme kennen, die an Ende des Gespräches meinte, dass ich eine gute Kandidatin für eine Hausgeburt sei. Leider konnte ich meinen Mann nicht so schnell dafür gewinnen und weil ich eh eine ambulante Geburt geplant hatte, ließ ich es eben auch so.
Am zweiten Weihnachtstag (SSW 38+4) gingen wir mit der Großen in den Zoo, wir verbrachten den ganzen Tag dort, liefen langsam und machten viele lange Pausen. Trotzdem bekam ich am Nachmittag im letzten Tierhaus leichtes Ziehen und drängte, den Heimweg anzutreten. Die Stadtbahn war total voll, ich erfragte mir einen Sitzplatz und versuchte mich zu entspannen.
Der restliche Tag zuhause verlief ruhig, ich entspannte mich und dachte, dass die leichten Kontraktionen durch die Überanstrengung käme, weil ich den ganzen Tag auf den Beinen war.
Beim Abendessen kamen die Kontraktionen in kürzeren Abständen und wurden auch immer stärker, also rief ich meinen Vater an, er solle zur Betreuung der Großen kommen. Als er da war, wurden die Abstände größer, das Ziehen leichter und war irgendwann so gut wie verschwunden. Ich entschuldigte mich für den falschen Alarm, wir schauten noch den Spielfilm zuende und gingen dann alle ins Bett.
Leider lag ich meist wach, bediente etwa alle 15 Minuten meine Wehen-App und veratmete. Dann alle 10 Minuten, dann alle 5 Minuten. Mir kamen die Wehen aber zu kurz vor und ich wollte auch keine Geburtswehen haben, da ich dem Baby in meinem Bauch schon oft deutlich klar gemacht hatte, dass es nicht so schön ist, zwischen Weihnachten und Neujahr Geburtstag zu haben und beschlossen hatte, dass es erst nach Neujahr kommen darf... Hat es anscheinend nicht sonderlich interessiert...
Gegen 2 Uhr weckte ich meinen Mann, es zog mittlerweile heftig in meinen Rücken bis in die Oberschenkel, und teilte ihm mit, dass ich mich nun langsam fertig machen würde. Eine halbe Stunde musste ich meinen Mann wieder wecken, damit auch er sich anzog. Anschließend weckte ich meinen Vater, der zur Großen ins Familienbett umzog und rief ein Taxi.
Um 3:15 Uhr wurden wir im Kreißsaal nett empfangen, erstmal ans ctg angeschlossen und untersucht. Muttermund bei 5cm. Ich veratmete jede Wehe im Vierfüßlerstand, während mein Mann meine Lendenwirbel massierte. Ab jetzt war auch mir klar, dass die Geburt im Gang war und ich war richtig enttäuscht, weil ich damit doch noch bis Januar warten wollte...
Die Wehen wurden richtig heftig, es fiel mir schwer, mich aufs Atmen zu konzentrieren, aber sie waren auch immer sehr schnell wieder weg. Kurz und heftig. Die Hebamme schaute nur ab und zu nach mir, bot mir aber jedes Mal Schmerzmittel an, die ich immer ruppig ablehnte. Und dann ging sie wieder raus.
Irgendwann hatte ich eine längere Wehenpause und machte mir gerade einen Müsliriegel auf, als aus dem Nichts eine heftige Wehe kam, die die Fruchtblase platzen ließ. Ich schickte meinen Mann sofort los, die Hebamme zu holen, die bei ihrer Untersuchung den Muttermund bei 8cm vermutete und noch die Muttermundslippe während der nächsten Wehe zur Seite schob, damit der Kopf genug Platz hatte.
Die Wehen empfand ich zu dem Zeitpunkt als so schmerzhaft, dass ich mich gegen den Pressdrang wehrte, weil ich dachte, dass es mich komplett zerreißt, wenn ich drücke.
Die Hebamme rief eine Ärztin, die mich unbedingt in Rückenlage untersuchen wollte... So blieb ich dann auch die ganze übrige Zeit liegen. Nach kurzer Zeit bemerkte ich eine nervöse Stimmung, die Ärztin und die Hebamme sahen sich besorgt an und es wurde irgendwie hektisch, aber keiner sagte etwas. Also schaute ich neben mir auf den Bildschirm vom ctg und sah, wie die Herzfrequenz bei jeder Wehe extrem in den Keller ging. Ich schaute die Ärztin direkt an und sagte, was ich sah. Mein Mann versuchte mich zu beruhigen, indem er meinte, dass das nicht stimmen würde und alles in Ordnung sei, aber ich schaute nur die Ärztin an und sah in ihren Augen leichte Panik. Sie antwortete allerdings nicht mir, sondern wandte sich an meinen Mann und sagte ihm, dass ich Recht hätte und die Herztöne nicht gut aussehen. Dann schaute sie mich an und sagte: "Sie müssen das Kind so schnell wie möglich raus bringen, am besten mit der nächsten Wehe!"
Ich erschrak, die Panik in den Augen der Ärztin werde ich nie vergessen. Von nun an schaltete ich mein Schmerzempfinden aus und befolgte nur noch die Anweisungen der Hebamme. Ich presste, wenn sie es sagte, so lange wie sie es sagte, auch obwohl die Wehe schon längst weg war.
Bald merkte ich den Kopf, der in der Wehenpause auch nicht mehr zurück rutschte. Bei der nächsten Wehe presste ich also so stark, dass der Kopf raus kam und nach einer kurzen Pause kam die nächste Wehe und ich presste den restlichen Körper raus. Er war 5:46 Uhr. Sofort sackte mein Bauch zusammen und mein Kleiner gab mehrere laute Schreie von sich und lag danach einfach nur erschöpft zwischen meinen Beinen.
Später mehr...
Die Geburt meines ersten Kindes verlief komplikationslos und interventionsfrei (zumindest bis zu dem Zeitpunkt, dass sie draußen war) im Krankenhaus ab, weil ich nie auf den Gedanken gekommen bin, dass es auch ohne Krankenhaus gehen kann.
Also war bei der zweiten Schwangerschaft auch klar, dass ich wieder dorthin gehen werde. Im letzten Drittel lernte ich meine Nachsorgehebamme kennen, die an Ende des Gespräches meinte, dass ich eine gute Kandidatin für eine Hausgeburt sei. Leider konnte ich meinen Mann nicht so schnell dafür gewinnen und weil ich eh eine ambulante Geburt geplant hatte, ließ ich es eben auch so.
Am zweiten Weihnachtstag (SSW 38+4) gingen wir mit der Großen in den Zoo, wir verbrachten den ganzen Tag dort, liefen langsam und machten viele lange Pausen. Trotzdem bekam ich am Nachmittag im letzten Tierhaus leichtes Ziehen und drängte, den Heimweg anzutreten. Die Stadtbahn war total voll, ich erfragte mir einen Sitzplatz und versuchte mich zu entspannen.
Der restliche Tag zuhause verlief ruhig, ich entspannte mich und dachte, dass die leichten Kontraktionen durch die Überanstrengung käme, weil ich den ganzen Tag auf den Beinen war.
Beim Abendessen kamen die Kontraktionen in kürzeren Abständen und wurden auch immer stärker, also rief ich meinen Vater an, er solle zur Betreuung der Großen kommen. Als er da war, wurden die Abstände größer, das Ziehen leichter und war irgendwann so gut wie verschwunden. Ich entschuldigte mich für den falschen Alarm, wir schauten noch den Spielfilm zuende und gingen dann alle ins Bett.
Leider lag ich meist wach, bediente etwa alle 15 Minuten meine Wehen-App und veratmete. Dann alle 10 Minuten, dann alle 5 Minuten. Mir kamen die Wehen aber zu kurz vor und ich wollte auch keine Geburtswehen haben, da ich dem Baby in meinem Bauch schon oft deutlich klar gemacht hatte, dass es nicht so schön ist, zwischen Weihnachten und Neujahr Geburtstag zu haben und beschlossen hatte, dass es erst nach Neujahr kommen darf... Hat es anscheinend nicht sonderlich interessiert...
Gegen 2 Uhr weckte ich meinen Mann, es zog mittlerweile heftig in meinen Rücken bis in die Oberschenkel, und teilte ihm mit, dass ich mich nun langsam fertig machen würde. Eine halbe Stunde musste ich meinen Mann wieder wecken, damit auch er sich anzog. Anschließend weckte ich meinen Vater, der zur Großen ins Familienbett umzog und rief ein Taxi.
Um 3:15 Uhr wurden wir im Kreißsaal nett empfangen, erstmal ans ctg angeschlossen und untersucht. Muttermund bei 5cm. Ich veratmete jede Wehe im Vierfüßlerstand, während mein Mann meine Lendenwirbel massierte. Ab jetzt war auch mir klar, dass die Geburt im Gang war und ich war richtig enttäuscht, weil ich damit doch noch bis Januar warten wollte...
Die Wehen wurden richtig heftig, es fiel mir schwer, mich aufs Atmen zu konzentrieren, aber sie waren auch immer sehr schnell wieder weg. Kurz und heftig. Die Hebamme schaute nur ab und zu nach mir, bot mir aber jedes Mal Schmerzmittel an, die ich immer ruppig ablehnte. Und dann ging sie wieder raus.
Irgendwann hatte ich eine längere Wehenpause und machte mir gerade einen Müsliriegel auf, als aus dem Nichts eine heftige Wehe kam, die die Fruchtblase platzen ließ. Ich schickte meinen Mann sofort los, die Hebamme zu holen, die bei ihrer Untersuchung den Muttermund bei 8cm vermutete und noch die Muttermundslippe während der nächsten Wehe zur Seite schob, damit der Kopf genug Platz hatte.
Die Wehen empfand ich zu dem Zeitpunkt als so schmerzhaft, dass ich mich gegen den Pressdrang wehrte, weil ich dachte, dass es mich komplett zerreißt, wenn ich drücke.
Die Hebamme rief eine Ärztin, die mich unbedingt in Rückenlage untersuchen wollte... So blieb ich dann auch die ganze übrige Zeit liegen. Nach kurzer Zeit bemerkte ich eine nervöse Stimmung, die Ärztin und die Hebamme sahen sich besorgt an und es wurde irgendwie hektisch, aber keiner sagte etwas. Also schaute ich neben mir auf den Bildschirm vom ctg und sah, wie die Herzfrequenz bei jeder Wehe extrem in den Keller ging. Ich schaute die Ärztin direkt an und sagte, was ich sah. Mein Mann versuchte mich zu beruhigen, indem er meinte, dass das nicht stimmen würde und alles in Ordnung sei, aber ich schaute nur die Ärztin an und sah in ihren Augen leichte Panik. Sie antwortete allerdings nicht mir, sondern wandte sich an meinen Mann und sagte ihm, dass ich Recht hätte und die Herztöne nicht gut aussehen. Dann schaute sie mich an und sagte: "Sie müssen das Kind so schnell wie möglich raus bringen, am besten mit der nächsten Wehe!"
Ich erschrak, die Panik in den Augen der Ärztin werde ich nie vergessen. Von nun an schaltete ich mein Schmerzempfinden aus und befolgte nur noch die Anweisungen der Hebamme. Ich presste, wenn sie es sagte, so lange wie sie es sagte, auch obwohl die Wehe schon längst weg war.
Bald merkte ich den Kopf, der in der Wehenpause auch nicht mehr zurück rutschte. Bei der nächsten Wehe presste ich also so stark, dass der Kopf raus kam und nach einer kurzen Pause kam die nächste Wehe und ich presste den restlichen Körper raus. Er war 5:46 Uhr. Sofort sackte mein Bauch zusammen und mein Kleiner gab mehrere laute Schreie von sich und lag danach einfach nur erschöpft zwischen meinen Beinen.
Später mehr...