Beitragvon pünktchen » Di 19. Nov 2013, 20:50
Schon seit Tagen wehe ich etwas vor mich hin, aber nichts wobei ich ernsthaft an Geburt denken würde. Um 1:20 Uhr, gerade ein bequeme Position im überfüllten Familienbett gefunden und eingeschlafen, bemerke ich die erste Wehe die sich eindeutig nach Geburt anfühlt. Drei weitere folgen in der nächsten halben Stunde und ich mag nicht mehr liegen, stehe auf und gehe auf Klo. Dabei stelle ich fest dass ich zeichne, während sich immer größere Vorfreude in mir breit macht. Ich räume noch etwas herum, denn schlafen kann ich nicht mehr.
Gegen 3:00 Uhr wecke ich meinen Mann, ich will gern in die Wanne und dabei nicht allein sein. Bei der Nachricht dass heut wohl der große Tag ist, ist er sofort hellwach.
Die Wehen werden kräftiger aber sind immer noch sehr gut mit konzentrierter Atmung zu bewältigen und alles in allem fast schmerzlos.
Beim Toilettengang gegen 6 Uhr verabschiedet sich der Schleimpfropf.
Um 8 Uhr informiere ich unsere Hebamme, dass wir gern heut noch Geburtstag feiern möchten, während mein Mann die Kinder in den Kindergarten bringt und hoch und heilig verspricht sie früher abholen zu lassen, sollte das Baby im Laufe des Vormittags kommen.
Gegen 10 Uhr kommt meine Hebamme. Kurze Herztonkontrolle, alles bestens. Ob ich möchte dass sie mich einmal untersucht. Ja, bitte, ich will wissen worauf ich mich einstellen kann. Der Mumu ist butterweich und bei 6 cm. Großartig, ich bin hoch motiviert und sicher, heute Abend kuscheln wir schon lange. Mein Liebster hilft die Geburtssachen rein zu holen und unsere Hebamme fragt, ob ich möchte dass sie direkt bleibt oder nochmal nach Hause fährt. Sie kann ruhig fahren, ich komme bestens zurecht, fühle mich rundum wohl und sicher in meiner Haut.
Den Vormittag wehe ich weiter vor mich hin. Die Wehen sind kräftig, aber gut auszuhalten. Nur selten ist mal eine dabei die mich zum tönen bringt, bei allen anderen reicht konzentrierte Atmung und ich bin begeistert wie leicht alles bis hierher war. Nach dem Geburtsmarathon bei unserem Winterwunder hätte ich nicht damit gerechnet dass es so schnell und leicht gehen kann. Ich spaziere durch den Garten, lasse mir den Rücken von der erstaunlich warmen Septembersonne wärmen, während ich die letzten reifen Himbeeren direkt vom Strauch nasche und dabei hin und wieder Wehen veratme. So würde ich noch 10 Kinder bekommen mögen.
Gegen Nachmittag nach einem ausgedehnten Spaziergang werden die Wehen deutlich kräftiger und kommen alle 3 Minuten. Ich bitte meinen Mann den Pool klar zu machen und der Hebamme Bescheid zu geben dass ich sie jetzt langsam gern bei mir hätte. Im Wasser fühle ich mich aber nicht besonders wohl. Es scheint wohl dieses Mal keine Wassergeburt zu geben.
Meine Hebamme kommt als ich gerade ein paar besonders kräftige Wehen lautstark vertöne.
Ich bitte sie noch einmal zu untersuchen. 7 cm sind es etwa. Eine Stunde später, kommen die Wehen ins stocken, sind eigentlich nicht mehr der Rede wert. Das Spielchen kenne ich von den zwei ersten Geburten und richte mich darauf ein dass es wohl doch noch einige Stunden dauern wird, bei der letzten Geburt war oft über Stunden stillstand. Meine Hebamme sieht es aber genau so entspannt wie ich, es scheint einfach meine Art zu gebären zu sein und ich bin dankbar jetzt nicht in der Klinik zu sein und an nen Wehentropf gestöpselt zu werden damit es „endlich vorangeht“
Die nächsten knapp 15 Stunden sind schnell zusammengefasst. Unserem Baby ging es die ganze Zeit bestens und mir auch, also kein Grund nervös zu werden. Die Wehen plätscherten nurnoch langsam vor sich hin, 1-2 in der Stunde sind mal etwas kräftiger. Aber mit Geburtsstillständen kenne ich mich ja von der letzten Geburt aus: schlafen, essen, ausruhen, Kräfte sammeln und später mit neuer Energie weiter machen.
Gegen morgen möchte meine Hebamme gern nochmal untersuchen. An ihrem Gesichtsausdruck merke ich schon dass ihr etwas nicht gefällt. Unser Baby hat sich ganz unglücklich ins Becken gesenkt und sie vermutet eine hintere Scheitelbeineinstellung. Nicht völlig geburtsunmöglich, aber die Chancen stehen nicht besonders gut. Gründlich, aber ohne Panik zu verbreiten erklärt sie uns die Situation und Optionen und rät zu einer Verlegung, weil das Risiko für einen Wehensturm und in Folge einer Ruptur gerade bei mir mit dem vorherigen KS einfach erhöht ist. Nachdem wir alles verdaut haben, entschließe ich mich unter reichlich Tränen für die Verlegung. Meine Hebamme versucht zu trösten, versichert mehrfach es passiert nichts wo ich nicht zustimme und sie wird uns keinen Moment von der Seite weichen.
Eine halbe Stunde später kommen wir in der Klinik an. Der Arzt der uns empfängt ist ausgesprochen freundlich. Keine Vorwürfe, kein Kompetenzgerangel. Meine Hebamme erklärt die Lage und wie sie gerne in Absprache mit uns vorgehen würde. Für ihn alles kein Problem solange die Wehen nicht zu kräftig werden oder es gar einen Wehensturm gibt. Er würde nur gern nen US machen und ein CTG und natürlich selbst einmal untersuchen. Und für den Fall der Fälle nen Zugang legen, falls es zu einem Wehensturm kommen sollte. US ist soweit in Ordnung, vaginales Gefummel des Arztes bestätigt aber nochmals den Tastbefund meiner Hebamme. 4000g soll unser Baby laut US wiegen. Trotzdem versichert auch der Arzt nochmals, KS bleibt das letzte Mittel, das CTG ist eher Show, denn es zeichnet hauptsächlich mich auf.
Die nächsten 4 Stunden verbringe ich mit „turnen“. Alles was meinem Baby helfen könnte an der Symphyse vorbei zu kommen um sich neu einzustellen versuchen wir. Letztendlich hätte ich wohl nurnoch nen Handstand versuchen können. Dann springt die Fruchtblase und ich hocke in einem riesen See aus klarem Fruchtwasser. Arzt und Hebamme sind angesichts der Fruchtwassermassen tief beeindruckt. Leider werden damit auch die Wehen kräftiger und drücken unser Baby immer weiter in die falsche Position. Plötzlich bekommen die Wehen solche Gewalt und dass ich weder atmen noch tönen kann sondern nurnoch am brüllen bin. Das schlimmste was ich an Wehen je erlebt habe. Und ich hab das Gefühl dass es meinem Baby nicht mehr gut geht und wenn man dem CTG trauen darf, dann bestätigt es mein Gefühl. Sofort hab ich den Wehenhemmer in Höchstdosis dran und langsam werden die Wehen wieder erträglich. Wieder unter reichlich Tränen stimme ich dem KS zu. Während alles für die OP bereit gemacht wird, impfen wir unserer Hebamme nochmal ein was uns wichtig ist und sie verspricht alles in Ihrer Macht stehende zu tun.
Das setzen der Narkose dauert gefühlt ewig und braucht drei Anläufe da mich trotz Wehenhemmer immernoch wieder sehr kräftige Wehen überrollen und ich so nicht still sitzen kann. Ich merke wie nervös alle um mich sind. Im letzten Anlauf vor der Vollnarkose sitzt dann endlich die spinale doch noch.
Kaum im OP sitzt auch schon mein Mann hinter mir und auch meine Hebamme ist da und versichert uns nochmal, wenn es unserem Baby gut geht, bleibt es die ganze OP bei uns. Wie hören die Ärzte ächzen und keuchen und einige ungläubige Ausrufe der Kategorie „was für ein riesiges Baby“ und dann übergibt uns meine Hebamme unser Herbstwunder. Meine Arme werden losgebunden dass ich unser Kind selber halten kann und kaum auf meiner Brust, fängt er sofort an zu suchen und meine Hebamme hilft beim ersten Anlegen. Der KiA wirft einen kurzen Blick unters Handtuch und entscheidet „dem Kind geht’s gut“. Nach ein paar Minuten des Bestaunens werfen wir einen Blick unter das Handtuch- wir haben einen Sohn! Kurz bevor ich umgebettet werde verlassen Papa und Sohn den OP und keine 2 Minuten später liegen wir alle zusammen in zwei zusammengeschobenen Betten im Kreißsaal.
Das halbe OP Team wartet ungeduldig draußen vor der Tür und schließt Wetten über Größe und Gewicht ab. Keine Stunde nachdem unser Herbstwunder geboren ist, werden die großen Geschwister vorbeigebracht und kuscheln sich zu uns in die Betten und bestaunen ihren kleinen Bruder. Kurz bevor es auf Station geht dann die U1: 4975g, 59cm und 38,5cm KU. Ein Geschwulst wo er gegen die Symphyse gedrückt wurde und gebrochenes Schlüsselbein. Bis spät in die Nacht kuscheln wir nackig im Familienzimmer, dass unsere Hebamme uns noch schnell organisiert hat.
Da wir uns aber fast stündlich mit der KiÄ und den Schwestern anlegen weil wir bösen verantwortungslosen Eltern nahezu jede Klinikroutine verweigern bis mit Verlegung in die nächste Kinderklinik gedroht wird, wenn wir dem ganzen Zirkus von wiegen, Fieber messen, Blutzuckermessungen, regelmäßigen Stillzeiten und angemessener Bekleidung nicht zustimmen, verlassen wir 32 Stunden nach dem KS unter wüsten Beschimpfungen der KiÄ die Klinik auf eigene Verantwortung.
Sommerwunder 2008 KS
Winterwunder 2011 HG
Herbstwunder 2013 KS nach abgebrochener HG