Später und schneller als erwartet

[niamh]

So, hier kommt der ausführliche Geburtsbericht:

Nach dem entspannten kinderlosen Wochenende ist wieder Montag morgen und der Liebste muss wieder arbeiten. Als der Wecker klingelt, bin ich ganz komisch drauf, frustriert, resigniert, so etwas irgendwie.
Der Liebste fährt etwas später, der Große steht auf. Also aufstehen und Kinder für die Schule fertig machen. Geht sogar ohne Theater, einzig die Große trödelt am Ende etwas und muss gedrängelt werden, damit sie nicht zu spät kommt. Alle Kinder weg, jetzt Tagebucheintrag, keine Wehen, kein nicht, dann etwas räumen. Muss ja bis um 8 warten, da kann ich beim Gyn anrufen, Termin für den Doppler machen.
Mann, was liegt hier ein Zeug rum, am Wochenende haben wir ziemlich gefaulenzt. Also sortiert bis 8. Dann angerufen. Um viertel nach 8 komme ich durch. Termin gibt es nur noch um viertel nach 12. Ist viel los nach dem langen Wochenende. Ok, das heißt, wir nehmen die Große mit, müssen sie also direkt vom Schulbus abholen. Dann den Liebsten angerufen. Er muss um kurz nach 11 Feierabend machen, damit wir rechtzeitig da sind. Die Fahrtzeit nach Hause beträgt für ihn 35 min. Dann habe ich mich schlafen gelegt, es ist 8:30.

9:30: Ich werde wach und muss aufs Klo, immer das Gleiche! Schnell gehen und wieder schlafen. Gedacht, getan. Als ich mich wieder hinlege, habe ich eine Wehe. Ist nichts Neues, habe ich oft Nachts nach einem Toilettengang. Die letzen Nächte zwar nicht, ist aber halt nicht unüblich.
Aber die Wehe ist anders. Ich kann mich gar nicht richtig legen, so unangenehm ist sie. Ok, rum ist sie, jetzt schlafen.

9:35: Noch eine Wehe. Die kam aber schnell. Lohnt es sich weiter zu schlafen? Aber sie ließ sich im Liegen veratmen, also wieder Augen zu.

9:38: Die nächste Wehe. Was ist das denn jetzt? Gut zu veratmen, aber so einen kurzen Abstand hatte ich beim Einwehen der letzen Wochen noch nie. Aber schmerzhaft war sie nicht. Also noch keinen Anruf bei S., dem Liebsten. Schlafen geht so auch nicht, also ins Bad duschen.
Im Bad Dusche an, ach nee, muss doch erst mal groß auf Toilette. Kam auch was, aber irgendwie ist auch eine Wehe dabei. Also unter die Dusche, testen. Dort dann wieder Stuhldrang, nochmal auf die Toi. Wieder duschen, diesmal richtig. Dort eine Wehe, sie bleiben also. Mag nicht mehr duschen, also raus und Anruf beim Liebsten.

9:50: Anruf bei S.: Er hat ja genug Stunden, ich bin mir nicht sicher, obs wirklich losgeht, wäre aber schön, wenn er kommt. Macht er.
Dann angezogen und mit Telefon runter ins Wohnzimmer. Auf dem Weg dorthin 2-4 Wehen, weiß es nicht mehr genau.

10:00: Ok, mit dem Abstand ist es ernst, also erneuter Anruf bei S. Er ist grad los, hat noch geschaut, ob Stau ist . Ist auch, er fährt zum Teil Landstraße.
Meine Ma braucht heute unser zweites Auto, um die Kinder zum Schach zu fahren. Also bringe ich meinem Papa den Schlüssel rüber und schließe wie für den Fall des Geburtsbeginns vereinbart die Verbindungstür ab.
Ich packe mir die Auflagen für die Couch zum Abdecken, 3 sind es, 2 kriege ich drauf. Dann nehme ich mir die Hüpfmatraze von den Kindern, schiebe sie davor und knie mich drauf, Oberkörper auf der einen Auflage auf der Couch. Hier bewege ich mich nicht mehr weg. Es klopft, meine Ma, ich rufe nur "Nein". Dann mache ich noch die Musik an, etwas lauter, damit sie mich zumindest zu Anfang nicht so hört.
Wieder an der Couch fällt mir auf, zum Glück ist die Garmana CD drin, das habe ich der Kleinen doch in der 19. SSW versprochen, als wir wegen der Blutungen im KH waren, passt also.
Ich muss anfangen zu tönen, diese Wehen sind echt. Also Wehenanfang veratmen, dann kommt ein langes Uuuhhh. Wehenlänge gut über eine Minute, Abstand weniger als 2 oder 3 Minuten geschätzt.
Irgendwann reicht das Uuuhh nicht mehr, es werden mehrere Ooohhh daraus, also auch die Wehenlänge ist mehr geworden.

10:15: Das Telefon klingelt, Mist, es ist auf dem Tisch. Schnell hoch, es ist S. Er ist jetzt auf der Autobahn, dauert also noch etwa eine Viertelstunde. Ich sag ihm, es eilt. Er meint nur, er versucht lieber sicher anzukommen. Dann muss ich abrupt auflegen.
Die Wehen werden noch stärker, aus dem Ooohh wird ein Aahhh, bzw. auch hier mehrere. Wehenabstand gefühlt auf jeden Fall kleiner 2 min, eher nur 1. Irgendwie keine echte Pause mehr.

10:30: Aaahhhh, Schritte im Flur, S. ist endlich da. Kommt kurz zu mir und handelt dann rasch. (als er rein kam, dachte er wohl nur, du meine Güte, jetzt muss ich mich dem Pool beeilen.)
S. wurschtelt hinter mir rum, zum Glück, er baut den Pool auf!!!
Ich bitte ihn noch mir die Hose auszuziehen.
Verdammt, ich muss mal pinkeln. S. soll mir ein Handtuch geben, drunter gelegt und laufen gelassen. Toilette wäre nicht mehr gegangen.

10:45: Hinter mir läuft das Wasser ein. S. ruft die Hebamme an, schneller ging nicht, weil er den Pool zuerst gemacht hat. Sie ist eh grad auf dem Weg zum Auto, kommt sofort, ich wollte sie auch gern da haben.
Die Wehen werden intensiver, das Aaaahhh endet im Kreischen, jetzt geht es um das Ende beim Muttermund.
Ich habe das Gefühl, Stuhl kommt mit. Aber S. ist da, er kümmert sich...
Ich haue mit der Faust auf die Couch, das fühlt sich schon ziemlich nach Übergangsphase an. Ich will in den Pool.

10:50: Also hoch und ab ins Wasser, der Pool ist max. ein Drittel voll, egal, fühlt sich gut an. Aber wieder aufrechter Vierfüßler, Oberkörper über den Poolrand. Wie gut, die Höhe ist besser als auf der Couch abgestützt, wie angenehm. Es ist etwas einfacher als draußen, die Pausen gefühlt etwas länger. aber es intensiviert sich.
Und da ist es wieder, das bekannte Gefühl, das schaffe ich nicht, es geht nicht. S. redet auf mich ein, klar schaffe ich das. Zum Glück weiß ich, dass er keine Antwort erwartet, weil ich denke nur, du hast gut reden....
Das Badethermometer schwimmt da rum, stört mich mit seiner Berührung, es muss WEG da!!! S. nimmt es weg.
Immer noch dieses "Ich kann nicht mehr", Tönen (kann man das noch tönen nennen) immer noch auf Aaaahhh, was in einem Immensen Kreischen endet, so laut, wie es die Lunge hergibt. Aber irgendwie
produktiv, es macht was. in den "Pausen" (wie S. sagte, höchstens so lang wie eine Wehe) versuche ich nach wie vor locker zu lassen unten.

11:00: (in etwa) Die Töne ändern sich, ich kann nach dem Aaahh nicht mehr kreischen, es wird guttural, so richtig kehlig mit unglaublichen Druck nach unten. Presswehen also. Das ist produktiver als das vorher, aber trotzdem, so lagnsam zeichent sich das bekannte Brennen ab. Ich habe das Bedürfnis dabei irgendwo rein zu beißen. Halt, nein, lieber nicht in den Poolrand, schlechte Idee, wenn der jetzt ein Loch kriegt. Also Kopf etwas höher und nur in das über den Rand liegende Handtuch gebissen bei den Knurrgeräuschen.

11:10: Der Pool ist voll, S. geht Wasser ausmachen. Ich bitte ihn, sich zu beeilen. Er ist auch schnell wieder da. Ich muss pressen, es brennt, ich hab das Gefühl, der Kopf schneidet ein. S. sagt, er sieht nichts. Naja ist ja auch ein blöder Winkel. Wieder Stuhlgang dabei, aber S. kümmert sich, auch egal, PRESSEN.
Da ist er der Ring of Fire, so gut wie max Dehnung und der Kopf rutsche zurück. Oh nein, also nochmal das Ganze mit der näcshten Wehe. Und wieder rutscht der Kopf zurück.
"Komm raus Baby, jetzt!!!" Ich will das nicht nochmal, also fester knurren und pressen. Da ja, jetzt und auf der Hälfte bleibt sie stehen, etwa Nasenspitze ist Schluss, AUA! S. sagt, jetzt sieht er das Köpfchen ("ach neee?")
Noch eine Presswehen, Jaaa, der Kopf ist raus, puuhhh. S. berührt sie am Kopf, Haare, ich gehe mit meiner Hand dazu, gemeinsam können wir ihn streicheln. Aber direkt noch eine Presswehe, warum flutscht der Körper nicht? da hakt was, es geht nicht. Die Presswehe ist rum. Wie war das noch? Lagewechsel, wenn die Schulter hängt? Das kriege ich nicht hin. Ich bewege leicht das Becken hin und her, kreise leicht, das reicht hoffentlich, mehr schaffe ich nicht. Nächste Presswehe, boah, so heftig war das noch nie beim Körper, der sollte einfach flutschen, ja, da er kommt und raus!!
S. fängt sie auf und sagt, sie ist da.

11:23: Ich drehe mich, hebe das linke Bein über Kind und Nabelschnur, setze mich. Nehme mein Baby aus den Händen vom Papa ausm Wasser auf meinen Bauch. Da zieht es, sie hat die Nabelschnur um Nacken und Schultern. Ich sage, Du musst mir helfen, Nabelschnur weg machen. Da ich Probleme habe, mein glitschiges, käseschmieriges Baby mit zwei Händen zu halten. S. hebt die Nabelschnur über den Kopf, ich nehme mein Baby auf die Brust. Da liegt mein Baby, mein Baby auf meiner Brust. Sie bewegt sich leicht. Atmet sie? S. fragt, meint streichel sie mal. Rücken kraulen beim Baby, pusten ins Gesicht.

11:25: Die Tür geht auf, unsere Hebamme kommt rein. S. meint, sie ist schon da. Die Hebamme kommt rein, zieht die Jacke aus, wirft einen Blick aufs Baby, zieht Handschuhe an.
Unser Baby wird blauer. Die Hebamme kommt, ich drehe das Baby mit dem Gesicht zu ihr. Beim Hocheben kriege ich einen Riesen-Schreck, sie lässt (im Gegensatz zu vorher als ich sie aus dme Waser hob) alles hängen, Arme Beine Kopf, keinerlei Muskelspannung mehr, ist vollkommen fliederfarben. Mir bleibt das Herz stehen. S. sagt mir später, in dem Moment wollte er sie mit dem Mund absaugen. Aber die Hebamme nimmt ihren Absuagschlauch, einmal Mund, Nase, die Kleine hustet, röchelt. Nochmal dann ein stärkeres Röcheln, tiefes Einatmen, kurzer Schrei, Muskelspannung wieder da.
Puh!!! (Mein Gedanke nach dem Panikmoment war, ich brauche kaltes Wasser! Hätte wohl auch funktioniert)

11:30 Verschnaufen, Nabelschnur ist bereits auspulsiert komplett. Die Hebamme hätte uns gerne aus dem Wasser, ich fange auch wieder an zu zittern, mein Kreislauf bricht weg, im Wasser sammelt sich viel Blut. S. schneidet die Nabelschnur durch, ist eh fertig, die Plazenta ist da wohl sogar schon gelöst. Dann geht die Kleine zum Papa, ich sag ihm noch schnell, er soll das T-Shirt ausziehen. Er nimmt sie, aber dann muss sie kurz abgelegt werden, falls ich beim Wechsel von Pool zu Couch umfalle. Aber es geht. Und dann kommt mein Baby zu mir, ihr Geburtshandtuch drüber und wir liegen da.

11:40: Ich soll mal pressen. Also leicht seitlich gelegt, drücken (ich mag aber nicht mehr, aber es ging, das flutschte jetzt wirklich). Und dann kam die Plazenta. Die Kleine schaut sich die Welt an auf meiner Brust.

Gewogen und gemessen wurde eine Stunde später, 3600g, 54cm, KU 34cm. Direkt nach der Geburt hat sie bereits das erste Mekonium in den Pool abgesetzt. Der ganze Körper war noch dick voll mit Käseschmiere.
Die Fruchtblase ist erst in der Pressphase im Pool gesprungen, ziemlich spät. S. hat die Flocken im Wasser gesehen. Die Kleine hatte ein stück noch über einer Schulter hängen.

Es war eine super tolle geburt, ziemlich schnell, nicht schmerzfrei (das geht nicht!), aber ok und stimmig. Auf den Panikmoment hätte ich verzichten können, aber ich denke, wir hätten es auch alleine geschafft, es war nicht wirklich kritisch, aber sehr erschreckend.
Und die Kleine hat am ersten Tag gleich soviel gestillt, dass sie auch viel gespuckt hat, quittegelb.

[weiße wölfin]

*schnief* danke schön

[blodau]

wie schöööön *schnief*

Herzlichen Glückwunsch nochmal und bitte bestell auch S. liebe Grüße.

Vll klappt's ja doch nochmal mit dem Tiergarten- dann kann ich sie mal live sehen

[Glühwürmchen]

Wunderschön das habt ihr ganz toll gemacht! Kuschelt noch schön mit der kleinen Maus

[Lillifee3]

Wunderschön geschrieben! Ich hatte fast das Gefühl, als wäre ich dabei gewesen.

[Wynn]

Vielen Dank für diesen tollen Bericht Soo schön!

[Peke]

Eure Tochter hat einen friedlichen Start ins Leben bekommen, hört sich trotz all des Tempos stimmig an!

[fiori]

Das ging ja dann richtig schnell

Herzlichen Glückwunsch

[weib1969h]

ganz klasse! frohes geniessen noch.

[Schneekönigin]

So schön. Ich fühlte mich auch etwas rückversetzt.