Am Sonntag, 27.2. bin ich von Wehen aus meinem Mittagsschlaf geweckt worden. Von da an hab ich halbstündlich vor mich hingeweht und die Wehen haben ihrem Namen auch alle Ehre gemacht. Gegen 18:45 Uhr bin ich dann in die Badewanne gegangen, erst hatte sich da nichts verändert, dann fingen die Wehen an, sich auf ca alle 10 Minuten einzupegeln. Mein Mann wurde da schon unruhig und wollte gerne, dass ich die Hebamme anrufe, aber mir war noch nicht danach. Um 20 Uhr bin ich dann aus der Wanne raus, damit ich den Anfang vom Tatort nicht verpasse. Die Wehen haben dann erstmal wieder nachgelassen, aber so etwa ab 20:45 Uhr kamen sie dann alle 5 Minuten. Mir kamen die Wehen aber noch zu schwach vor, um Geburtswehen sein zu können, zwar musste ich sie schon veratmen, aber richtige Geburtswehen hatte ich mir irgendwie ganz anders, viel intensiver vorgestellt. Aber weil die Wehen eben regelmäßig alle 5 Minuten kamen und ich mir einfach unsicher war, habe ich um ca 21:15 Uhr doch meine Hebamme angerufen und ihr von den Wehen erzählt, aber auch gesagt, dass ich mir unsicher bin und eher nicht denke, dass es richtige Geburtswehen sind. Trotzdem bat ich sie, vielleicht mal herzukommen, denn so ganz sicher, dass es _nicht_ losgeht, war ich mir eben auch nicht. Sie meinte, dass sie sich in Ruhe fertig mache und dann mal vorbei kommen würde.
Sie kam dann gegen 22:45 Uhr (später erzählte sie, dass sie den Tatort so gut fand und gerne noch das Ende sehen wollte *g*) und nach ein bisschen Quatschen untersuchte sie mich dann. Sie zeigte mir mit den Fingern, wie weit der Muttermund schon auf sei (ca 5 bis 6 cm) und sagte, dass das Köpfchen schon sehr stark nach unten drücken würde. Ihr war morgens, als ich sie anrief um ihr zu berichten, dass mir blutiger Schleim abgeht, schon klar gewesen, dass ich sie im Laufe des Tages zur Geburt rufen würde und hatte schonmal vorgeschlafen. Tja, da ging sie also tatsächlich los, die Geburt. Wie aufregend. Mir kamen die Wehen immer noch so schwach vor, aber wenn sie als Hebamme meinte, dass in den nächsten Stunden unser Kind geboren werden würde, dann war das wohl so. Wir saßen alle zusammen auf der Couch und erzählten, meine Wehen kamen dabei immer häufiger, irgendwann so alle 2 bis 3 Minuten. Britta (die Hebamme) meinte, Bewegung würde mir sicher gut tun und so lief ich, in eine Wolldecke eingepackt, damit ich nicht friere, im Wohnzimmer auf und ab. Irgendwie kam ich mir dabei ganz schön doof vor. Im Laufe der Zeit testete ich dann auch den Gebärhocker, den Britta mitgebracht hatte. Ein komisches Sitzgefühl, wie auf dem Klo, aber irgendwie auch recht bequem.
Gegen 2 Uhr untersuchte Britta mich wieder. Der Muttermund war diesmal bis auf einen Saum vollständig geöffnet und der Kopf war nochmal ein Stück tiefer gerutscht. Ich konnte das alles gar nicht richtig glauben - so leicht sollte eine Geburt sein? Der Muttermund öffnet sich so weit mit solchen Wehen, die mehr unangenehm als wirklich richtig schmerzhaft sind? Wow. Britta meinte auch, die meisten Frauen wären bei diesem Muttermundsbefund schon deutlich unentspannter, als ich es sei und viele würden schon sagen, dass sie nicht mehr können und/oder nicht mehr wollen, laut stöhnen und schnaufen. Ich freute mich, dass ich offensichtlich eine leichte Geburt hatte und dachte noch, dass ich ganz sicher noch mehr Kinder kriegen würde, wenn das so einfach wäre. Ich veratmete die Wehen mittlerweile vor dem Sofa kniend, war aber immer noch recht entspannt, machte Witzchen, etc.
Um ca 3 Uhr schickte Britta meinen Mann in die Küche, um den Kaffee für den Dammschutz zu kochen und bereitete schon mal alles vor im Wohnzimmer, legte ihre Utensilien bereit und die roten Handtücher für unser Baby auf die Heizung. Für mich war das das Zeichen, dass wohl bald die Presswehen kommen würden und es somit nicht mehr lange dauern könne, bis unser Baby zur Welt kommen würde. Aber die Presswehen kamen nicht. Die Zeit verging und ich fing an, langsam ungeduldig zu werden. Auch wurden die Wehen jetzt doch langsam immer stärker und schmerzhafter. Britta hatte mich wieder zum Rumlaufen verdonnert und bei jeder Wehe hing ich mich an meinen Mann und veratmete sie laut mit einem "Uuuuuuuff". Die Zeit verging. Die Vögel fingen an zu zwitschern und im Kindergarten neben an ging das Licht an. Und keine Presswehen weit und breit. Der letzte Rest des Muttermundes wollte sich einfach nicht öffnen und Linneas Köpfchen tat sich mit der letzten Kurve durch's Becken ziemlich schwer. An diesen Teil der Geburt kann ich mich auch nur noch ungenau erinnern, ob alles zeitlich so ablief, wie ich es hier schreibe - keine Ahnung.
Meine Kräfte schwanden immer mehr, immerhin hatte ich auch schon die letzten zwei Nächte kaum geschlafen und auch mein Mittagsschlaf wurde ja durch die ersten Wehen vorzeitig beendet. So langsam kam dann auch ich an den Punkt, wo ich nicht mehr konnte und nicht mehr wollte. Mittlerweile hatte ich bei und nach jeder Wehe ein furchtbares Ziehen im Rücken und Unterleib, was ich schlimmer fand als alles andere und was sich auch nicht wegatmen ließ. Britta sagte, das sei das Köpfchen, das mit jeder Wehe ein kleines Stück tiefer rutsche. Ich selbst hatte eher das Gefühl, dass sich überhaupt nichts tue und ich fragte mich, ob Britta nicht einfach nur sagte, dass es voranging, um mich zu beruhigen. Irgendwann stülpte Britta den Saum des Muttermundes über Linneas Köpfchen, damit es weiter ging. Aber die Presswehen ließen weiterhin auf sich warten. Nach einiger Zeit konnte ich die Wehen nicht mehr veratmen, das Ziehen in Rücken und Kreuzbein war einfach zu stark, ich dachte, es zerreißt mich und ich jammerte und weinte nur noch. Mittlerweile war es draußen schon taghell. Inzwischen war ich überzeugt davon, dass es nie voran gehen würde, dass mein Kind nie geboren werden würde, es sei denn, wir würden ins Krankenhaus fahren um einen Kaiserschnitt machen zu lassen - aber Britta meinte, ich hätte es schon so weit geschafft, da würde das Krankenhaus auch keinen Kaiserschnitt mehr machen. In meiner Verzweiflung versuchte ich immer wieder, ohne Pressdrang zu pressen, weil ich es einfach endlich hinter mir haben wollte, aber das funktionierte natürlich nicht. Zu dieser Zeit muss ich wohl auch so einige komische Dinge gesagt haben, Britta erzählte mir später, ich hätte irgendwann gesagt, dass ich mich jetzt unbedingt erholen möchte und ich mich am liebsten ins Bett legen und eine TKKG-Kassette hören würde.
Wir ließen Wasser in die Badewanne laufen, in der Hoffnung, dass ich mich dort besser entspannen könne, aber bei der 2. Wehe sprang ich wie von der Tarantel gestochen aus der Wanne, weil ich es dort einfach nicht aushielt, die Wehen kamen mir in der Wanne liegend noch viel unaushaltbarer vor. Britta hatte inzwischen ihre homöopathische Hausapotheke hervorgeholt und suchte nach dem richtigen Mittel für mich. Cimicifuga war das Mittel der Wahl, das sie mir gab. Ich war mittlerweile so erschöpft, dass Britta mich fragte, ob ich mich kurz hinlegen wolle, was ich natürlich bejahte. Ca eine Stunde (laut meinem Mann - mein Zeitgefühl hatte mich schon lange verlassen) lag ich dann auf dem Sofa, den Kopf auf seinem Schoß, und veratmete im Halbschlaf die Wehen, die im Liegen deutlich weniger intensiv, aber auch deutlich weniger effektiv waren. Nach dieser Pause ging es mir viel besser. Ich hatte wieder mehr Kraft und auch die Globuli schienen zu wirken, jedenfalls war ich nicht mehr so hoffnungslos. Ich konnte wieder positiv denken und wusste, dass ich es schaffen würde und dass ein Ende absehbar war. Ich lief wieder im Wohnzimmer auf und ab und hing mich bei jeder Wehe an meinen Mann - der Gute hatte später richtig Muskelkater, weil er ja immer mein ganzes Gewicht halten musste.
Gegen 10 Uhr dann endlich die erlösende erste Presswehe. Ich setzte mich auf den Gebärhocker und mein Mann setzte sich hinter mich auf's Sofa und legte seine Hände auf meinen Bauch. Nach der ersten Presswehe, die wir so verbrachten, flüsterte er mir ins Ohr, dass mein Bauch ganz leer sei und er die Kleine nicht mehr fühlen könne, wenn ich presse. Das zu hören hat mich in dem Moment so glücklich gemacht und mir soviel Kraft gegeben - bedeutete das doch, dass es wirklich endlich vorwärts ging, dass ich auf dem richtigen Weg war und wir ganz bald unser Baby im Arm halten würden. Irgendwann fragte ich Britta, ob sie schon etwas sehen könne. Sie sagte, sie sehe einen Kopf mit schwarzen Haaren. Ich war erstaunt. Schwarze Haare? Woher hatte unser Kind Haare auf dem Kopf? Der Papi hatte doch bei der Geburt eine absolute Vollglatze! Ich fühlte selbst einmal nach, konnte aber keinen klaren Gedanken fassen und war mir nicht sicher, ob ich die Haare gefühlt hatte oder nicht. Auf jeden Fall konnte ich den Kopf fühlen und er fühlte sich glitschig an. Eine (?) Presswehe später war der Kopf dann auch schon geboren und ich konnte ihn sehen - ein Wahnsinns Anblick. Britta sagte nun, dass ich nicht mehr pressen solle, was mir nicht sonderlich schwer fiel, da mein Pressdrang nicht soo stark war.
Um 10:37 Uhr wurde dann unsere Tochter Linnea Serafina geboren. Sie hatte die Nabelschnur 1x um den Hals. Britta sagte nur "T-Shirt aus", aber ich war so überwältigt, dass ich in dem Moment gar nicht in der Lage war, irgendwas zu tun, mein Mann musste mir das T-Shirt ausziehen und im nächsten Augenblick hatte ich unsere Tochter auf dem Bauch. Mein Mann saß ja hinter mir und umfasste mich von hinten, sodass wir sie beide im Arm hielten, das war soo schön. Unser kleines Mädchen, endlich da, endlich geschafft
Die Plazenta kam dann gleich, ohne für mich spürbare Wehe, hinterher. Linnea ist dann von Britta erstmal abgesaugt worden, da die Fruchtblase erst in dem Moment geplatzt ist, wo ihr Kopf geboren wurde und sie während des ersten Atemzuges nochmal einen ordentlichen Schwapp Fruchtwasser ins Gesicht bekommen hat. Linnea ist dann auf meinen Wunsch hin recht schnell abgenabelt worden, was ich ursprünglich gar nicht wollte, aber die Nabelschnur war ziemlich kurz und drückte mir direkt auf die Klitoris, was mir extrem unangenehm war. Ich fragte Britta noch, ob ich gerissen sei, was sie verneinte und mich sehr freute. Alles, was mir bei der Geburt wichtig war, ist so gekommen, wie ich es mir gewünscht hatte - zu Hause, mein Mann ganz nah dabei, keine Eingriffe in den natürlichen Geburtsverlauf, kein Dammriss oder -schnitt!
Irgendwann später ist Linnea dann gemessen und gewogen und anschließend angezogen worden. Gebadet oder gewaschen wurde sie bewusst nicht. Die Messung ergab:
51 cm - 3410 g - 34 cm KU
Linnea hatte übrigens überhaupt keine Käseschmiere mehr, dafür ganz verschrumpelte Hände und Füße - laut Britta sind das deutliche Übertragungszeichen, also wahrscheinlich hat der 2.3. als Termin nicht so ganz gestimmt.
Mir selbst ging es nach der Geburt erstmal nicht so gut, ich bin 2x kurz ohnmächtig geworden. Einmal auf dem Sofa sitzend und einmal später, als Britta und mein Mann mich ins Bett bringen wollten, da bin ich einfach zusammengeklappt. Also hab ich dann mein Lager auf dem Sofa aufgeschlagen. Ich bin froh, dass wir zu Hause waren, denn ich denke, mit einer ambulanten Geburt im Krankenhaus hätte es eher nicht geklappt, die hätten mich so sicher nicht gehen lassen bzw ich hätte es auch nie im Leben bis zum Auto geschafft. Mal ganz abgesehen davon, dass die Geburt im Krankenhaus vermutlich sowieso komplett anders verlaufen wäre, da es ja zwischenzeitlich nur sehr langsam vorwärts ging - im Krankenhaus wäre sicherlich eingegriffen worden, in welcher Art und Weise auch immer.