HG nach Sectio

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janine
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HG nach Sectio

Beitragvon janine » Mo 10. Dez 2012, 21:01

Manche wird meinen Bericht noch aus dem alten Forum wiedererkennen, allerdings habe ich über die Zeit noch einiges hinzugefügt, immer wenn mir etwas wieder einfiel.

So, wie fange ich denn jetzt mal an, dass dies nicht so ein riesenlanger Bericht wird?!

Mal ganz sachlich: Mein E(rratener)T war der 05.02.2012 und dieser Sonntag kam und ging. Mein Befund war alles andere als geburtsreif, mein Baby war nicht im Becken, es hatte noch nicht einmal Bezug, als ich bei ET+2 eine Vorsorge mit meiner Hebamme hatte.
Als sie den Bauch tastete, hatte sie das Gefühl, das Baby ziert sich ins Becken zu wandern und sie kann sich gar nicht erklären weshalb denn nun. Sie bat mich, auch aufgrund meiner Vorgeschichte, noch einmal eine Osteopathin aufzusuchen, was ich auch tat. Mein erster Sohn kam als Schnittchen vor knapp drei Jahren obwohl eine Hausgeburt geplant war. Damals war ich jung und naiv, aber auch damals schon senkte sich mein Kind nicht ins Becken, bzw. nahm erst unter der Geburt Bezug dazu auf und wurde nach zwei Tagen mit Wehen und nur 3cm Eröffnung aufgrund eines suspekten CTGs und einer Geburtsgeschwulst aus mir geschnitten. Und ich wollte das damals dann auch noch freiwillig, weil ich dachte, es geht einfach nicht.

Jedenfalls, zwei Tage später, Freitag, ET+4 hatte das Baby guten Bezug zum Becken und nachdem ich nachmittags noch beim Yoga war, bekam ich die erste Nacht das Vergnügen mit regelmäßigen Wehen. Nun gut, an schlafen war nicht zu denken, aber ich freute mich auch. Morgens tastete ich meinen Befund, GMH verstrichen. Den Tag über waren die Wehen nur noch vereinzelt spürbar, aber schön druckvoll. Ich brachte meinen Sohn abends ins Bett und schon wurden die Wehen wieder kräftiger und regelmäßiger, wieder die ganze Nacht lang. Ich konnte aber zwischendurch hin und wieder noch dösen. Morgens tastete ich erneut, ich hatte ja doch Hoffnung, dass sich schon etwas tut. Aber, alles dicht verschlossen, obwohl ich schon gezeichnet hatte. Ich war müde und mein Freund kränkelte, also beschlossen wir, unseren Sohn für den Nachmittag zu Oma zum Spielen zu bringen. Ich wollte mich ausruhen, da die Wehen tagsüber nicht so kräftig und häufig kamen. Ich habe den Tag über viel gelegen und nur wenige Kontraktionen gehabt, die aber ganz schön ‚autsch’ waren. Leider fand ich nicht in den Schlaf. Wir beschlossen, unseren Sohn über Nacht bei Oma zu lassen, da auch mein Freund so matt war und wir das für alle als gute Lösung befanden. Abends gegen 20 Uhr wollten wir dann noch einen Film schauen, als ich begann regelmäßig alle fünf Minuten vom Sofa in den Vierfüßler zu springen um zu veratmen. Puh, dachte ich, nicht schon wieder so eine Nacht, die mir nur Schmerzen aber kein Baby bringt. Annehmen musste ich sie ja trotzdem.
Ich sagte meinem Freund, er solle den Pool aufbauen, zumindest soweit, dass ich nur noch das Wasser anstellen muss und dann schickte ich ihn aufs Sofa zum Schlafen, da ich schon wusste, dass ich nicht zu Schlaf käme. Es stresste mich zugegeben etwas, dass er gerade begann, krank zu werden. Wer konnte schon wissen, wie viele Stunden oder gar Tage das nun so gehen würde und ich brauchte doch jemanden, der mir alles andere abnehmen sollte.

Zwischen zwölf und ein Uhr fand ich zum Glück die Gelegenheit, zwischen den Wehen noch einmal wegzudösen. Danach trieb es mich komplett auf. Ich stellte das Wasser an für den Pool, ich wusste, dass es ca. eine Stunde brauchen würde. In dieser Stunde tigerte ich durch die Wohnung, stützte mich irgendwo auf und verschnaufte die Wehen. Ina Mays Tipp, wie ein Pferd zu schnauben, befolgte ich automatisch und mir fiel erst später ein, dass ich das ja mal irgendwo gelesen hatte. Um zwei war ich endlich im Pool, das war nicht schlecht! Wehe um Wehe kam und ich kam ganz gut damit zurecht, mit Geburtsfortschritt rechnete ich trotzdem nicht, weil die Nächte davor auch schon so ähnlich waren, es fühlte sich nicht groß anders an. So wehte ich einige Stunden vor mich hin. Ca. um halb fünf rief ich meine Hebamme an. Ich wusste nicht, was ich machen sollte, ich konnte mich nicht richtig ausruhen (mir fehlte ja nun schon der Schlaf der beiden Nächte davor), wollte aber auch nicht schon allzu aktiv werden, um nicht meine Kräfte zu verpulvern. Als ich mit ihr sprach hatte ich 15 Minuten keine Wehe. Sie sagte, das macht schon eher den Anschein, als wäre das noch weiteres Vorgeplänkel, ich sollte doch versuchen mich noch weiter auszuruhen. Sie wollte sowieso um 9.30 Uhr zur Vorsorge kommen, dann sehen wir weiter. Ich ging aus dem Pool und legte mich zwischen den Wehen immer wieder hin. Als mein Freund irgendwann aufstand, hing ich beckenkreisend auf dem Pezzi-Ball und stützte mich oben im Tuch ab, das von der Decke hing und war einfach nur müde, matt und fertig. Die Kontraktionen wurden einfach nicht stärker und kamen auch nicht schneller. Ich versuchte zu tasten, konnte aber nichts tasten, nur einen breiten Knubbel. Dachte erst an die Fruchtblase, das passte aber irgendwie nicht es war so wie Hartgummi, ich spürte gar keinen MuMu. Egal dachte ich, lass das stochern… . Meine Hebamme kam dann und zu dem Zeitpunkt fühlte ich mich noch matter und müder. Ich wollte einen MuMu-Befund von ihr, obwohl ich mir immer vorgenommen hatte, diesmal keine MuMu-Befunde, die sagen eh nichts aus. Jetzt wollte ich doch, ich schätzte mich selber gefühlt auf 2 cm etwa. So weit war ich bei der ersten Geburt gekommen. Sie tastete: „Hey, du hast schon richtig gute Arbeit geleistet, ca, 6-7cm schon! Das hast du dir echt verdient!“
Oh, das war gut! Nie war ich bei der ersten Geburt so weit gewesen! Der Knubbel den ich fühlte, erklärte sie mir, ist eine kleine Muttermundslippe. Sie akupunktierte mich noch und da ich gerade so müde war und mich noch etwas ausruhen wollte, fuhr sie dann erstmal wieder.
Die Kontraktionen drückten mir auf den Darm, es war unangenehm, ich wollte einen Einlauf. Also bin ich mit meinem Freund zur Apotheke gegangen um einen zu holen (400m). Ich fand den kleinen Spaziergang an der kühlen Februar-Luft erfrischend und ich wurde etwas wacher. Die Wehen auf dem Weg dorthin waren richtig knackig. Ich konnte während einer Wehe keine fremden Menschen um mich herum ertragen, stützte mich abwechselnd auf Zäune und Mauern ab, die auf dem Weg lagen. Während ich vor der Apotheke wartete überrollte mich eine Wehe und ich dachte nur, Himmel, wo bleibt der, nicht noch so ein Ding hier an der befahrenen Hauptstraße am helllichten Tage. Wir mussten sofort wieder nach Hause. Drei Wehen auf dem Heimweg, sie kamen schneller, auf dem Hinweg waren es nur zwei. Ich hoffte insgeheim, das Treppenhaus ohne Wehe zu schaffen, aber schon im ersten Stock begrub ich diese Hoffnung und tönte laut.
Endlich wieder im dritten Stock verpasste ich mir den Einlauf, schaffte es, ihn zwei Wehen zu halten und ging dann auf Toilette. Danach konnte ich mit dem Schmerz wieder sehr viel besser umgehen, es fühlte sich nach mehr Raum an. An Ausruhen war nicht mehr zu denken ich wurde aktiver. Mein Freund pumpte den Pool aus der Nacht leer, das Wasser war zu kalt geworden. Man merkte ihm seine Krankheit nicht mehr an, sein Körper hatte wohl auch mal eben entschieden, dass andere Dinge gerade wichtiger waren. Zum Glück. Er war einige Zeit mit der Handpumpe beschäftigt und ich ließ mir erstmal Wasser in die normale Wanne ein, ich brauchte Wärme nach dieser Eiseskälte draußen.
Es klingelte an der Tür, mein Freund betätigte den Summer, wartete dann in der Tür. Es kam jemand die Treppe herauf, er wollte uns einen besseren Stromtarif anbieten…ich tönte laut, mein Freund sagte, es wär gerade schlecht, meine Freundin bekommt ein Kind. Der Typ machte noch im Hochkommen auf der Treppe wieder kehrt. :bgrin:
Ich war also einige Zeit alleine im Bad in der Wanne und ‚arbeitete’. Irgendwann rief ich nach meinem Freund, er soll unsere Hebamme anrufen, ich weiß nicht mehr wohin mit mir und dem Schmerz. Übrigens verspürte ich den nur im Rücken und gegen Ende der Wehe presste mein Körper schon etwas mit. Die Wanne war zu klein, der Boden zu hart, ich war zu wenig unter Wasser, liegen hielt ich nicht aus. Sie wollte mich sprechen aber ich konnte nicht mehr, ich musste zu laut tönen. Das hat sie wohl auch so sofort überzeugt loszufahren.
13:20 Partner meldet sich, Wehen sind kräftiger geworden, Gebärende wünscht dass ich kommen soll. (in kursiv die Notizen der Hebamme)

Ich wechselte dann bald in den Pool im Schlafzimmer, der wieder für mich gefüllt war, ich tönte laut auf „Jaaaaaaa“ und die Bewegungsmöglichkeiten waren richtig schön, immer war mein Rücken sehr schön warm.

Irgendwann kam endlich meine Hebamme ins Zimmer.
14:35 Anwesend. Gebärende ist im Geburtspool, Wehen alle drei Minuten mittelkräftig bis kräftig, ca. 90 sek. lang.
Ich wollte, dass sie die Herztöne hört, die waren bestens. Dann wollte ich wieder einen Befund: MuMu hinten komplett verstrichen, aber vorne eine ziemlich geschwollene MuMu-Lippe. Was kann ich jetzt machen? Ich wollte jetzt eigentlich gebären und so etwas stand nicht auf meinem Wunschzettel. Sie sagte mir, ich könne versuchen, in den Wehen die Lippe wegzumassieren.
14:40 Gebärende wünscht VU: MM (Muttermund)fast vollständig eröffnet, Saum im vorderen Bereich. Blase steht, VTK (vorangehender Teil des Kindes) auf BE (Beckeneingang)
14:50 FHF (Fetale Herzfrequenz) 135-145spm direkt nach der Wehe. Gebärende fühlt sich wohl und zufrieden, ist aber gleichzeitig auch etwas ungeduldig. Spreche ihr positiv zu, soll versuchen mal Urin zu lassen. Partner massiert und unterstützt seine Frau.
Gebärende versucht MM-Lippe zu massieren, MM will nicht nach der Wehe geöffnet bleiben.

Ich bekam den Tipp, die nächsten Wehen auf der linken Seite zu lagern und schön zu veratmen. Ich hatte das Gefühl, das bringt mir überhaupt nichts, es ist eher unangenehmer, ich wollte aus dem Pool raus.

15:10 Gebärende kommt aus dem Pool, will laufen und sich bewegen, geht immer wieder tief in die Hocke.

Langsam bekam ich immer stärkeren Pressdrang, es war ca. 15.00 Uhr. Die Lippe wurde weicher, aber ich bekam sie nicht weg, während ich zwischen den Wehen durchs Zimmer ging. „Was kann ich machen“, fragte ich wieder. Sie sagte „Geduld haben. Vielleicht springt ja auch bald die Blase, das könnte dir helfen, da der erhöhte Druck das Köpfchen an der Lippe vorbeibringen kann.“ Ich weiß nicht, ob ich in der nächsten Wehe noch fordernder massiert habe oder ob es einfach so sein sollte: Mit der nächsten Wehe sprang die Blase. Reichlich klares Fruchtwasser und ich konnte das Köpfchen tasten, das war schon sehr ergreifend aber auch beängstigend, was ich kundtat. Point of no return. Aber es verschaffte mir ein paar Minuten Ruhe.
15:19 Blase springt in der Wehe, Abgang von klarem FW, Gebärende meldet kurz Bedenken an.

Nur bewegte sich jetzt, wie vorher die stehende Blase, der Kopf in jeder Wehe weit runter, aber ich konnte die Lippe nicht so weit zurück halten, dass er dort stehen blieb und er rutschte wieder und wieder hoch. Ich massierte ja immer noch die MuMu-Lippe, ich war mit meinen Fingern also mitten am Geschehen. So ging es einige Zeit, zwischendurch wechselte ich noch mal in den Pool und lagerte auf der linken Seite. Irgendwie gefiel es mir nicht so, der Pool war mir zu weit, es gab zu wenig Halt und es war zu warm.
15:25 Gebärende will und muss sich bewegen, läuft umher, tönt und atmet ruhig, wirkt noch sehr kraftvoll.
15:45 FHF 135-145spm, UB+ (??)
16:00 Besprechen und beratschlagen, was und wie man unterstützen kann.
Wehenaktivierung, Eisenkrauttee, Brustwarzenstimulation, Bewegung
16:15 beim massieren des MM fängt Gebärende an zu zeichnen, dunkelrot. Aconitum C30 oral

Mittlerweile zeichnete ich ordentlich, meine Hebamme meinte, es käme, weil ich meinen MuMu bearbeite. So langsam wurde ich fordernder und verzweifelter. „Sch*** drauf, ich press den Kopf jetzt daran vorbei, kann man das machen?“, fragte ich. Sie sagte „du kannst mit deinem Baby machen, was du möchtest und für richtig hältst!“

16:30 zeichnet nun stärker, empfehle nun erstmal auf die linke Seite zu gehen. Geht in den Pool. 5 Globuli Kaliumcarbonicum. Gebärende wird ungeduldig, will aktiv mitschieben.
16:45 FHF 135-150spm direkt nach der Wehe. Wehen alle zwei bis drei Minuten kräftig ca. 50-60 sek. lang.

Also presste und presste ich mit jeder Wehe. Es tat sich nichts, ich spürte es selber. Zwischendurch bewegte ich mich durchs Zimmer, in der Wehe presste ich in der Hocke oder auf den Knien. Ich ging auch noch mal in den Pool. Herztöne immer noch super. Mein Kind kam einfach nicht runter. Meine Hebamme meinte nach einiger Zeit, ich solle doch erstmal aufhören so stark mitzupressen, nicht dass sich eine Geburtsgeschwulst bildet. Dem Kind geht es gut, es braucht einfach seine Zeit vielleicht.
16:55 Gebärende schiebt immer noch mit, halte sie an, eine Pause zu machen, frage ob ich mal tasten kann: VTK auf BE, vordere MM-Lippe hat sich deutlich zurückgezogen. Leichte Geburtsgeschwulst.
17:00 FHF 125-145spm direkt nach der Wehe, sehr kräftige und undezeleratorische FHF, sitzt auf dem Hocker. Gebärende wird traurig über den langsamen Geburtsfortschritt, will aber immer noch zuhause bleiben auf Nachfrage.


Sie riet mir dazu, auf der linken Seite lagernd die nächsten Wehen wegzuatmen. Also legte ich mich ins Bett und krallte mich in den Wehen in das Gestänge am Kopfende.

17:17 bewegt sich noch mal auf die linke Seite, Wehe alle zwei bis drei Minuten. FHF 135-140spm

Meine Hebamme gab mir den Tipp, mich in den Wehen mit der Ausatmung rund zu machen und mich mit der Einatmung zu überstrecken.
Das war die schlimmste Phase in der Geburt. Es war wirklich die Hölle, ich dachte daran aufzugeben. Ich konnte dem Schmerz nicht standhalten und mich ihm auch nicht hingeben, ich jammerte die Wehen zu Ende. Mein Freund saß am Fußende des Bettes an die Wand gelehnt und strich sich sorgenvoll durch die Haare, er merkte mir die Verzweiflung an und konnte mir einfach nicht helfen. Ich dachte wirklich daran, mich verlegen zu lassen. Doch, was sollte mir da blühen? In diesem Zustand überhaupt etwas anzuziehen, die Wohnung zu verlassen, ein Transport? Unvorstellbar. Was würde dort mit uns gemacht? Ist ja nicht so gewesen, dass ich dort im KH in Ruhe mit etwas Schmerzmittel zu Ende gebären hätte dürfen. Da hätten sie sicher sofort geschnitten und vermutlich nicht nur den Damm sondern direkt den Bauch…ich hatte jetzt seit über zwei Stunden Presswehen.
Ich bekam Angst vor jeder nächsten Wehe, sie waren zu heftig. „Ich kann nicht mehr“ sagte ich, „ich schaff es einfach nicht“. Meine Hebamme hatte mir in den Wehen den unteren Rücken massiert. Sie bemerkte wie ich mich aufgab. Sie sagte, „du, es ist deine Geburt, mach, wie du es möchtest. Natürlich kannst du aufstehen.“

17:30 Gebärende steht wieder auf und läuft umher. Liegen macht sie passiv und frustriert sie sehr. Soll noch etwas Geduld haben.

Ich begann in der Wohnung herumzustreunen. Dies war der Zeitpunkt, den mein Freund später mit „ ….und dann wurde es unheimlich, irgendwie animalisch, als wäre ein Tier in der Wohnung“ beschreiben würde. Mit der Bewegung kam ich deutlich besser damit klar, die Wehen wegzuatmen.

17:45 Veratmet die Wehen gut

Ich merkte, dass ich noch so viel Kraft hatte und sagte es auch laut. Überhaupt hatte ich gefühlt nichts von diesem tranceähnlichen Zustand, ich war voll da. Immer noch tat sich nichts, ich lief herum, der Kopf trat nicht tiefer. Kein Kreissaal der Welt hätte mir diesen Auslauf geboten, ich machte einige Meter… . Herztöne super. Es motivierte mich so, dass mein Baby offensichtlich so gut mitmachte und ich konnte auch seine Bewegungen noch gut spüren.
Irgendwann kam ich im Flur zum Knien. Ich fing an zu schimpfen, „Baby, jetzt komm endlich da raus! Ich will dich sehen, dich riechen, will wissen ob Junge oder Mädchen, will dich halten und küssen und stillen und deinen weichen Kopf streicheln. Es reicht mir jetzt, rutsch runter!“ Hinter meinem Rücken hörte ich meinen Freund und die Hebamme schmunzeln.
18:00 spreche nochmals mit der Gebärenden, dass soweit alles gut ist. Wehen haben etwas nachgelassen, alle drei Minuten ca. 40 sek. lang, ruft kraftvoll nach ihrem Kind und möchte es stillen

In der nächsten Wehe kniete ich zwischen einem Türrahmen und ich hörte ein dumpfes Knacken aus meinem Steißbein. Sofort bekam ich leichten Druck auf den Damm. So, jetzt reicht es mir, jetzt press ich wieder mit!!

18:05 Nach einer kräftigeren Wehe fällt der Gebärenden plötzlich auf, dass es geknackt hat und der Kopf sehr tief gerutscht ist.
18:10 VU: VTK steht BB(Beckenboden), VTK hat Geburtsgeschwulst


So presste ich wieder und es tat sich Stück für Stück etwas. Ich verzog mich ins Kinderzimmer, dort war es angenehm dunkel und kühl. Fötus-Ausscheide-Reflex, wo bleibst du?? Es ist dunkel, ich bin allein, es ist eng hier, wenn nicht jetzt, wann dann? :) Lass es drei oder vier Wehen gewesen sein…ich merkte wieder - bei aller Kraft, die ich noch hatte, aber ich wusste sie nicht richtig einzusetzen - ich schaffe es so nicht. Ich lief zurück ins Schlafzimmer, dort stand der Gebärhocker. Meine Hebamme kam hinzu, sie merkte, dass ich Hilfe brauchte. In der Wehe gab sie mir Unterstützung: Ich holte Luft und presste, solange sie „weiter-weiter-weiter!!“ anfeuerte und „noch mal Luft und weiter-weiter-weiter…!!.“.

18:15 FHF nach der Wehe 115-120spm, unterstütze die Gebärende aktiv mit Worten. Gebärende hockt tief, setzt sich zwischendurch auf den Hocker. Wehen alle zwei Minuten kräftig

Ich konnte so optimal mitpressen und verschwendete keine Kraft mehr, ihre Anfeuerungen waren optimal für mich. Leise kamen von ihr die Anweisungen an meinen Freund, „hol mal die warmen Handtücher.“

18:20 VTK schneidet langsam ein

In den Wehen half sie mir weiter beim Pressen und motivierte mich und in den Pausen wies sie mich darauf hin, dass ich ruhig atmen sollte, weil ich langsam wirklich außer Puste war. Auf einmal bekam ich einen riesigen Druck auf den Damm, mit den nächsten drei Presswehen presste ich dann das Köpfchen heraus. Ich fasste instinktiv zwischen meine Beine. Es war ein unglaubliches Gefühl, auch wenn es höllisch brannte, dieser warme weiche Kopf und mein Baby hatte seine Hand in Denkerpose. Ich wollte den Körper ohne Wehe hinterher pressen, das ging aber nicht. Ich wartete auf die nächste Wehe und auch hier tat sich nichts, die Schulter steckte noch fest. Ich jammerte, meine Hebamme sagte, ich solle einmal hoch auf die Beine, mich hinstellen, dann wieder runter, dann half sie kurz mit und meine Tochter war geboren! Es war 18:28 Uhr.

18:28 partus aus I. vHHL
Lasse Gebärende aus der Hocke hinstellen, damit die Schulter nachrutscht, Kind hat Arm am Hals liegen,

Ich sah sofort, dass es ein Mädchen ist, sagte es laut und rief ihren Namen. Ich dachte immer, ich würde einige Zeit brauchen, bis ich mir mein Kind nehme. Es war mir wichtig und daher vorher abgesprochen, dass ich sie mir selber hochnehme. Ich wollte sie aber sofort halten und bückte mich zu ihr hin, während meine Hebamme ein ‚bleib hier!’ verlor. Obwohl ich ein gutes Gefühl hatte überkam mich ein leichter Anflug von Panik, da ich dachte, sie meint meine Tochter. Ich hob sie auf und sprach sie an, beguckte sie. Sie war nicht blau, aber sie atmete auch noch nicht, sie zappelte nicht, aber ihre Körperspannung war gut. Ihr Kopf sah sehr schlimm aus, er war sehr langgezogen und hatte ein riesiges Hämatom. Ich hielt sie ihm Arm, ihre Augen waren geschlossen, aber ich konnte ihren Herzschlag spüren. Ich küsste sie und gab ihr meinen Atem, sie gurgelte. „Streichel ihren Rücken“, flüsterte meine Hebamme. Ich fragte, ob ich mir Sorgen machen müsse und die Hebamme antwortete mit nein. Ich stimulierte sie etwas und versuchte sie mit dem Mund etwas abzusaugen und gab ihr wieder Atem. Dann schaute sie mich an und begann zu atmen.
Da war sie also, ich hatte mein Kind geboren. Ich selber!

Tonus schlapp, Farbe blassblau, & erholt sich, Gebärende hat Kind hochgenommen, schnell auf dem Arm der Mutter. HF kräftig über 120 spm, abgesaugt, nach drei Minuten rosig und Tonus mit Spannung und aktiv, Gebärende spricht mit dem Kind, küsst es.
18:55 Gebärende mit Kind umgelagert ins Bett, Aconitum C30 und Arnica C30 an die Mutter gegeben, lang ausgezogenes Hinterhaupt und leichte Geburtsgeschwulst



Mein Freund und die Hebamme halfen uns ins Bett, wobei ich noch mal einen ordentlichen Schwall Fruchtwasser verlor. Ich hatte meine Tochter auf der Brust. Sie war schlapp aber nicht schlaff, wollte nicht trinken und schien einfach zu schlafen. Ich machte mir aber keine Sorgen, es fühlte sich richtig an, nach dieser langen Geburt konnte ich ihre Müdigkeit nachempfinden. Wir ließen die Nabelschnur auspulsieren, was 2,5 Stunden dauerte. Diese Zeit war leider nicht so besonders schön für mich, da die Wehen doch sehr deutlich, regelmäßig und schmerzhaft waren. Das hatte ich mir irgendwie schöner vorgestellt.

19:00 Gebärende hat kräftige Nachwehen, Nabelschnur pulsiert immer noch kräftig
19:30 Kind ist rosig, fit, Gebärende versucht anzulegen.
20:00 Ns pulsiert immer noch


Trotzdem wollten wir wegen des Hämatoms und der anstrengenden Geburt und den fehlenden Stillversuchen auf keinen Fall früher abnabeln. Die Hebamme wies mich immer wieder darauf hin, die Wehen anzunehmen, dankbar zu sein. Irgendwann, als wirklich nur noch ein ganz feiner Pulsschlag zu spüren war, bereitete sie das Abnabeln vor. Als sie mit der Schere in unsere Nähe kam, warf meine Tochter ihr einen Blick zu, der mehr als tausend Worte sagte. Ich habe es gesehen, das kann man wohl nur glauben, wenn man dabei war, denke ich. Die Hebamme war sensibel genug, es zu merken und zog sich respektvoll noch etwas zurück. Als es dann soweit war, schnitt mein Freund die Nabelschnur durch und hielt die Kleine und ich brauchte nur auf die Knie zu kommen, drückte einmal an und da war die Plazenta auch schon da. Was für eine Erleichterung! Jetzt war ich endlich sicher, denn es war kein schönes Gefühl, so lange zu warten und nicht zu wissen, ob doch noch etwas schief läuft.

20:30 abgenabelt, Plazenta folgt spontan und augenscheinlich vollständig, Eihäute auch, 60cm Nabelschnur, leichte Verkalkungen, Uterus fest, 1 QFuN, Blutung normal

Sie war vollständig und herzförmig, nicht allzu groß und meine Hebamme erklärte mir die Details. Es war interessant. Dann ging ich duschen und mein Damm und meine Labien wurden mit je einem Stich genäht, ich wollte es so, man hätte es auch lassen können.

20:45 Mutter duscht, Kreislauf stabil, Bett bezogen
21:00 Damminspektion, DR I.Grades, Labienriss, zwei Knopfnähte


Ungefähr 3-3.5 Stunden nach der Geburt wurde dann noch die U1 gemacht, die Kleine blieb auf meiner Brust: 3460g und 51cm, 37 cm Kopfumfang. Die Kopfverformung war schon deutlich wieder zurückgegangen. Wir einigten uns darauf, ihr wegen des Hämatoms eine kleine Dosis Vitamin K zu geben, auch wenn wir eigentlich alle keine Fans davon waren. Wir wusste ja nicht, wie schnell und viel sie noch trinken würde.
21:30 U1 oB, Hinterhaupt stark verschoben, Osteopathische Behandlung empfohlen
21:45 Mutter geht zur Toilette
22:00 Mutter stillt, klappt gut <3

Die Hebamme fuhr dann und wir waren mit unserer Tochter alleine. Endlich fing sie an zu trinken und trank eine Stunde. Dann schlief sie bis zum nächsten Morgen in meinem Arm, erst danach wusch ich sie sauber und wir kuschelten dann die nächsten drei Tage nur mit Windel bekleidet weiter.


Meine Hebamme sagte mir dann noch im Gespräch hinterher, dass sie selber in ihrer Statistik auffallend häufig Frauen nach KS mit MuMu-Lippen hat. Weil das Gewebe sich unter der Narbe einfach anders verhält als ohne Narbe und der Muttermund so ungleichmäßig eröffnet.
Naja, und das blaue Köpfchen war meine Schuld, ich habe viel zu früh viel zu viel gewollt und zu doll gepresst. In meinem Kopf war mir Beginn der Presswehen leider sowas wie 'na endlich, jetzt dauerts nur noch eine oder zwei Stunden' und nachdem ich dann einige Zeit nicht mitschob, tat ich es dann umso mehr, erfolglos. Damit habe ich ihr wohl das Köpfchen ordentlich gestaucht... .
Mein Freund, der seitdem immer mal wieder bemerkt, dass die Geburt wohl das Eindruckvollste war, was er in seinem Leben bis jetzt gesehen hat, sagte, mehrere Wehen lang hat er einfach nur Kopf, kein Gesicht, gesehen. Der war unglaublich lang ausgezogen.


Und woran die Länge der Geburt nun lag, vor allem der Austreibungsphase, das kann ich nur erahnen.
Caro aus dem alten Forum recherchierte da irgendwas von Wehenschwäche aufgrund von Calciummangel. Ob was dran ist, keine Ahnung, aber laut Notizen meiner Hebamme hatte ich alles andere als schwache Wehen.

Ich glaube, es ist wohl eine Mischung aus Kind-nicht-loslassen-wollen (ich bin soo gerne schwanger), großer Kopf (37cm) und nicht allzu weitem Becken meinerseits. Meine Hebamme meinte hinterher auch mal, mein Becken sei wohl enger als es von Außen so den Anschein macht.
Das ‚Bleib hier’ als ich mein Kind aufheben wollte, galt übrigens mir, weil die Hebamme nicht wollte, dass ich aufstehe und somit die Nabelschnur unter Spannung gerät.

So, allen, die es bis hierher geschafft haben: Danke fürs Lesen :applaus:

Ein herzlicher Dank gilt Yvonne, dem weib1969h, die mich die gesamte Schwangerschaft so toll unterstützt hat und mich sogar ins KH begleitet hätte, wäre es denn soweit gekommen. :lu:

Und, was denkt ihr, was wäre woanders als zuhause passiert? Wann wären sie das erste Mal unruhig geworden? Wenn sie gehört hätten, dass ich im Zustand nach Sectio „schon“ acht Tage über ET bin und bereits seit drei Nächten nicht geschlafen habe? Wenn nicht deshalb, dann, weil ich immer noch nur 6cm eröffnet war? Wegen der dicken Muttermundslippe? Oder erst nach der ersten Stunde Presswehen? Oder nach der zweiten? Oder nach der dritten? :lol3: Saugglocke oder Gezerre am Kindskopf, als die Schulter nicht nachrutschte? Oder, wenn ich warum auch immer, damit durchgekommen wäre, hätten sie mir dann mein Kind aus den Händen gerissen wegen des Hämatoms? Oder, wenn auch das nicht, hätten sie dann Stress gemacht, weil die Plazenta über zwei Stunden brauchte?
Man, hatte ich ein Glück, dass ich zuhause war. Denn ich glaube schon, für meine Tochter war es schwer. Aber ich glaube auch, hätte man sie mir genommen und sie noch zusätzlichem Stress ausgesetzt…dann wäre es ihr noch viel schlechter gegangen. So hat sie sich ja sehr zügig erholt.

Was diese Geburt, mit der Planungsphase, dem Informieren, dem Suchen nach der Hebamme, mit ihrem schlichten Erleben und dem Verarbeiten für mich bedeutet hat, lässt sich kaum in Worte fassen.
Um mich einmal in diesem Bericht wirklich kurz zu fassen: Es war gewaltig und es gab mir Zuversicht, Hoffnung und auch Glauben. Und Heilung.
2009 abgebrochene HG, sek. Sectio
2012 HG

Antonia

Re: HG nach Sectio

Beitragvon Antonia » Mo 10. Dez 2012, 21:09

Vielen Dank für diesen kraftvollen, intensiven, großartigen Geburtsbericht!!!
:clap: :herzen: :rainbow: :flagge:

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Re: HG nach Sectio

Beitragvon Schneekönigin » Mo 10. Dez 2012, 21:41

Klasse Bericht. :danke: In der kürzeren Version kannte ich ihn ja bereits. Es ist, als wäre man Mäuschen bei euch in der Wohnung. :D :rosabrille: Streckenweise echt amüsant - "Die Gebärende... ruft nach ihrem Kind und möchte es stillen." :grins:
* 04/08 7. SSW
Winterling 28.02.09 einfache, spontane Belegeburt im KH
Schneeprinzessin 02.01.11 schnelle, spontane Beleggeburt im KH
Schnuppe 01.05.13 traumhafte, unkomplizierte Alleingeburt im Pool
Blümchen 19.08.15 erkämpfte, wundervolle Alleingeburt im Pool

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Re: HG nach Sectio

Beitragvon Glühwürmchen » Mo 10. Dez 2012, 22:26

:applaus: Wow, so ein toller Bericht!!! :rainbow: Sehr kraftvoll und mut machend!
Und sehr interessant die Notizen der Hebi zwischendrin :daumen:
Vielen Dank für's Teilen!
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Re: HG nach Sectio

Beitragvon die eule » Mo 10. Dez 2012, 22:53

unglaublich :rainbow: :flagge:
*7/2010* die Große, HG
*6/2014* der Wilde, AG
*11/2017* die Verrückte, HG

Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.
- George Bernard Shaw -

janine
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Re: HG nach Sectio

Beitragvon janine » Di 11. Dez 2012, 10:36

Schön, dass er euch gefällt!

Hier übrigens der Bericht meiner ersten Geburt
http://www.hausgeburtsforum.de/viewtopi ... =39&t=3220
2009 abgebrochene HG, sek. Sectio
2012 HG

Brownie79
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Re: HG nach Sectio

Beitragvon Brownie79 » Di 11. Dez 2012, 11:07

Das liest sich wirklich toll und macht Mut für eine HG nach KS!! Danke fürs Teilen!! :rainbow:
Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt, und drittens so wie es das Kind will!!!!

03/12 Kleiner Superdrache (abgebr. HG mit KS)

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Re: HG nach Sectio

Beitragvon Aura » Di 11. Dez 2012, 11:25

Danke für diesen tollen, ausführlichen Bericht!! :flagge: Im KH hätten sie dir sicher nicht die nötige Ruhe und Zuversicht für die Geburtgelassen, die du offenbar gebraucht hast.

Macht mir sehr viel Mut !

Alles Gute für euch und eure Kleine :rainbow: !!
Bub 06/13 HG
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Babylein 06/21 HG geplant

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uvd
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Re: HG nach Sectio

Beitragvon uvd » Di 11. Dez 2012, 11:29

vielen vielen dank!!
das kann anderen nur mut machen :herzen:

chantal
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Re: HG nach Sectio

Beitragvon chantal » Di 11. Dez 2012, 12:11

Danke für's Teilen!


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