Unsere erste Tochter musste wegen eines vorz. BS in der 35+3 SSWo trotz geplanter HG im KH zur Welt kommen, leider mit allen Schikanen wie PDA und Saugglocke und anschließendem Aufenthalt in der Kinderklinik für 6 Tage, die zu den schlimmsten meines Lebens gehören. Ich hab viel zu knabbern gehabt an dieser Erfahrung und einiges getan, um das Trauma zu überwinden.
Umso schöner, dass ich ganz unverhofft wieder schwanger wurde, als unsere "Große" gerade 7 Monate alt war
Natürlich war klar, dass dieses Baby zuhause zur Welt kommen sollte und ich hoffte auch von Anfang an, dass eine schöne Geburtserfahrung heilsam für uns alle sein könnte.
Nach einigem Bangen, ob es denn nicht wieder früher los geht oder zum Blasensprung kommt, konnte ich meine Schwangerschaft tatsächlich bis in die 40.SSWO genießen. Diesmal, so spürte ich, ist alles ganz anders! Schon die Schwangerschaft war eine ganz andere Erfahrung als die letzte und als ich die magische 37+0 erreicht hatte, fiel eine riesige Last von meinen Schultern.
Ich hatte schon einige Tage vor der Geburt das Gefühl, mein Körper bereitet sich gut darauf vor und alles reift für die Geburt. Am Morgen des 10.08. hatte ich aber dennoch nicht für möglich gehalten, dass es heute soweit sein könnte.
Wir erwachten gegen 7:30 und ich hatte noch im Bett eine Kontraktion, wie ich sie schon seit Tagen immer wieder mal hatte, veratmet. Danach drehte ich mich um und verlor etwas Flüssigkeit. Mein Liebster bemerkte es gleich und fragte: "Blasensprung?" Ich:" Weiß nicht, ich geh erst mal aufs Klo." Zunächst war ich mir nicht ganz sicher, weil nichts mehr nachlief, aber der Geruch war dann doch aussagekräftig, jepp: Blasensprung!
Wir freuten uns über den überraschenden Beginn und beschlossen ganz wie immer mit unserer Großen in den Tag zu starten und zu frühstücken. Ich rief noch meine Hebamme, Freundin und Kollegin S. an um Bescheid zu geben, sagte ihr aber, dass wir uns später wieder melden würden, ich hätte ja noch nicht mal Wehen.
Kaum aufgelegt, starteten diese dann zunächst noch sanft, da war es 8:10
. Unser Mini wollte also tatsächlich kommen!
Wie toll, ausgeschlafen in die Geburt zu starten! Perfekt!
Wir riefen dann R.'s Oma, damit diese sich um R. kümmern konnte, während wir "beschäftigt" waren. Mein Liebster beschloss noch, das Bett neu zu beziehen und ein bißchen durchzusaugen, damit alles ordentlich sei wenn's losgeht.
Und wie es losging! Kaum war die Omi da und hatte R. mit sich in den Garten zum spielen genommen, musste ich jede Wehe schon konzentriert beatmen und tönen. Bereits ziemlich früh spürte ich das Baby nach unten ins Becken drücken und hatte ziemliche Schmerzen im Kreuzbein. Ich wanderte also umher, veratmete Wehen und musste alle paar Minuten auf's Klo, Körper wollte sich entleeren.
Immer wieder musste ich an meine Familie und einige enge Freunde denken, die ich eingeweiht hatte, dass es jetzt losging. Ich musste lächeln, wissend, dass sie mit mir atmeten, schwitzten und mit ihren Gedanken bei mir waren. Das hat mir irgendwie die ganze Geburt über viel Kraft gegeben. Zwischen den Wehen genoss ich die Morgensonne, die durch die Fenster fiel.
Ein weiterer Anruf bei meiner Hebamme um ihr zu sagen, dass ich nun regelmäßige Wehen alle 3-4 Minuten hatte. Sie wollte ihren kleinen Sohn zu ihren Eltern bringen und dann gleich zu uns kommen. Da sagte ich noch: "Kein Problem, ich komm hier noch klar."
Meinen Freund trieb ich mittlerweile zur Eile an, er machte alles ultragründlich und ich sagte ihm mehrmals:" Mach's jetzt nicht sooo gründlich, ich brauch dich bald!" Er:" Ja, ich hab's gleich!" Voll in seinem Element, mir die Wohnung schön gebärtauglich zu machen
!Er ließ mir dann noch Wasser in den Pool, denn ich sehnte mich mittlerweile nach entspannendem, warmem Wasser. Bei jeder Wehe musste ich jetzt mittönen (oder eher röhren
) und spürte einen unheimlichen Druck in den Beckeneingang. Oft hockte ich mich hin und lockerte mein Becken, das tat gut! Als mein Liebster endlich fertig war, heulte ich schon, dass ich das nicht schaffen werde...da war's so ca. 9:45. In der nächsten Wehenpause sprang ich rasch in den Pool, mein Freund war dann die ganze Zeit bei mir und atmete mit mir.
. Schon sehr bald, hatte ich das Gefühl, mitschieben zu müssen, konnte es aber kaum glauben. Bei R.'s Geburt hatte ich zwar stundenlang Preßdrang, aber sie kam nicht ins Becken und wurde schlussendlich nach vielen Stunden per Saugglocke geholt. Davor hatte ich natürlich Angst - wieder drücken zu müssen, ohne dass Baby schon soweit ist.
Dennoch konnte ich den Drang mitzuschieben kaum unterdrücken, mein Freund sagte mir immer wieder, ich solle lieber noch nicht mitschieben, sondern mit ihm atmen (auch ihm steckte eben unsere KH-Erfahrung in den Knochen). Schließlich tastete ich selbst nach dem Köpfchen und konnte spüren, dass es gar nicht sooo weit entfernt war
. Mein Körper übernahm dann einfach für mich und schob nach unten, ob ich wollte oder nicht! Ich spürte meine Sitzbeinhöcker zur Seite weichen und mein Becken sich weiten - ein irres, kraftvolles Gefühl!
Zwischendurch rief dann irgendwann noch die Mutter meiner Hebamme S. an um uns zu sagen, dass S. auf schnellstem Weg zu uns sei und wir durchhalten sollten
. Um 10:20 dann hörte ich S. die Treppe hochflitzen und sie mich schreien, tönen, knurren
. Trotz aller Hektik strahlte sie wie immer große Ruhe aus und allein der Blick in ihre Augen gab mir Zuversicht und Mut für alles Kommende. Sie setzte sich neben den Pool, hörte kurz Herztöne (die natürlich prächtig waren) und fragte, ob ich selbst mal gekuckt hätte, wie tief das Köpfchen sei. Ich sagte ihr, ich sei ganz unsicher und bat sie noch einmal zu tasten, was sie vorsichtig tat. Daraufhin sagte sie nur: "Alles prima, mach einfach so weiter, es kommt."
Tja, ich konnte auch gar nicht anders, mein Körper schob das Baby ganz allein raus, ich machte lediglich mit und tastete immer wieder nach dem Köpfchen, das sich mir mit vielen weichen Haaren immer mehr entgegen wölbte. In nahezu jeder Wehe änderte ich meine Position, kniete, hängte mich ins Tuch, beugte mich vornüber, lehnte mich nach hinten.... Mein Freund sagte mir später, er sei sicher, das hätte dem Baby super raus geholfen, wenn es auch akrobatisch aussah.
Die ganze Zeit schob ich das Köpfchen in meine eigenen Hände, niemand sonst berührte uns und das war wundervoll
. Ich bat meinen Liebsten noch, ein Foto vom Köpfchen zu machen, zwischen den Wehen hatte ich erstaunlich lichte Momente...
Das Brennen wurde immer stärker und dennoch war diese Phase der Geburt rückblickend die tollste, so kraftvoll hab ich mich noch nie gefühlt! Mit einer starken Wehe war der Kopf geboren und mit der nächsten flutschten Schultern und Körper aus mir heraus. Dieses letzte durchrutschen empfand ich als unheimlich schön. S. half mir, die Nabelschnur von den Schultern zu wickeln, allein war ich dazu nicht in der Lage, und dann nahm ich unser Baby aus dem Wasser auf meine Brust. Es war 10:37 und die Welt stand für einen Moment still.
Nach einigen Sekunden ein kurzer, zaghafter Schrei, dann atmete unser Baby ruhig und war ganz entspannt. Ich lugte nach einer Weile nach dem Geschlecht - wir hatten wieder ein Mädchen bekommen
.Diese schnelle Geburt hat mich ganz schön überrumpelt, ich war regelrecht perplex, da ein Baby im Pool schwimmen zu sehen
. Dennoch empfand ich grenzenloses Glück unsere kleine F. im Arm zu halten. Da die Nabelschnur sehr an mir zog, nabelte mein Freund mit S.'s Hilfe nach dem auspulsieren ab und ich legte mein Mädchen gleich an. Ein Naturtalent wie ihre Schwester! Das Genuckel verhalf mir auch zu ordentlichen Nachwehen und so stand ich nach einer Weile auf und drückte die Plazenta heraus, S. fing sie spritzfrei auf
.Ich stieg aus dem Pool und wir drei machten es uns auf der eigens dafür vorbereiteten Matratze bequem. Natürlich durfte jetzt auch meine Schwiegermutter, die auf die (inzwischen eingeschlafene) R. aufgepasst hatte, ihr zweites Enkelkind begrüßen (wir stehen uns sehr nah). Auch sie war überglücklich, kam sie doch genau im Moment des ersten Schreis wieder vom Spaziergang mit R. zurück!
Wir genossen unsere ersten Stunden zu dritt ungestört, S. erledigte den Schreibkram im Nebenzimmer und sah ab und zu nach uns.
Eine kurze Untersuchung einige Stunden nach der Geburt ergab, dass ich nur einen kleinen Dammriss hatte, den wir nicht nähen wollten, heilt schließlich auch so. Die nächste Überraschung dann bei der U1: Freya wog 1,2 kg mehr als ihre Schwester, nämlich 3700 g! Das hätten wir nun nicht erwartet und mussten auch noch einmal kontrollwiegen
. Tja, da muss ich wohl doch noch mal eine Karte an den Oberarzt, der R. mit der Saugglocke geholt hat, schicken. Laut ihm hätte das Kind nicht größer sein dürfen bei den engen Beckenverhältnissen und dem engen Schambogenwinkel... Undenkbar ein normalgewichtiges Kind aus mir heraus zu bekommen!
Scheinbar bin ich ein medizinisches Wunder !Wie ich es mir erhofft hatte, begrüßte R. ihre kleine Schwester ganz zärtlich und liebevoll und klatschte vor Freude in die Hände.
Meine beiden Mädchen
!Noch immer lege ich mich mehrmals am Tag mit F. in unser Geburtszimmer auf die Wochenbettmatratze und lasse die Erinnerungen an diese wundervolle Geburt vorbeiziehen. Sie hat unheimlich viel heil gemacht, mich gestärkt und mit vergangenem versöhnt.
Was für ein Geschenk, selbstbestimmt gebären zu dürfen!
Ranunkel
