Zaubermomente

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chantal
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Zaubermomente

Beitragvon chantal » Mi 18. Jul 2012, 17:57

Unser zweiter Sohn, geboren am 15.06.2012 :herzen:

Am Ende der Schwangerschaft wurde es stressig. Bei 40+0 30. Geburtstag vom Papa und ein suspektes CTG beim Baby, Kopfschmerzen und erhöhter Bluthochdruck bei mir. Das ganze gipfelte an 40+1 um 17.15 Uhr in der Empfehlung der Hebamme, am nächsten Tag (Freitag) zum Doppler zu gehen um die Versorgung des Babys zu überprüfen. Auf die Schnelle jemanden zu finden, der das macht, war schwierig, aber ich bekam einen Termin. Ich hätte mich sehr gerne ausgeruht um Kraft zu schöpfen und für mein Wohlbefinden gesorgt und damit auch für das Baby. Leider wollte mein Mann ins Krankenhaus fahren, er hatte Todesangst um das Baby und machte mich wahnsinnig. Ich wollte nicht in das KH, dort wäre ich ja nicht wieder raus gekommen. Und ich hatte immernoch ein gutes Gefühl für mich und mein Baby und Vertrauen in meine Hebamme, die Doppler empfohlen hatte und nicht das KH. Wir hatten einen furchtbaren Abend, ich musste meine eigenen Ängste aushalten, die Verbindung zu meinem Baby halten und die indirekten Vorwürfe meines Mannes, unser Kind in Gefahr zu bringen, irgendwie verpacken. Er hatte solche Angst. Irgendwann war der Abend vorbei und ich konnte schlafen. Am vorigen Nachmittag hatte I. dem Baby mit wehenanregender Akupunktur und Bauchmassage und Eipollösung mit wehenanregendem Öl nahe gelegt, doch raus zu kommen. Und in der Nacht war es auch tatsächlich so weit! Ich wachte irgendwann auf und habe etwas gespürt, das war anders als alles bisher, es kam immer wieder und irgendwann war mir klar, es sind Wehen! Aha, so ist das also! Ich hatte keine große Angst mehr, ich war so glücklich über diesen stinknormalen Geburtsbeginn! Ich war aber auch müde von dem Stress zuvor und wollte schlafen. Ging nicht mehr, irgendwann war mir dann doch klar, die Nacht ist vorbei, ich sah auf die Uhr: 3.06 Uhr. Die Wehen kamen ca. alle 5 Minuten, um 3.20 stand ich auf, ich konnte nicht mehr ruhig im Bett bleiben und wollte Joni nicht wecken. Ich ging ins Bad, dann wieder ins Schlafzimmer, dort wurde ich schon die obligatorisch Frage: "Hat sich was verändert?" gefragt und ich konnte bejahen.
Wir waren also beide auf, ich hab Wäsche aufgehängt, Werner gegoogelt, wie eine Geburt funktioniert, wann die Abstände der Wehen wie lang sind, wie lang die Wehe ist und wann wir I. anrufen sollten. Es war so unglaublich, diese Geburt so wach und klar und genau zu fühlen, das war so toll! Ich habe gemerkt, wie die Wehen stärker wurden, wir haben Abstände und Dauer der Wehen beobachtet, ich habe mich in den Wehenpausen hingelegt und musste während der Wehe aufstehen, erst laufen und später am Türrahmen veratmen. Und mein Mann war trotz aller Befürchtungen im Vorfeld für mich da, er war präsent und hat mir in der Zeit auch soooo gut beim Atmen geholfen, ich hätte sonst wieder hyperventiliert, stratt ordentlich auszuatmen. Irgendwann rief er I. an, sie konnte dann in 1 Stunde bei uns sein. Leider fehlen mir dafür die Uhrzeiten. Ich hab viel Wasser getrunken während der Wehen, habe selber nach dem Muttermund getastet irgendwann und deutlich gefühlt, dass es sich verändert hat und ich fand auf der Toilette sitzen völlig unbequem. Unser großer Sohn schlief noch, wir haben ihn gegen halb 6 glaube ich abholen lassen und das hat super geklappt, etwas später kam I. an. Befund: fast vollständig eröffnet. Ich wurde so toll begleitet die ganze Zeit, ich habe mich so gefreut, als ich hörte, dass die Handtücher erwärmt werden können, der Kaffee für den Dammschutz gekocht. Ich bekam ein Wärmekissen für den Rücken, ich hatte wieder Rückenschmerzen bei den Wehen, aber diesmal wurde ich umsorgt, das war so gut! Es war so unglaublich, so deutlich zu fühlen, da ist mein Baby, es kommt jetzt zur Welt, ich habe genau gespürt, dass die einzelnen Wehen schnell heftig wurden, dann langsamer wieder nachließen und dann hatte ich Pause! Das war bis das Baby da war so, so toll! Als ich keinen Bock mehr hatte und der Schmerz wirklich kaum zu ertragen war, wusste ich, das ist nur die Übergangsphase, es könnte also bald geschafft sein. Um halb 7 sah ich auf die Uhr und fragte in der Wehenpause, ob mein Baby noch vor 7 da sein würde, dann hätten beide Kinder die gleiche Geburtsstunde. I. meinte, wenn die Fruchtblase platzt, dauert es vielleicht nur noch 5 Minuten. Aber sie wollte nicht platzen, sie hat den Babykopf lange geschützt auf seinem Weg. Irgendwann war ein Klistier nochmal Thema, brrr, Gott sei Dank kam es dann doch nicht dazu, ich hasse Durchfall. Aber I. ermunterte mich, doch auf die Toilette zu gehen. Ich fand es dort so unbequem, bin aber doch gegangen. Hinten angelehnt war es für einen Moment aushaltbar und dann platzte die Fruchtblase während ich auf der Toilette saß. Das war laut und ich dachte den Bruchteil einer Sekunde, das Baby wäre ins Klo gefallen! Ach, ist das schön, wenn nach dem Platzen der Fruchtblase der Druck einen Moment nachlässt! Bin dann zurück an meinen erwählten Gebärplatz auf einer Matratze kniend vor dem Sofa, mein Mann saß auf I.s Anregung hin auf dem Sofa und ich konnte mich an ihn lehnen und hängen. Das war sooooo gut, dass sie es vorgeschlagen hat und er es auch gemacht hat, so war er wirklich bei mir und hat mir geholfen, unser Kind zu gebären, das ist wirklich schön! Ich habe meinen Sohn dann auch völlig aus eigener Kraft auf die Welt geschoben, es war wirklich ein Schieben, kein Powerpressen wie auf Anleitung. I. hat mich nur ermuntert, nach Gefühl mitzuschieben und das war so richtig. Ich konnte es tatsächlich ganz allein! Ich habe nun selber erlebt, dass es wahr ist, was ich von so vielen anderen gehört habe und nicht von zu träumen gewagt hab, dass ich das auch erleben darf, aber ich habe es erleben dürfen! Es ist unglaublich und doch wahr, wir können das, einfach so!!! Und dann war er da, ich habe ihn geboren, noch vor 7 Uhr um 6.50 Uhr, an einem Freitag wie sein Bruder und in der gleichen Stunde. Schön, wenn ich den Bericht hier enden lassen könnte, aber das tut er leider nicht.
Wir sind dann auf's Sofa, alles gut soweit, Baby hat zögerlich das erste Mal gestillt, bekam irgendwann U1, wir haben gekuschelt. Papa hat abgenabelt, ich hab dann auf Anregung von I. die Plazenta geboren, die Nabelschnur mal angefasst, alles angeschaut, wunderschöne erste Fotos sind entstanden. Die Nabelschnur war übrigens einmal um den Hals und hatte einen echten Knoten! Meine Gebärmutter hat sich normal zusammen gezogen, Plazenta war vollständig, aber ich habe stark geblutet. Wir haben es mit diversen einfachen Mitteln versucht in den Griff zu bekommen (Uterus "ausstreichen" nenn ich es mal, Hirtentäschel war's glaube ich, Plazenta) und es war dann so okay, dass I. sich irgendwann von uns verabschiedet hat und abends wieder kommen wollte. Ich habe dann gelegen, versucht viel zu trinken und I. kann noch nicht sehr lange weg gewesen sein, da habe ich nur mal meinen Oberkörper etwas zum Trinken aufgerichtet, da wurde mir völlig schwarz vor Augen. Ich konnte nur liegen, Augen geschlossen, konnte nicht reden. Mein Mann, glücklicherweise vom Fach als ehemaliger Rettungsassistent, hat schnell I. angerufen, sie kam wieder zu uns, in der Zwischenzeit lagerte Werner meine Beine hoch. Es war klar, wird es schlimmer muss ich noch ins KH. Wobei bis heute völlig unklar ist, warum ich so geblutet habe. Naja, I. war dann wieder hier und es gab ein volles Programm. Cytotec rectal, oral und intravenös, insgesamt bekam ich 3 Infusionen (den Zugang durfte mein Mann mir legen) und meine Blase wurde geleert, damit die Gebärmutter sich besser zusammen ziehen kann. Und ich war so platt, ich hab den ersten Tag völlig verdämmert mit diesem Kreislaufzusammenbruch. Ich weiß nicht, wie lange ich dann nur so da lag, zwar wach, aber irgendwie dämmernd. Mein Sohn bei seinem Papa auf dem Arm, die Hebamme anwesend. Ich hatte überhaupt nicht mit so etwas gerechnet, ich bin immer davon ausgegangen, dass ich nach einer Zeit munter duschen gehe und dann einfach nur stundenlang kuscheln kann. Stattdessen war ich so durch. Ich bin nur so unendlich dankbar, dass I. so toll ist und auch mein Mann so eine Situation händeln kann. Ich konnte zu Hause bleiben, selbst diese Komplikation ließ sich in den Griff kriegen und war kein Grund für's KH. I. war zu jeder Zeit, auch später beim Nähen und Fäden ziehen, immer so sensibel und respektvoll, das ist so berührend. Ich bin wirklich vollkommen glücklich damit, auch wenn mir leider dieser erste Tag irgendwie fehlt und die zwei danach auch so stressig waren. Ich lass es auch nur langsam in meinem Kopf ankommen, dass diese Blutung tatsächlich eine Komplikation war und nicht unangenehmer Teil einer "normalen" Geburt. Wie erwähnt, bis jetzt ist die Ursache der Blutung unklar, I. sagte, es könnte psychisch gewesen sein nach dem Stress vorher. Und schon muss frau verdammt aufpassen, sich nicht schon wieder "schuldig" und "unfähig" zu fühlen. Da bringe ich in wundervoller Weise meinen Sohn zur Welt und dann vermassel ich diese zauberhaften ersten Stunden!
Aber die Geburt war wirklich wunderschön! So ein Zauber! Ich kann kaum erfassen, was das für ein großes Glück ist. Was ich so oft gehört und gelesen habe, ich durfte es selber erleben, eine Geburt, die es verdient, wunderschön genannt zu werden! :herzen:

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Re: Zaubermomente

Beitragvon parapluies » Mi 18. Jul 2012, 18:16

:danke: :herzen: und auch hier nochmal Herzlichen Glückwunsch zum Sohn. :)
:flagge:

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Re: Zaubermomente

Beitragvon weib1969h » Mi 18. Jul 2012, 19:21

:blume: :clap: :rainbow: :wolke: :princess:
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Re: Zaubermomente

Beitragvon Ardilla » Mi 18. Jul 2012, 20:06

Herzlichen Glückwunsch zu deiner schönen Geburt! Und gut, dass ihr trotz der Komplikationen nachher zuhause bleiben konntet
Julitochter * 2001 (ambulante Beleggeburt)
Februarkerlchen * 2005 (Hausgeburt mit KS beendet)
Julimädchen * 2011 (Hausgeburt)

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Re: Zaubermomente

Beitragvon Dready » Do 19. Jul 2012, 03:59

:herzen: :wolke: :rainbow: :hearts: :daumen: :babyglueck:

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Re: Zaubermomente

Beitragvon dunlaith » Do 19. Jul 2012, 08:53

:rainbow: :rosabrille: :herzen: Vielen Dank für's Teilen und weiterhin eine wunderbare Kennlernzeit! :cap:
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Re: Zaubermomente

Beitragvon die eule » Do 19. Jul 2012, 11:35

schöner bericht :rainbow:
*7/2010* die Große, HG
*6/2014* der Wilde, AG
*11/2017* die Verrückte, HG

Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben.
- George Bernard Shaw -

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Myself
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Re: Zaubermomente

Beitragvon Myself » Do 19. Jul 2012, 12:01

wirklich toll, auch wie ihr die situation danach gemeistert habt, besonders auch dein mann, der die hebamme angerufen hat und nicht die rettung, wie das viele sicher gemacht hätten. da sieht man auch wieder, wie wichtig es ist eine wirklich kompetente hebamme zu haben.
Mai 2012: wunderschöne Hausgeburt im Geburtspool
November 2014: 2. wunderbare Hausgeburt im Geburtspool

chantal
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Re: Zaubermomente

Beitragvon chantal » Do 19. Jul 2012, 17:44

Ich danke euch ganz dolle für's Lesen und Kommentieren! Das ist ja nicht selbstverständlich in Foren, wenn man noch so neu und unbekannt ist wie ich hier. Also: Dankeschön! :hearts:
Ich entschuldige mich für die schlechte Lesbarkeit meines Berichts aufgrund fehlender Absätze. Ich hab den Bericht nur aus einem Dokument kopiert und die Absätze hier nicht überprüft.

Da ich danach gefragt wurde: Ich hatte bei der ersten Geburt keinen KS.

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Axomonster
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Re: Zaubermomente

Beitragvon Axomonster » Di 31. Jul 2012, 17:43

Nachträglich herzlichen Glückwunch zum Sohnemann und der schönen Hausgeburt :clap:
Geisel dich nicht wegen der Blutung, für solche Fälle holt man sich ja medizinisches Personal ;)
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