Ruhe und Sturm - 4.Kind

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Luggele
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Ruhe und Sturm - 4.Kind

Beitragvon Luggele » Do 17. Jun 2021, 17:01

Vorgeschichte hier: https://hausgeburtsforum.de/viewtopic.php?f=87&t=10754

(Ich teile den Bericht etwas auf, er ist wieder suuuper-lang geworden.)

Der Vormittag

Am „Ostersamstag“ bei ET+9 wachte ich wie so oft in letzter Zeit um 3 Uhr auf, war mir aber nicht sicher, ob ich vielleicht durch eine Wehe geweckt worden war – auch das hatte ich in den vorigen Nächten manchmal gedacht oder im Halbschlaf gemeint wahrzunehmen, war mir aber nie ganz sicher gewesen, weil ich nachts ziemlich gut schlafe… Beim Gang ins Bad merkte ich, dass der Schlüpfer nass war, allerdings spürte ich kein Hinauslaufen, wie ich das bei Nr.3 hatte. Deshalb war ich mir auch nicht sicher, ob das von einem Blasensprung/-riss kam oder vielleicht ganz flüssiger Schleimpfropf war?! Ich nahm das einerseits nicht so wichtig, andererseits war mir zu dem Zeitpunkt schon recht klar: es geht los. Es lief auch den ganzen Tag nichts mehr nach, nur hatte ich im Laufe des Morgens in den Einlagen immer ein ganz klein bisschen Schleimpfropf mit einem ganz kleinen Hauch von Blut. Das hat mich echt ermutigt, obwohl ich das bei der ersten Geburt viel deutlicher hatte.

Von 3 bis 5 Uhr legte ich mich nochmal ins Bett. Ich weiß nicht mehr genau, aber da hatte ich vielleicht auch schon ein paar Wellen. Denn um 5 Uhr war ich dann nicht mehr zu halten und meinte zu meinem Mann, dass ich aufstehe und ein bisschen vor mich hin „kruschtele“, also noch so dies und das aufräume usw. Unter anderem habe ich liebevoll meine Kompressionsstrumpfhose gewaschen, weil ich mir sicher war, dass ich die jetzt nicht mehr brauche (doch vielleicht wäre es rückblickend tatsächlich besser gewesen, wenn ich sie an dem Tag noch angezogen hätte, doch dazu später…). In dieser Zeit muss ich schon Wellen gehabt haben, aber noch ziemlich harmlose. Dennoch zweifelte ich keinen Augenblick, dass die Geburt begonnen hatte, und hatte auch keine Bedenken, dass die Wehen sich wieder verlangsamen oder verabschieden könnten.

Meine Schwester, die die meisten Samstage bei uns verbringt (mit den Kindern spielt oder bastelt und auch mir im Haushalt hilft), rief ich schon recht früh an, damit sie auch pünktlich käme, um die Kinder zu beaufsichtigen. Sie kam dann auch bald (irgendwann vor 9).

Meinem Mann sagte ich, dass ich die Hebamme irgendwann zwischen 8 und 9 Uhr anrufen und informieren würde, was ich auch tat. Ich teilte ihr also fröhlich mit, dass ich ENDLICH! Wehen habe, und sie meinte, sie wollte sowieso zur Vorsorge um 10 Uhr kommen. Schon länger hatte ich begonnen, die Wehen per App zu erfassen, und sie kamen nun schon ziemlich regelmäßig etwa alle 6 Minuten mit vereinzelten Abweichungen, waren meist so 45 Sek. lang und auch ziemlich intensiv (was aber durch die kurze Dauer gut aushaltbar war). Ich veratmete sie auch schon ruhig.

Um 10 Uhr kamen also Hebamme und die Schülerin und waren etwa 20 Minuten (vielleicht auch etwas länger) da. Während dieser Zeit hatte ich nicht eine einzige nennenswerte Wehe. Einmal fing was an, ebbte aber direkt wieder ab. Und in dem Moment, wo die Hebamme nachher die Tür zuzog, begannen die Wehen wieder wie vorher. Wow, wie fein und sensibel der Körper auf solche „Störungen“, selbst welche, die man ja nicht als Gefahr wahrnimmt, sondern im Gegenteil ja vertraut sind, reagiert. Das war eine beeindruckende Erkenntnis für mich… Wie krass muss das dann erst im KH sein… (und mir wurde auch einiges bzgl. der 3.Geburt klar...)

Bei der Vorsorge wurde ich dann auch vaginal untersucht: 3-4cm. Das fand ich richtig gut (hatte noch nie bei den Geburten eine „Zahl“ gehabt). Die Hebamme meinte aber auch, falls die Wehen im Laufe des Tages wieder abnehmen würden, sollte ich doch bitte nochmal die Milchpumpe verwenden, um die Kontraktionen im Schwung zu halten. Ich dachte nur: Nein, das werde ich nicht tun! Ich wusste genau, das wird nicht nötig sein. Aber andererseits hat sie ja keine einzige Wehe bei mir miterlebt, von daher konnte sie sich auch kein Bild machen.

[Das war die zweite „große Erkenntnis“, die ich eigentlich schon unter den Wehen hatte, nämlich, dass es ein „Geburtsmuster“ bei mir gibt, das auf die letzten drei Geburten (also Nr. 2, 3, 4) zutraf: Beginn morgens, Steigerung während des Tages, allerdings recht kurze Wehen bei starker Intensität und relativ langen Abständen (die 5-6 Minuten blieben noch einige Stunden). ]

Sie gab mir abschließend auch noch die Anweisung, nicht ohne sie in den Pool zu gehen, damit ich nicht zu früh ginge, sondern erst ab mind. 5 cm Eröffnung.

Da ich wusste, es ist der Gebärtag, hab ich nicht viel gegessen, zum Mittag nur ein bisschen Suppe. Die Kinder waren im Garten und auch mein Mann werkelte draußen herum. Ich war allein in der Wohnung, und spürte dann einen Drang, auf’s Klo zu müssen. Danach überfielen mich regelrecht etwa drei Wehen, dass ich erstmal total überrumpelt war und auf einmal weinen musste. Meine Schwester kam dann gerade rein und ich bat sie, Martin Bescheid zu geben, dass ich jetzt in den Pool unten im Gebärzimmer will. Er kam zügig und ich erzählte ihm von meinen Emotionen. Dann ging’s runter in den Keller, wo wir ein wohnliches Zimmer haben, das allerdings seit wir hier wohnen nur als Gebärzimmer (2x) und selten als Gästezimmer verwendet wurde. Martin rief die Hebamme an, und auch wenn sie dann nach ihrer Ankunft keine besondere „Erlaubnis“ mehr aussprach, sondern einfach nur da war und mich machen ließ, war die Ansage „Nicht ohne mich in den Pool“ echt gut, denn ich hätte wieder nicht gewusst, wann ich sie rufen soll…. Nicht zu früh… und nachher wäre ich für solche Fragen auch nicht mehr so zurechnungsfähig gewesen… Von daher war das echt gut, und dadurch dass ich ja schon einen Eröffnungsfortschritt hatte, wie zwei Stunden vorher festgestellt, konnte es ja auch nicht mehr überlang dauern. Ja, ich hätte wahrscheinlich auch wieder unentschlossen gezögert, ob ich jetzt überhaupt schon rein soll oder vielleicht doch nicht oder wer weiß… So war das Ganze nun aber eine festgemachte Sache.
Luggele

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Luggele
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Re: Ruhe und Sturm - 4.Kind

Beitragvon Luggele » Do 17. Jun 2021, 18:56

Ruhe

Mein Mann begann, den Geburtspool, den ich bereits bei Nr.1 und 2 benutzt hatte, zu füllen. Er achtete darauf, ja nicht zu warm zu machen, da er wusste, dass dies nicht gut sei. Allerdings habe ich, nachdem ich im Pool war, protestiert, weil er noch extra kaltes Wasser reinmachen wollte. Ich war aber zunächst noch „an Land“ und habe so lange auch noch Wehen getrackt, was ich als gute Beschäftigung empfand. Nachdem die liebe A. angekommen und dann auch das Wasser eine ausreichende Höhe erreicht hatte, stieg ich in den Pool mit dem Gedanken: Hier kommst du nicht mehr ohne Baby raus. Etwas seltsames bemerkte ich noch beim Reinklettern: meine Beine waren im Laufe des Tages so mit Wasser angeschwollen (weil ich ja keine Kompressionsstrümpfe trug), dass selbst das Anwinkeln des Knies beim Steigen über den Poolrand eine schwierige Bewegung war. Im Wasser konnte ich mich deswegen auch nicht beliebig positionieren, weil das teilweise einfach nicht ging, oder aber meine Arme eingeschlafen sind usw. Ich war ganz guten Mutes und habe in den Wehenpausen geplaudert, bis mein Mann dann meinte, ich solle lieber still sein und mich mehr konzentrieren, was ich dann auch tat. Die Hebamme hatte es sich auf dem Sofa neben dem Pool gemütlich gemacht und döste. Ich hatte mich schon gefragt, ob nun auch L., die Hebammenschülerin, kommen würde, und war schon ein bisschen enttäuscht, weil sie nicht da war. Da sah ich sie plötzlich durch’s Fenster (da das Zimmer im Keller lag, suchte sie den Nebeneingang) und ich rief meinem Mann zu, dass L. draußen sei. Sie kam dann ebenso leise hereingeschlüpft und setzte sich auf den Boden an den Schrank gelehnt, wo sie völlig unbemerkt verharrte, bis das Baby geboren war und wir dann ihre Hände sehr gut gebrauchen konnten. Das Witzige war, dass A., meine Hebamme, wirklich so entspannt (oder erschöpft?) war, dass sie richtig eingeschlafen ist, denn ich hörte sie leise schnarchen :-) und hinterher erzählte sie auch, dass sie gar nicht bemerkt hatte, wie L. gekommen war…

Ich wehte also vor mich hin. Allerdings war es viel mehr Pause und Ruhe als Wehe. Irgendwie hatte ich das Gefühl, wir sind alle hier und warten eigentlich nur… und ich hatte auch das Gefühl, dass die Wehen nach wie vor ziemlich weiten Abstand hatten, manchmal sogar eher noch weiteren als vorher. Ich hatte aber keine Zahlen, da ich ja nichts mehr trackte, und war zwischen den Wehen auch viel „weggetreten“/ in der Geburtstrance. Immer wieder mal hörte A. nach den kindlichen Herztönen und Martin meinte, dass sie das vielleicht manchmal sogar tat, um eine Wehe zu provozieren. Es war auch wirklich so, dass wenn sie sich näherte, meistens erstmal eine Wehe kam und sie abwartete, bis diese abgeklungen war. Wow, wie feinfühlig und bedacht mit mir umgegangen wurde, damit mich nichts „aus dem Takt“ brächte. Einmal versuchte sich mich zu aktivieren, indem sie mir vorschlug, nochmal auf die Toilette zu gehen. Mir lag das so ferne, denn ich hätte aus dem Pool raus und eine Treppe nach oben müssen. Nein, das wollte ich nicht. Außerdem hatte ich keinen starken Drang und hatte mich ja bereits zwei- oder dreimal entleert. Leider hab ich dann aber doch nicht erst beim Pressen was in den Pool gelassen, das tat mir leid, war aber dankbar, dass es einfach diskret entfernt wurde (hab ja nichts gesehen, da das hinter mir stattfand). Auch gab es immer mal wieder Aktivität im Raum, wenn A. von sich aus nach oben in die Küche meiner Schwiegermutter ging (wir wohnen ganz oben), um im Wasserkocher Wasser zu erhitzen und runter zu bringen in den Pool. Mir wurde das Wasser tatsächlich immer wieder zu kalt und ich war froh darüber! Die Hebamme legte mir ein Handtuch über den Rücken, denn ich verharrte, wie es meine Art beim Gebären so ist, aber auch weil mich die geschwollenen Beine hinderten, fast bewegungslos in einer knienden, vornübergelehnten Position. Gegen Ende zog ich mir nochmal ein frisches Oberteil an und hielt es mit den Händen fest, damit es sich nicht voll Wasser saugen konnte. Eigentlich fand ich ein bisschen Aktion um mich herum gar nicht so schlecht. Ein- oder zweimal war Martin wohl kurz weg und meine Hebamme übernahm den Part bei mir. Da legte sie mir genau im richtigen Moment die Hand beruhigend auf den Oberarm. Ich fand das richtig schön. Mein Mann ist einer, der da stundenlang neben mir ausharrt wie ein Fels in der Brandung, einfach da ist, Gelassenheit ausstrahlt und keine Furcht hat. Und doch – dieses „genau im richtigen Moment zu wissen, was die richtigen Worte oder Berührungen sind“ das ist nicht seine Stärke (vielleicht ist das auch der Grund, warum Geburten, die von Frauen (Doulas) begleitet werden, so „erfolgreich“ sind?).
Luggele

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Luggele
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Re: Ruhe und Sturm - 4.Kind

Beitragvon Luggele » Do 17. Jun 2021, 18:58

Sturm

Die Dauer dieser Phase, die aus von viel Ruhe umgebenen Wehen bestand, hätte ich nicht abschätzen können. Ich war zwischendurch immer „weg“ und wachte dann immer in eine merkwürdige Ruhe (es sind „viele“ Leute in einem kleinen Zimmer, aber es ist ganz ruhig) mit erwachender Wehe auf. Einmal beschwerte ich mich bei A., dass da immer so viel Abstand sei. Als sich allerdings dann die Abstände auf 2-3 Minuten verkürzten, fand ich das nicht mehr so erstrebenswert oder angenehm, obwohl mich meine Hebamme damit ermutigen wollte… so schnell ändert man seine Meinung… da empfand ich andererseits die Zeit wieder als zu langsam fortschreitend. Irgendwann überkam es mich plötzlich und ich musste mich heftig übergeben, was mir anders als bei den vorigen Geburten, keine Freude machte. Danach bemerkte ich auch keine direkte Änderung bei den Wehen.

Mh, einerseits begannen die Gedanken zu kreisen. Übergangsphase? Wann geht’s weiter? Ist es schon soweit? Wann hört das auf? Andererseits erinnere mich, dass ich in die nächste Phase der Geburt erst hineinaufwachte und langsam zu mir kam. Plötzlich wurden die Wehen nämlich unerträglich, es hörte gar nicht mehr auf, sondern auch in den Wehentälern hatte ich Schmerzen, dieser Schmerz nahm überhand. Schließlich umklammerte und bedrängte er mich von allen Seiten. Ich wurde gepresst, aber irgendwie viel zu weit oben. Auch war mir nicht bewusst, wo in der Geburtsreise ich war, und ob das noch normal war. Gerne hätte ich „richtig“ gedrückt, aber das waren keine Presswehen, sondern Umklammerungswehen, die nach meinem Empfinden weder Ziel noch Richtung hatten – schon gar nicht nach unten. Ich spürte kein Kind unten oder nach unten kommen. Das war so wild, weil ich nicht wusste, wohin das führen sollte, weil es so alles einnehmend war. Und ich dachte auch, falls es nicht weitergeht, ich kann mich hier nicht vom Fleck rühren… In dieser Phase wurde das Tönen zum Schreien und schließlich zum Brüllen (was mir ein paar Tage Halsweh verschaffte). Ich sagte auch sowas wie „Ich kann nicht mehr! Das geht nicht!…“ Irgendwie dachte ich sowas Verrücktes wie: Wenn ich das sage, ist es doch die Übergangsphase und dann ist es doch bald vorbei… echt verrückt. Auch wenn das so massiv auf mich wirkte, kann es nicht so lang gedauert haben, bis meine liebe A. kurz und bündig meinte: „Du verausgabst dich so. Du musst dich in die Hocke begeben!“ Sie hat so wenig gesagt in diesen Stunden, und ich wusste, ich muss das machen, das ist gut. Aber es kann sein, dass ich erstmal nicht davon überzeugt war, dass das funktionieren würde. Meine geschwollenen Beine, mit denen ich mit Ach und Krach über den Poolrand gekommen war, waren ja durch das Knien nicht besser oder beweglicher geworden. Es war nicht leicht, in die Hocke zu kommen, und dort auch zu bleiben. Die Hände meines Mannes brauchte ich, um durch Zug in der Position bleiben zu können. Doch ich dachte auch, wie soll das denn funktionieren, jetzt hat der Bauch ja noch weniger Platz. Andererseits waren diese heftigen Wehen, die mich völlig im Griff hatten, plötzlich wieder kontrollierbarer. A. wollte mich nun nochmal vaginal untersuchen, um zu sehen, wo das Köpfchen stand (glaub ich). Mir war aber gleich klar, dass das nicht funktionieren konnte: eine kleine Hebamme mit kurzen Fingern, ich im Pool und dann – da war ich mir sicher – Baby noch ganz oben. Es klappte auch nicht, aber sie machte dann auch keinen Stress, dass ich rauskommen sollte oder so, darüber war ich echt froh. Es dauerte nicht lange in der Hocke, da hörte ich ein „Plopp“ und sagte das auch (das erste Mal, dass ich das mitbekommen hab, dass die Blase geplatzt ist). Dann spürte ich etwas… Ja, da war es, das Baby kam nach unten, dann dieses zunächst noch leichte Brennen… ich wusste: das ist richtig, jetzt wird alles gut und das Baby hat es geschafft, runter zu kommen. Bei der nächsten Wehe war das Brennen schon deutlicher und ich sagte: „Das Baby kommt!“ Ich merkte, dass meine Hebamme das nicht so ganz auffasste, wie ich es gemeint hatte, wohl eher als „Das Baby kommt runter“ oder so. (Meinem Mann war es aber klar :-) Das war mir aber egal, weil diese allerletzte Phase macht mir keine Angst. Bei der nächsten Wehe war es schon soweit, der Kopf wurde geboren. Dann kam die Wehenpause. Ich sagte mir gerade innerlich: Ganz ruhig, bleib einfach so, wie du bist im Wasser, drücke nicht, sondern warte, bis das ganze Baby herausgleitet. Da hörte ich plötzlich A. rufen: „Der Kopf ist ja schon da!“ Ich musste innerlich lachen. Doch sie sagte ernst zu mir: „Du musst jetzt Achter mit der Hüfte machen!“ (Der Arzt hatte ja ein großes Baby prophezeit, darum wollte sie einer Schulterdystokie vorbeugen.) Ich gab mir Mühe, aber mit diesen Elefantenbeinen schaffte ich vielleicht knapp zwei Eier-Kreise. Da kam auch schon die nächste Wehe. A. fragte mich, ob ich dann das Baby aufnehmen wollte. Ich sagte „Nein!“, da ich dazu bei den anderen Geburten auch keine Gelegenheit hatte, weil ich vornübergebeugt war. Ich war mir nicht bewusst, dass es ja jetzt anders war im Hocken. Aber dafür blieb auch keine Zeit, denn da (es war 17:17Uhr) – war auch schon das ganze Baby geboren. Ganz schnell. Und da schwamm es plötzlich VOR mir im Wasser. Ich nahm es auf. Das war wirklich was ganz besonderes, über das ich mich sehr freute!
Es war: wieder ein Junge! Und dazu noch direkt ein ganz hübscher, wie wir alle fanden. Die Schülerin durfte unser „Namensbriefle“ öffnen und den Namen verkünden :-)
Luggele

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Luggele
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Re: Ruhe und Sturm - 4.Kind

Beitragvon Luggele » Do 17. Jun 2021, 18:59

Der Abend

Nach der Geburt war viel los, aber ich fühlte mich gut! Relativ schnell ging ich aus dem Pool mit Baby an der Nabelschnur. Diese pulsierte noch bestimmt 30 Minuten, und das fand ich eigentlich gut (und auch meine Hebamme bestand darauf, da der Kleine nicht ganz optimal atmete), aber andererseits hab ich es nach der Geburt gerne, wenn mein Mann das Baby hat und ich werde versorgt… So saß ich da auf dem Sofa, mit dem Baby in den Händen, sollte es rubbeln, bzw. es wurde immer wieder gerubbelt, sollte es aufrecht halten, dann fing es an, Mekonium abzusetzen und ich blutete ziemlich heftig. Das alles war nicht schlimm, aber irgendwie auch nicht so ganz handlich. Dennoch bin ich sehr froh, dass wir es so gemacht haben, denn ich kann mir das Prozedere im KH schon vorstellen: Kind wird abgenabelt und kommt dann erstmal zur Überwachung wegen der Atmung… Trotzdem wurde unser kleiner Spatz beim ersten Anzeichen von einer nicht oder weniger pulsierenden Nabelschnur abgenabelt (wie gesagt auf meinen Wunsch hin aber nach mehr als einer halben Stunde). Ich blutete ziemlich viel, es fühlte sich an, wie ein Fluss oder eine sprudelnde Quelle. Witzigerweise fühlte ich mich nicht komisch, obwohl ich beim Arzt schon beim kleinsten Pickser umkippe und das immer vorsorglich im Liegen mache. Meine Hebamme rammte mir eine Spritze Oxytocin in den Oberschenkel, wobei das weder wehtat, noch spürte ich irgendeine Veränderung oder Wirkung. Da die Plazenta noch nicht geboren war, war das auch seltsam, wo soviel Blut herkam. A. meinte, wenn ich Druck auf den Damm spüre, kommt die Plazenta. Ein paar Sekunden später: „Ich spüre Druck auf den Damm.“ Drück, platsch, Plazenta da.

Insgesamt gab es viel zu tun nach dieser Geburt, uns sind auch tatsächlich die Handtücher ausgegangen mit dem ganzen Wasser, Blut, Mekonium… Und ich war wirklich froh darüber, dass wir diesmal noch die Schülerin dabei hatten, denn genauso, wie sie sich während der Geburt „unsichtbar“ gemacht hatte, war sie jetzt emsig am Helfen. Natürlich durften auch gleich die drei Geschwister ihren neuen Babybruder bewundern (noch mit Nabelschnur dran, denke ich). Sie waren ein Stockwerk drüber von Oma und Tante beschäftigt worden. Sie hatten mich schreien gehört und meine Schwester war ganz mitgenommen (und konnte es nicht fassen, dass ich nachher hochspazierte und nach dem versprochenen Essen fragte, weil ich hungrig war, da sagten sie, sie hätten nicht kochen können und fingen dann aber schnell an). Die Kleine hat das Schreien wohl nicht richtig wahrgenommen und der Große konnte es recht schnell „über den Kopf“ verarbeiten, weil er mich sah und mit mir reden konnte. Aber unseren Mittleren (3,5 J.) hat das doch etwas beängstigt und er hat das auch immer wieder mal angesprochen. Mittlerweile sagt er nur noch, dass er froh ist, dass das Baby endlich da ist, weil wir so lang warten mussten (weil ich schon länger davon geredet hatte, dass das Baby jederzeit kommen könnte…).
Luggele

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Luggele
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Re: Ruhe und Sturm - 4.Kind

Beitragvon Luggele » Do 17. Jun 2021, 19:00

Die erste Woche / Wochenbett / Abschließende Gedanken

Natürlich hatte ich wieder ordentlich Nachwehen, wenn auch nicht sofort so heftig. Diesmal nahm ich schon etwas früher Schmerztabletten. Ansonsten war es, wie nach der dritten Geburt auch, eine wunderschöne erste Woche. Nach etwas Frühling kurz vor der Geburt war im Wochenbett Winter angesagt. Wie gemütlich, im Bett gekuschelt dem Schneesturm draußen zuzuschauen! Die ersten Tage war ich vom Blutverlust etwas blass, aber ansonsten fehlte mir nichts. Eine Geburtsverletzung hatte ich auch nicht trotz der Tatsache, dass sich dieses Kind erst 5 Minuten (so denke ich) vor dem Austritt nach unten gesenkt hatte und dann in wenigen Wehen da war. Ein oder zwei Tage nach der Geburt bemerkte ich aber, dass ich einige Hämorrhoiden rausgedrückt hatte – urgh. Doch das hat sich größtenteils wieder gegeben. Beim Stillen bin ich wieder sehr gesegnet: es läuft einfach. Nachdem der kleine Mann die erste Nacht wohl nie länger als eine Viertelstunde schlief, nur um dann wieder aufgeregt schreiend zu erwachen (vermutlich wegen Schleimresten, die durch den rasanten Austritt nicht ganz herausgepresst worden waren – wie auch beim Baby 3), erweist er sich seither als ein entspanntes Großfamilienbaby.

Besonders toll fand ich diesmal, dass ich mein „Geburtsmuster“ erkannt habe, also wie das so bei mir ungefähr abläuft. Und auch die Erfahrung, mal wirklich länger eine (gute!) Hebamme dabei gehabt zu haben, würde ich nicht anders haben wollen. Dieses Baby hat wohl aufgrund dessen, dass es sich nicht entgültig senken wollte (in den Untersuchungen vor der Geburt, also teilweise im 2-Tages-Abstand lag der kleine Mann IMMER wechselnd mit dem Kopf (also mal nach rechts , mal nach links gerichtet)), sowohl zum Geburtsstart einen kleinen Anstubser gebraucht (mit natürlichen Methoden: Tee, Öl, Bruststimulation, Fußbad, Zeit zu zweit), als auch zum endgültigen Eintritt in die Welt (Hocke → Fruchtblase platzt).

ZumTitel: direkt nach der Geburt hätte ich gesagt, sie bestand aus Ruhe und Sturm 50:50, so von dem, was ich empfunden habe. Aber je länger die Geburt zurückliegt, umso kleiner wird der Sturm-Anteil. Rein zeitlich war er ja nur ein Bruchteil der Länge (vielleicht 30 Min von 14 Stunden). Es war kurzzeitig ziemlich heftig, aber es ging mir danach gleich so gut, dass ich wirklich dankbar bin für diese gute Geburt!
Luggele

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Re: Ruhe und Sturm - 4.Kind

Beitragvon babsi2011 » Do 17. Jun 2021, 20:20

Danke für diesen tollen und ausführlichen Bericht :wolke:
Eine gute Hebamme kann wirklich so hilfreich sein.
Bub 09\15 GH
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Traumama
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Re: Ruhe und Sturm - 4.Kind

Beitragvon Traumama » Do 17. Jun 2021, 20:57

Was für ein toller und mitreißender Bericht, vielen Dank dafür!
Herrscherin 05/16 KH
Wikinger 12/17 KH ambulant
Genießerbaby 06/20 HG


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