Die Geburt von Maximilian
Ich durfte die Geburt meines Neffens begleiten und möchte euch gerne davon erzählen. Meine Schwester war auch schon bei meinen beiden Hausgeburten dabei und so hatte ich auch die Ehre, sie bei ihrer ersten Geburt zu begleiten.
Sie hatte von Anfang an eine Hausgeburtshebamme und war nur einmal in der Mitte der Schwangerschaft zum US.
Meine Schwester und ihr Mann waren Sonntag (28.03.21) mittags zu uns beim Grillen, ET war Mittwoch (31.03.21). Sie hatte schon ab und eine Wehe und konnte dann nicht mehr sitzen, da es schon etwas gezwickt hat.
Nach dem Mittagessen spazierten sie nach Hause und sie backte noch einen Geburtstagskuchen, der wie sich später rausstelle, für uns Geburtshelfer sehr köstlich war.
Um 22.00 Uhr abends rief mein Schwager mich an, dass ich mich auf den Weg machen soll. Uhhhhh, da war ich dann doch plötzlich etwas aufgeregt und voller Freude.
Meine Schwester war vor der Couch im Vierfüßler und veratmete die Wehen noch ganz ruhig. Sie kamen so alle 5-7 Minuten. Gedanklich dachten wir, dass das Baby auf jeden Fall in dieser Nacht geboren wird.
Um ca. 00.00 Uhr schaute unsere Mama kurz vorbei und verbreitete etwas Nervosität. Wann wir denn die Hebammen rufen würden, es könnte ja jetzt schnell gehen…. Ich bat sie dann wieder zu gehen und sich schlafen zu legen. Natürlich lag sie die ganze Nacht wach.
Mein Schwager und ich schliefen gegen 01.00 Uhr auf der Couch ein und wurden gegen 5.30 Uhr wieder wach. Die Wehen haben nicht mehr Fahrt aufgenommen, aber waren zu unangenehm, dass sich meine Schwester hinlegen wollte. So war sie die ganze Nacht im Vierfüßler vor der Couch gekniet.
Um 06.30 Uhr rief sie die Hebamme, um eine fachliche Einschätzung der Situation zu bekommen. Ich wurde etwas unsicher und hatte solche Gedanken wie „Warum werden die Wehen nicht stärker?“, „Sie hat die ganze Nacht nicht geschlafen, schafft sie das kräftemäßig`“. Irgendwie spuken einem dann alle Horror-Geburtsgeschichten im Kopf und ich hab kurz das Vertrauen „verloren“. Meine Geburten waren alle recht schnell, einmal 7h, einmal 2h und einmal 6h.
Die Hebamme war froh, die Nacht geschlafen zu haben und kam gegen 07.00 Uhr. Sie war völlig entspannt und strahlet eine unheimliche Ruhe und Vertrauen aus. Sie schaute meiner Schwester ins Gesicht und sagte:“ Wenn ich dich so anschaue, dann dauert das noch. Dein Blick ist noch so klar und du bist so wach“. Sie hatte Recht, meine Schwester war noch völlig da, konnte sich unterhalten usw.
Vormittags hätte sie einen Vorsorgetermin gehabt, der war aber ca. 45 Minuten Fahrzeit entfernt und sie wollte keinen Stress haben und sagte alle Termine ab. Anschließend fragte sie meine Schwester ob sie wirklich eine Untersuchung haben wollte, die bejahte. Der Muttermund war bei 4-5cm, sehr dünn und das Köpfchen lag günstig. Wir wahren froh und positiv gestimmt, dass alles passt und so gut ist, wie es ist. Wir machten etwas Hühnerbrühe warm, damit meine Schwester etwas Kräftigendes zu sich nahm, da sie seit gestern Mittag nichts mehr gegessen hatte.
Meine Kinder waren die erste Nacht ohne mich und vor allem für den 1 ½ Jährigen, war es eine sehr unruhige Nacht und natürlich auch für meinen Mann. Er musste arbeiten und brachte die Kinder zu meinen Eltern, die wohnen direkt neben meiner Schwester. So ging ich zum frühstücken zu meinen Eltern vor und verbrachte etwas Zeit mit meinen Kindern.
Die Hebamme ermutigte meine Schwester sich seitlich auf die Couch zu legen und sich etwas auszuruhen. Ihr Mann kuschelte sich zu ihr und die Hebamme streichelte ihren Kopf und veratmete mit ihr gemeinsam die Wehen. So fand meine Schwester etwas in den Schlaf, konnte sich erholen und Kraft tanken, das war gegen 11.00 Uhr.
Es kam noch eine zweite Hebamme hinzu, die seit Jahren nur noch Vor- und Nachsorge gemacht hatte und langsam wieder in die Hausgeburtsbetreuung zurück will. Sie war sehr zurückhaltend und kümmerte sich hauptsächlich um schöne Fotos.
Nach dieser Erholungspause tastete die Hebamme nochmals nach dem Muttermund, da war er schon 8 cm eröffnet. Die Wehen kamen aber eher unregelmäßig und zu wenig intensiv. Meine Schwester ging nochmals nach draußen spazieren, wieder ins Wohnzimmer, Positionswechsel, linkes Bein auch die Couch und Beckenkreisen, rechtes Bein auf die Couch und Beckenkreisen, Vierfüßer und dann wieder etwas Gymnastik. Zwischen durch nach sie auch eine Dusche, die Wehen nahmen etwas Fahrt auf, aber immer noch etwas zu wenig. Die Hebammen und ich saßen auch öfters in der Küche und haben die beiden alleine im Wohnzimmer gelassen.
Gegen 16.00 Uhr war der Muttermund immer noch bei 8 cm und die Hebamme machte den Vorschlag die Fruchtblase zu öffnen. Sie sagte aber auch, dass es ein Eingriff ist, der helfen kann, man es vorher aber nicht weiß. Da es meiner Schwester und dem Baby aber noch sehr gut ging, macht sie den Vorschlag, dass sie und die andere Hebamme spazieren gehen und ich mich in die Küche setzte.
Das war für uns alle in Ordnung und so veratmete meine Schwester und ihr Mann die Wehen im Wohnzimmer und die Hebammen waren spazieren. Nach ca. einer Stunde kamen sie wieder zurück und der Befund hatte sich nicht großartig geändert. Meine Schwester war damit einverstanden, dass die Blase geöffnet wurde. Die Wehen nahmen an Intensität zu und meine Schwester befand sich von nun an völlig im Geburtsmodus.
Die Hebamme war die ganze Zeit so ruhig, zuversichtlich und vertrauensvoll. Sie sagte immer wieder, dass alles in Ordnung sei und der Zustand meiner Schwester und die Herztöne, des Babys sagten das auch. So waren wir voller Vertrauen und konnten die Geburt begleiten. Irgendwie haben wir, also mein Schwager und ich, die ganze Zeit gedacht, “Jetzt kommt das Baby aber bald“, da ja auch schon viel Zeit vergangen war. Erst haben wir uns 14.00 Uhr als „Ziel“ gesetzt, dann 16.00 Uhr, aber irgendwie war das Baby immer noch nicht geboren.
Gegen 18.00 Uhr wollte meine Schwester einen Einlauf machen, der dem Baby auch nochmal gut Platz machte und die Wehen voran trieben. Von nun an waren wir alle in der Geburtsblase und haben meine Schwester nicht mehr alleine gelassen. Die Wehen waren sehr intensiv und auch schmerzhaft. Gegen 20.00 Uhr setzten die Presswehen ein, die tiefe Hocke war für sie sehr anstrengend, trieben die Wehen und das Baby gut nach unten. Zwischendurch wechselte sie auch wieder in den Vierfüßler. Sie musste wirklich kräftig mit pressen, nichts von wegen, „Ich atme mein Baby raus“.
Um 21.52 Uhr wurde M.aximilian in meine Hände , aus der tiefen Hocke geboren. Ich war und bin immer noch so voller Stolz die Geburt so miterlebt zu haben.
Diesen Hormonrausch nach der Geburt konnte man meiner Schwester sofort ansehen, es war faszinierend das von Außen zu erleben. Die Plazenta wurde ca. 20 Minuten später vollständig geboren und der kleine trank auch gleich an der Brust. Etwa eine Stunde nach der Geburt untersuchte die Hebamme meine Schwester auf Geburtsverletzungen, leider war sie so blöd gerissen, dass sie zum Nähen ins Krankenhaus verlegt werden musste. Gegen halb 12 wurde sie von Sanitätern abgeholt und ins 15 km entfernte Krankenhaus gebracht. Das Baby blieb bei meinem Schwager und ich blieb auch bei ihnen in der Wohnung. Im Notfall hätte ich stillen können, aber M.aximilian hat selig bei seinem Papa auf der Brust geschlafen.
Zwischenzeitlich sind auch meine zwei Jüngsten in die Wohnung meiner Schwester gebracht worden, sie wurden wach und haben arg nach mir geweint. Gegen 03.00 Uhr kam meine Schwester wieder nach Hause. Meine Eltern haben sie im Klinikum abgeholt. Der Arzt hat sie, meiner Meinung nach, völlig verantwortungslos einfach gehen lassen ohne sie zum Ausgang zu begleiten. So ist sie frisch genäht, durchs Krankenhaus geirrt und hat sich nach dem Ausgang durchgefragt. Sie war aber so voller Hormone, dass sie trotzdem total fit und wach war. Faszinierend was eine Frau alles schaffen kann
So haben meine Schwester, ihr Mann, M.aximilian, meine zwei Kleinen und ich die ersten Nacht gemeinsam im Familienbett verbracht.
Nach der Geburt meinte die Hebamme zu mir: “Zwischenzeitlich dachte ich mir schon, ob das nicht meine erste Verlegung diesen Jahres wird“ Ich bin fast aus allen Wolken gefallen . Von diesen Zweifeln haben wir absolut nichts gemerkt und das Vertrauen der Hebamme hat uns alle durch diese lange Geburt getragen. Ich glaube, wenn die Hebamme Zweifel geäußert hätte, wäre die Stimmung gekippt und meine Schwester hätte vll das Bedürfnis verspürt ins KH zu wollen oder es nicht mehr zu schaffen. Aber so war es einfach eine echte Reise.
Die Hebamme erzählte auch, als wir in der Küche saßen, dass sie mal eine Frau hatte, die 5h eröffnet war und erst dann setzten die Presswehen ein. Sie sagte auch: „Wenn sie vor den Presswehen, nochmal eine Pause braucht, dann ist das auch in Ordnung, dann machen wir weiter, wenn sie soweit ist“.
Ich war auch ganz fasziniert, dass man während den Wehen nochmal schlafen bzw. ruhen kann. Die Hebamme meinte dazu, man müsse die Frauen auch zum Schlafen begleiten, denn wenn einen die Wehen im Schlaf überrollen, kann das sehr schmerzhaft sein. Diesen Gedanken, des Schlafens begleiten, finde ich auch sehr schön.
Die Hebamme hat mit ihrem Vertrauen, meiner Schwester diese natürliche Geburt ermöglicht. Niemand von uns dachte, dass es so lange dauern wird und ich denke im KH wäre die Geburt anders ausgegangen.