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So, der kleine Mann, der so rasant in unser Leben kam, schläft gerade und ich möchte versuchen, seinen Geburtsbericht zu schreiben. Immerhin ist er morgen schon drei Wochen alt und ich möchte nicht alles vergessen… (Bericht nach nun 6 Wochen endlich fertig :P )
Diesmal ist vieles anders, als es bei Lieschen war. Ich erinnere mich kaum an den ganzen Tag, nur einige brisante Dinge blieben in meinem Kopf, hatte ich doch noch gar nicht wirklich mit der Geburt gerechnet. Es waren ja immerhin noch 14 Tage bis zum eigentlichen Termin. Der ist auch sehr sicher, da ich ja wusste, wann mein Eisprung und der unvernünftiger Weise unverhütete Sex war.
Freitag , 31.03.2017 – 38+0
Ich bin innerlich irgendwie unruhig… wuschig. So seltsam ungeduldig. Obwohl es noch 14 Tage bis zum Termin sind, Go*gle ich, wie viele Baby’s so im Schnitt in dieser Woche der Schwangerschaft geboren werden, um einzuschätzen, wie hoch meine Chancen stehen, bald zu gebären. Ich find nicht viel, was aussagekräftig wäre, also lese ich, was mein Baby in dieser Schwangerschaftswoche so macht. Wachsen… Ja, wenn der Bauch noch weiter wächst, dann werde ich wohl platzen. Aber gut… Vormittags finden Sven und ich nach langer Zeit mal wieder einen Moment für Zweisamkeit.
An diesem Nachmittag findet in der Schule meiner Tochter das Frühlingsfest statt. Und was ein Glück, das Wetter ist fabelhaft. So gut, dass wir kurzärmelig dorthin gehen. 21° und das Ende März. Wahnsinn, und die Laune ist sofort sehr viel besser, als die letzten Tage. Die Auftritte meiner Tochter machen meinen Mann und mich wahnsinnig stolz. Wie sehr sie hier aufgeblüht ist…Herrlich! Wir trinken Kaffee und genießen den Tag in der Sonne.
Zwischendurch muss ich auf die Toilette. Und genau wie schon Zuhause riecht mein Pipi anders…nach Baby! (Haltet mich für bekloppt, aber es ist so!! Ein Babyduft war deutlich wahrnehmbar!) Immer wieder ist bei den Toilettengängen auch etwas „Groß“ dabei…Komisch. Aber hatte ich vor ein paar Wochen schon einmal.. wahrscheinlich zu viel Rohkost die Tage, denk ich mir. Als ich mit Mika aus dem Bad komme, stellt er sich vor mich, fässt mit beiden Händen an den Bauch und hält einen Moment so inne. Er starrt mit seinen riesigen Augen darauf und sagt: „Mein kleiner Bruder kommt bald raus! Stimmt’s Mama, er kommt!?“ Ich antworte, das es nicht mehr sooo lange dauert.
Seit einigen Tagen habe ich beim Gehen dieses typische Stechen am Muttermund. Also nicht nur Symphysen-Aua, sondern schon direkt Stiche. Auch wenn der Kleine sich bewegt, piekst und sticht es.. ganz typisch! Und Abends hab ich immer wieder stundenweise „Wehchen“, die aber für mein Empfinden nix bewirken. Auch wenn ich nach den Muttermund taste, spüre ich Null Veränderung und der Schleimpfropf ist auch noch nicht in Sicht!
Trotz all diesen „Symptomen“ denke ich, dass es wohl noch dauern wird. Gegen 17,30 Uhr verlassen wir langsam das Fest, besorgen noch Pommes für den Heimweg, um daheim noch Zeit für einige Erledigungen zu haben. Mika und Liese bringen wir zu 19,30Uhr ins Bett, weil sie ohne Mittagschlaf schon recht müde sind. Die beiden Großen dürfen draußen weiter spielen, weil Ferienbeginn und außerdem das Wetter so bombastisch ist. Sie freuen sich und springen Runde für Runde auf dem Trampolin.
Ich bin drinnen und mache mein Schwangerschaftsupdate für YouTube. Danach räume ich noch ein wenig auf, weil mich umher liegende Sachen doch etwas nerven. Ich denk noch, dass wohl doch langsam das Nesteln losgeht, aber so schlimm wie bei Liese ist es noch nicht. Ist ja auch noch Zeit ( hahaha J ) Ab und an wird der Bauch mal hart, aber nur sanft und unregelmäßig. Ich sage noch, dass ich heute definitiv kein Kind mehr bekomme, weil ich echt k.o. bin… Tja, da hatte ich wohl nicht viel mitzureden Ich gehe noch in die warme Wanne, etwas entspannen.
Irgendwann, so gegen 20.30 Uhr, kommen die Mädels rein und sie machen sich fertig für’s Bett. Gegen Neun kehrt Ruhe ein und wir bereiten den Abendbrotstisch vor. Komisch. Als wir aus Schwedt losfuhren, hatte ich noch richtig Hunger. Jetzt, am gedeckten Tisch, ist er verschwunden. Ich mag echt nix essen, knabbere aber ein Stück Gurke und nasche zwei Cocktail-Tomaten. Am Tisch geht es auch direkt los mit Wellen…ganz sanft, aber spürbar. Nach drei Stück halte ich dabei inne und starte einfach mal die Wehen-App, die ich am Abend vorher installiert hatte. Diese prophezeit mir nach 6 Wehen den Geburtsbeginn und das mein Muttermund wohl bald komplett geöffnet sein wird…. „Hahaha. Die is ja doof !“ denk ich mir. Mit so ‘nem bisschen Schiet kommt kein Kind auf die Welt! Das muss ICH ja schließlich wissen. Hab ja immerhin schon vier Kinder geboren. Ich alter Profi !
Ich ziehe um, vom Tisch auf die Couch. Meine Hebamme meinte bei einem Termin mal, um etwas Schwung in die Sache zu bringen ist eine halbsitzende Position gut, weil dann das Köpfchen schön zentral auf den Muttermund wirken kann. Also mach ich das mal! Ich lümmele mich gegen die großen Couch-Kissen und bin, halb sitzend, halb liegend dabei, eine Folge „The Walking Dead“ zu schauen. In den Wellen bin ich schon sehr konzentriert, atme anders und bekomme von den „wandelnden Toten“ im Fernsehen kaum noch was mit. Mein Mann geht fix vor die Tür an die frische Luft und schaut mich schon sehr skeptisch und aufgeregt an. „Geht es los?“ fragt er.
„Nee, das is nur Übung, ziemlich sicher.. auch wenn die APP mir was anderes erzählen will“ antworte ich. !!!Welle!!! -*pust-schnauf-huuuuuuuuh*
„Sicher???“
„Wir werden sehen!“
Er geht raus. Als er wiederkommt, beatme ich gerade wieder ein „Wehchen“ und glotze auf die App. Er wird spürbar nervöser, aber nicht nervend, sondern irgendwie niedlich. Er hatte keine Angst, sondern war irgendwie so voller Vorfreude. Ich war so empfänglich für Gefühle, dass er mich regelrecht ansteckte mit seiner Freude. Aber ich konnte immer noch nicht glauben, dass das Kind nun zu uns kommen mag… und nahm so die Freude wieder etwas raus, um mich nicht über „falschen Alarm“ zu freuen.
Ich sage Sven, dass er mir aus dem Schlafzimmer bitte eine Einmal-Unterlage holen soll. Ich packe sie unter mich, nachdem ich nochmal auf Toilette war. Immer wieder suche ich nach Anzeichen und taste auch nochmal den Muttermund. Für mich ist erstmal keine Veränderung spürbar. Ich setz mich wieder auf die Couch, die Unterlage unter mir. Einige Wellen vergehen. Schmerzlos, aber intensiv. Wahnsinn, wie hart so ein Bauch werden kann! Die Wehenapp läuft. Alle vier Minuten kommt eine Welle und sie sind alle länger als eine Minute. Weh tun sie nicht… Ich unterhalte mich mit meinem Mann, ganz normal. Kommt eine Welle, gehe ich gedanklich in mich, bin konzentriert und atme rhythmisch. Alles völlig automatisch.
Sven macht die Serie aus. Er findet Zombies unpassend für eine Geburt Mir ist es schon relativ egal. Ich beobachte meinen Bauch, stoppe die Wehenzeiten. Schaut ganz gut aus J Ich frage in meiner Facebo*k-Gruppe nach Meinungen. „Stärker werdende Wehen im Abstand von 3-5 Minuten sprechen schon für Geburtsbeginn, oder?“ Ich bin freudig aufgeregt. Als ich wieder zur Toilette muss, sehe ich, das die Unterlage nass ist. Nicht so, als wäre die Blase gesprungen, aber so, als wäre da was im Gange. Ich zeige es Sven. „Oh…schau mal, Schatz!“
„Geht los jetzt, wa?“ fragt er.
Ich bin noch immer nicht vollstens überzeugt, gehe erstmal zur Toilette. Die Wellen sind deutlich spürbar, nicht schmerzhaft aber auch nicht zu ignorieren und sie zwingen mich zum stehen bleiben und beatmen. Ich töne nun auch leise mit. Am Muttermund noch immer keine spürbare Veränderung und auch kein Schleim am Finger. „Hmm…wenn diese Wehen so gar nichts bewirken, dann dauert das noch“ denke ich, sage nun aber zu Sven, das es bestimmt langsam losgeht, aber noch dauern wird. „Heute kommt er garantiert nicht mehr, wenn dann so gegen Morgen. Aber ich gehe jetzt langsam das Zimmer vorbereiten“
Den ganzen Abend bin ich schon nur im Schlüpfer unterwegs, weil mir Druck am Bauch unangenehm war. Den hab ich mittlerweile auch ausgezogen. So tigere ich nur im T-Shirt umher, zünde die Kerzen an und stelle meine Geburtsbilder und Affirmationen auf. Nur die Geburtskerze entzünde ich noch nicht, weil ich immer noch unsicher bin, ob es wirklich wirklich losgeht..
Sven startet schon die Kamera. Da ich aber ständig aus dem Zimmer gehe, weil ich andauernd auf die Toilette muss, schalte ich sie erstmal wieder aus. Als ich zurückkomme, startet er sie wieder.
Ich knie vorm Bett. Langsam wäre Musik irgendwie schön denk ich mir. Ich erkläre Sven, wie er sie anmachen muss und sage ihm, er soll die Handybox bitte ans Kabel anschließen, denn wenn die alle ist, schreit sie rum, dass sie Strom braucht. „Wenn die mich anschreit, schmeiß ich sie gegen die Wand!“ sag ich zu ihm und erkläre, wo er das Kabel findet. Er probiert erst die Handykabel, die natürlich nicht passen und ich frage mich, ob er mir eigentlich zuhört. Nochmal sage ich ihm, dass er das Kabel aus dem Wohnzimmer holen muss und endlich macht er, was ich sage Mir wird kalt und ich schließe das Fenster. Auch weil mich keiner hören soll. Ich laufe zu Sven und schaue, ob er das Kabel gefunden hat. Er wuselt in der Küche umher. „Kommst du klar?“ frage ich und muss lachen. Dann kommt eine Welle und ich töne wieder mit.. Ich gehe wieder ins Geburtszimmer und nörgele umher, weil mein Mann nun plötzlich nicht einmal mehr weiß, wie er die Box anschalten muss. Ich sage es ihm und suche die Musik aus dem Handy. Die Playlist hatte ich schon Wochen vorher erstellt. Nun noch das Bluetooth an und : Voila! Es läuft endlich Musik. Den Bauch halte ich die ganze Zeit unbewusst fest und streichle ihn…
Die nächste Welle veratme ich an der Fensterleibung abgestützt. Sven fängt an zu fotografieren und ich denke, as es noch viel zu früh wäre, sage aber nichts.
Ich habe wahnsinnigen Durst. Meine Tasse mit kaltem Wasser ist schon wieder leer. Sven holt Nachschub. Ich beschwere mich über kalte Füße und das, obwohl ich die Rosshaarsocken meines Mannes trage (sieht schön blöd aus, aber wen interessiert das schon?). Die sind ja zur Geburt auch nicht gerade förderlich. Ich will, dass Sven den Heizlüfter in die Steckdose direkt hinter mir steckt. Dort steckt aber schon eine meiner Salzlampen und da Sven die Fotos macht, will er auf diese Lichtquelle nicht verzichten. Also lässt er den Lüfter dort wo er ist und ich behalte vorerst meine kalten Füße…
Am Bettrand kniend beatme ich die nächsten Wellen… Meinem Mann sage ich, er solle sich etwas aufs Bett legen und ausruhen, da es noch dauern würde. Sein umher Gerenne macht mich nervös und so legt er sich mit der Kamera aufs Bett.Geburt (13 von 89)
Als die Videokamera stoppt, steht er auf um sie wieder neu zu starten. Als das erledigt ist, bitte ich ihn, Druck auf mein Kreuzbein auszuüben. Das musste er während der Schwangerschaft schon öfter mal machen, einfach weil es sich gut anfühlte und so wusste er sofort, wo und wie stark er drücken muss. Ich bekomme wieder wahnsinnigen Durst. Sven reicht mir das Wasser, als eine Welle angerollt kommt, die es schon in sich hat. Er drückt wieder das Kreuzbein. Ohne Unterlage ist der Druck zwar im Rücken angenehm, aber an den Knien ist es echt hart. Ich hatte lediglich das Malerflies drunter. Aber nach Kissen ist mir auch nicht, also vergeht die Welle und ich überlege mir, Sven einfach nicht mehr danach zu fragen.
Ich taste nah dem Muttermund. Ganz weich alles.. eventuell auch offen. Keine Ahnung! Aber kein Pfropf Nur flüssiges Zeug. Sven will trotzdem Felia wecken. Ich frage ihn, ob er sie braucht, denn ich befürchte, dass es noch zu lange dauern wird für die Maus und dass sie mich vielleicht ablenken oder hemmen könnte. „Lass mal noch. Wenn es noch 8 Stunden dauert und sie wieder so zittert vor Aufregung macht sie mich noch ganz nervös. Du machst mich schon nervös genug!“ Der arme legt sich wieder auf’s Bett. Ich will auch was Weiches, Gemütliches jetzt. Und wenn es noch so lange dauert, könnte ich ja versuchen, im Liegen noch etwas auszuruhen. Also lege ich mich daneben. Ich beschwere mich erneut über meine kalten Füße und stecke sie in den Haufen zusammengerollter Decken. Welle!!! „Ooooohhhh… huuuuu. Ooooh Gooottt….hhhuuuiiii. Nicht verkrampfen!“ sage ich zu mir selbst und kralle mich an der Matratze fest.
Langsam erfordern die Wellen echt Konzentration. In der Pause versuche ich komplett loszulassen und zu entspannen. Das gelingt gut. Ich lausche der Musik. „Krieger des Lichts“ von Silbermond – „Sei wie der Fluss der eisern ins Meer fliesst. Der sich nicht abbringen lässt, egal wie schwer es ist. Selbst den größten Stein fürchtet er nicht – auch wenn es Jahre dauert bis er ihn bricht! Und wenn dein Wille schläft dann weck ihn wieder…“
Das stärkt mich, weiterhin fokussiert zu bleiben, denn das wird ja noch dauern. Da ist Fokus gut! Ich lege die Hand an den Bauch und schließe die Augen. Nächste Welle. Es fällt mir schwer, im Liegen mit ihr zurecht zu kommen und ich bereue die Entscheidung mit dem Bett :P Sven steht auf und sagt mir, dass er Felia wecken geht. „Ja, mach!“ Vorher macht er noch ein Foto.
Ich will aufstehen und denke nur „Man, warum hilft der mir nicht hoch?“ sage aber nichts. Ich schaffe es auch so. Auf dem Bett sitzend trinke ich wieder und dabei fällt mir auf, dass die Geburtskerze immer noch nicht brennt und beauftrage Sven, sie anzuzünden.
Er macht Fotos. Ich taste wieder nach unten. Kein Schleim. Man, das geht aber langsam vorwärts. Mein Mann fummelt am Blitz umher, ich erinnere ihn energischer, dass er bitte die Kerze anzünden soll und trinke wieder, lausche nun Ed Sheeran J Er packt endlich die Kamera weg, holt die Zündhölzer und entzündet Juri’s Kerze Welle. Sven will gerade Felia wecken gehen, aber ich stehe schnell auf und kralle mich in ihm fest. Diese Welle veratme ich im stehen, während Sven erst steht wie angewurzelt und dann meinen Bauch streichelt.
Ich will zur Toilette. Normal bewegen fällt zunehmend schwerer, aber es geht und irgendwie komme ich zum Klo. Gerade fertig auf der Toilette kommt meine Tochter, drängelt mich wehend beiseite und setzt sich auf’s Klo. Völlig schlaftrunken bekommt sie überhaupt nicht mit, das ich in den Wehen bin, selbst als ich laut und deutlich eine veratme. Als sie fertig ist auf der Toilette, geht sie schnurstracks an uns vorbei und zurück ins Bett Ich bin wieder in meinem Wehenzimmer und plötzlich läuft mir etwas die Beine herunter. Na endlich, da ist er. Der Schleimpfropf ist gelöst. Ich taste nochmal und ja, da ist nun wirklich alles ganz ganz weich. Erst jetzt bin ich sicher, dass die Geburt wohl losgeht :P Ich bitte Sven um ein Tuch und wische das Geschleime etwas ab. Er kommt ins Zimmer.
„Ist sie jetzt wieder schlafen gegangen?“ frage ich ihn. Er nickt völlig verdutzt. „Sag ihr nochmal, dass das Baby jetzt kommt!“ sage ich und werde von einer Welle in die Knie gezwungen. Die ist heftig! So langsam ist es echt nicht mehr lustig und ich verfalle in ein „Aua aua aua…Aaaah FUCK MAN!“ (Hihihi) Danach wird’s richtig laut und ich flehe wieder „Oh Goooooott!“
Nach der Wehe, Anweisung an Sven: „ Sven geh nochmal hin und sag ihr Bescheid!“ Ich weiß ja, wie gern sie dabei sein will. „Unbedingt!!!“ hatte sie gesagt! Er macht noch fix Bilder.
Ich murmele „Man, ist das scheiße warm jetzt hier!“, ziehe mein Shirt aus und weise Sven an, den Heizlüfter aus zu machen. Dann schnappe ich mir mein Lavendelkissen, drücke die Nase hinein und hoffe, das der Duft mir Linderung verschafft oder mich wenigstens ablenkt.
Es duftet mir fast etwas zu intensiv, aber ich atme einfach erstmal… Dabei läuft „Breathe“ von Midge Ure (hahaha) Sven kommt mit Felia ins Zimmer, die nun hellwach ist, gerade als ich eine Welle veratme. Ich bin wieder mehr in meinem Fluss, kann mit gezieltem atmen ruhig bleiben und die Welle annehmen. An dieser Stelle beginnt Felia zu filmen J Ich bitte Sven, die Musik leiser zu stellen und trinke.. mal wieder Ich kenne diesen wahnsinnigen Durst von den anderen Geburten überhaupt nicht.
Ich schaue zu Felia und Sven und sage ihnen, dass sie noch nicht die ganze Zeit filmen brauchen, weil es sicher noch dauern wird und „sie es schon merken werden, wenn es soweit ist“ (Das haben Sie ja, im Gegensatz zu mir ) Als die nächste Welle kommt, flehe ich „Oh Gooott…Hiiiilfe!“ und verlange danach einen Lappen, um mir den Schweiß aus dem Gesicht zu wischen. Einen kalten Lappen, Herrgott, den brauche ich jetzt! Sven sucht in der Geburtskiste und ich schnarre ihn an, das dort kein Lappen drin ist. Er geht los um einen zu besorgen. Mir dauert das alles viel zu lange. Mein Gott, ich hatte ihm doch extra wieder eine Liste geschrieben, so das er weiß was er zutun hat!! Endlich kommt er und wischt mir mit dem herrlich kalten Lappen durchs Gesicht. Wie gut das tut.. so erfrischend! Und schon ist die nächste Welle da. Diesmal verschnaufe ich sie, bin ganz leise.
Sven dirigiert Felia, die bis dahin auf dem kalten Laminat steht, auf’s Bett vor mir zu krabbeln. Ich bekomme davon nichts mehr mit, bin ganz in meiner eigenen Welt angekommen. Mein Gesicht fest aufs Bett gedrückt, konzentriere ich mich nur auf mich und das, was mein Körper mir befehlt. Ich schnaufe, atme gleichmäßig und laut, aber ohne zu tönen. Es ist schwer, nicht von dem Druck im Bauch, der nun permanent bleibt, überrollt zu werden. Höchste Konzentration ist erforderlich.
Die nächste Welle! Es verändert sich etwas…ich töne nun ganz anders! Viel tiefer! Lauter! Ich spüre, wie mein Körper langsam Druck aufbaut und nach unten schiebt. Erst noch sanft, dann stärker und dann URGEWALTIG! Ich stoße lange, tiefe, brummende und LAUTE Töne aus und beim dritten Mal: PLATSCH! platzt hörbar die Fruchtblase.
Wow! Doch schon so weit?! Na Gott sei Dank, langsam sind die Wellen nicht mehr spaßig und ich hoffe innerlich, dass es doch nicht mehr so lang dauert, wie ich es die ganze Zeit dachte. Als nun der Druck langsam kommt und die Blase springt weiß ich: Gleich halte ich mein Baby im Arm! Juhu
(Genau an diesem Punkt ist der Akku der aufgestellten Kamera leer und so bleibt mir nur die Aufzeichnung, die meine Tochter gemacht hat.)
Ich bin im Vierfüssler, muss nochmal drücken. Aber es fühlt sich nicht richtig an! Ich spüre tief in mich hinein. Es ist ein Gefühl, als würde ich das Kind gegen meinen Beckenknochen drücken…als käme es so nicht vorran. Es tut mir innerlich direkt am Knochen weh, als würde jemand mein Becken auseinanderreißen. Dennoch bleibe ich vorerst auf’s Bett gelehnt im Vierfüssler und warte auf die nächste Welle. Sie kommt, ich drücke und das Gefühl bleibt.
Ich brauche nochmal den kalten Lappen. Ich schwitze wie verrückt und sage nur „Lappen!“ Als Sven soweit ist und mir das Gesicht abwischen will, kommt plötzlich die nächste Welle. Oh Gott, fass mich jetzt bitte nicht an! Er will mir gerade das Gesicht abwischen, ich bekomme nur noch ein „WEG!!“ heraus als mich diese Urgewalt überrollt und meinen Körper mitreißt. Diesmal setze ich mich aufrecht auf die Knie.
Mein Körper schiebt, ich presse nicht. Alles geschieht von selbst und wieder kommt ein „Oh Gott!“ über meine Lippen. Anders ist das alles auch wahrlich nicht zu beschreiben. Ich bin ganz ruhig und werde spürbar weit.. Ohne einen Laut aber voller erstaunen spüre ich ganz genau, wie der Kopf nun tiefer kommt und in die Scheide tritt. Ich presse oder schiebe nicht ein einziges Mal aktiv mit. Mein Körper hat das Ruder übernommen und anders als bei Lieschen werde ich eher passiv statt aktiv und lasse einfach geschehen.
Halb kniend, halb hockend wird der Kopf geboren. Ich halte ihn, fasse hin. Ich habe dieses Mal nicht das Gefühl zu reißen (bei Lieschen war das sehr intensiv! Bei ihr dachte ich, alles reißt auseinander)
Mit der nächsten Wehe flutscht der Körper heraus und da ist er. Mein Sohn ist geboren.
Ich bin total erleichtert. Der Kleine hustet sofort los, atmet aber noch nicht. Dennoch ist für mich erstmal alles in Ordnung und ich begrüße freudig mein Kind. Sven fotografiert und meine Tochter filmt. Sie ist völlig verzückt und hat nun nur noch Augen für den Kleinen. Ich nehme ihn in den Arm und reibe seinen kleinen Rücken, der noch voll ist mit Käseschmiere.
Ich weise Sven an, nun mit den Fotos kurz aufzuhören, weil ich einfach den Zauber des Anfangs ganz aufsaugen will. Dabei stört mich das Blitzlicht doch kurzzeitig.
Ich beruhige Sven, der merklich angespannt auf den ersten Schrei wartet und sage ihm, dass alles okay ist. Die Nabelschnur pulsiert noch und der Kleine hat alle Zeit der Welt um anzukommen. Und dann ertönt er auch schon: Der erste Schrei unseres fünften Kindes. Wir haben es geschafft! Sven holt die warmen Handtücher aus dem Ofen und wir kuscheln erstmal ausgiebig auf dem Fußboden. Unter mir ist zwar alles nass vom Fruchtwasser (auch die viel zu großen Socken von Sven sind jetzt klatschnass) aber ich bin so geflasht, das ich den Moment einfach kurz genau dort sitzend genießen will. Ich bewundere auch die dicken Flocken Käseschmiere auf dem Malerflies, die wohl im Fruchtwasser schwammen. Mir fällt ein, das noch keiner auf die Uhr gesehen hat, aber glücklicher Weise können wir die Uhrzeit auf der Kameraaufzeichnung ablesen.
Die Plazenta habe ich wieder eine Stunde später, nach dem ersten Anlegen, geboren und sie blieb bis zum nächsten Morgen mit dem Kleinen,in ihrer Schale ruhend, verbunden.
Wir wollten die Nabelschnur durchbrennen, aber aufgrund von mangelnder Geduld bei Mann und Kindern wurde das letzte Stückchen geschnitten. Danach haben wir noch gemessen und gewogen. Auf einen Namen konnten wir uns erst nach 2 Tagen einigen.
Juri, geboren am 31.03.2017 um 23.01 Uhr
57cm lang, auf unserer Waage 4730g schwer und 37cm Kopfumfang.
(Am Abend des 01.04. kam die Hebi und hat nochmal gewogen. Nach Mekoniumabgang waren es auf ihrer Waage dann 4370g) Der „Kleine“ hatte im übrigen, genau wie sein großer Bruder, über 3 Tage eine deutliche Stauungszyanose (das heisst, er war blau im Gesicht).