Schon eine Woche rum
Zeit für ein kleines Resümee, nun, wo sich alles etwas gesetzt hat...
Ich hatte vor der Schwangerschaft die unkomplizierte Schwangerschaft und wunderschöne, heilsame HG von J., die in mir einen ungeheuren Kinderwunsch auslöste und das Bedürfnis, noch einmal so eine tolle Erfahrung machen zu dürfen. Und ich habe irgendwie gefühlt noch "höher gepokert", ich wollte so gerne auch die Möglichkeit zur AG schaffen, aber die Hebamme als Backup im Hintergrund haben.
Heraus kam eine sehr anstrengende Schwangerschaft, in die ich fast bis zum Schluss nicht richtig hineinfand und eine Geburt, die mich völlig kalt erwischte. Ich bin sehr froh, dass ich meine Hebamme in der Hinterhand hatte, weil sie mir sehr gut aus dieser völligen "Schockstarre" heraushalf, die mich durch die heftigen Wehen überfiel.
Was ich aus dieser Geburt mitnehme:
Es war schade, dass ich so wenig Verbindung zu meinem Baby hatte. Bei J. rief ich unter den Wehen oft sehr bejahend "Auuf", "Kooomm Baby" und fühlte ganz viel nach ihm. Bei dieser Geburt war ich nur mit mir und diesen krassen Schmerzen beschäftigt und damit, wie ich irgendwie in die Geburt "hineinfinden" kann. Ich habe es auch diesmal wieder nicht geschafft, mein Baby aufzufangen, aber ich denke, davon muss ich mich allgemein verabschieden, weil die Kinder bislang immer nach 2,3 Presswehen mit Wahnsinnsgeschwindigkeit aus mir herausgeschossen sind, bei J. sogar das gesamte Kind mit nur einer Wehe.
Schade finde ich auch, dass diesmal der Glückshormonrausch komplett ausblieb, auf den ich mich eigentlich am meisten gefreut hatte. Ich dachte, wenn schon die Schwangerschaft nicht so dolle war, dann kann ich mich immerhin noch auf die Geburt freuen. Habe ich auch. Aber dann konnte ich mich erst gegen Ende der Geburt langsam darauf einlassen und schon war sie wieder vorbei. Zurück blieb eigentlich nur das Gefühl, total überfahren worden zu sein.
Ich habe hier die Notizen der Hebis, und bei J. haben sie total viel geschrieben, diesmal fast nur Herztöne und ein paar Sätze, die sich 1:1 mit meinem Erleben und Erinnerung decken, z.B. "17:19 Uhr weniger intensive Wehe". Hier spiegelt sich wirklich auch bei den Hebammen die rasante Geburt.
Interessant ist die Notiz 17:30 Uhr: "G. ist durch den Wind (sagt sie)". Kann mich nicht mehr erinnern, dass ich das gesagt habe, 3 Minuten nach der Geburt, aber es deckt sich 100% mit meiner Erinnerung.
Unter der Geburt hatte ich ein ganz schreckliches Gefühl, dass ich mit dieser Erfahrung einfach keine Kinder mehr bekommen könnte, obwohl ich mir noch mehr wünsche. Aber ich hatte so enorm das Gefühl, versagt zu haben, unfähig zu sein, dass ich dachte, damit sei ausgeschlossen, nochmal eine Geburt angehen zu können.
Mir ist aber klar geworden, dass ich nicht versagt, sondern im Gegenteil genau richtig gehandelt und auf mein Gefühl gehört habe - sei es, dass ich schon ein paar Tage vorher intuitiv gemerkt haben muss, dass die Geburt ansteht, als auch am Tag selbst - ich habe alles getan, was ich konnte, um eine ruhige und sichere Geburtsumgebung für mich und mein Baby zu schaffen.
Ich bin auch inzwischen nicht mehr enttäuscht, dass ich die Alleingeburt nicht umsetzen konnte. Meine Hebamme meint zwar, ich hätte auch von allein irgendwann aufgehört zu schieben und mich intuitiv irgendwann in eine entlastendere Position begeben wie bspw. Seitenlage, allerdings sind wir beide nicht sicher, ob ich dann noch Kraft für die Geburt gehabt hätte. Ich persönlich bin sicher, dass ich nach einigen Stunden solcher Wehen mich wohl ins KH hätte verlegen lassen für PDA + Wehenhemmer. Ganz davon abgesehen, wie es meiner Tochter gegangen wäre, wenn sie über weitere Stunden gegen den geschlossenen Muttermund gedrückt worden wäre. Man weiß es natürlich nie. Ich kann nur sagen, dass die liebevolle, zurückhaltende, warme mütterliche Zuwendung meiner Hebamme mir sehr gut getan und durch diese schwere Geburt geholfen hat.
Was ich aus dieser Geburt als besonders schön mitnehme: ich habe diesmal so richtig mit dem Beckenboden gearbeitet, das ging selbst bei der letzten HG nicht. Mein Damm ist unverletzt, ich konnte sofort nach der Geburt den BeBo wieder ansprechen, kein "Sortieren", wie Pipimachen nochmal geht, kein Brennen, keine Hämorrhoiden rausgepresst, kein Gefühl, dass mir sämtliche Organe rausfallen, wenn ich aufstehe. Also körperlich geht es mir noch besser als nach der letzten HG, bei der ich ja auch schon ganz schnell wieder fit war.
Interessant, dass ich diesmal nur wenige starke Nachwehen hatte und die Rückbildung superschnell ging - ob das an der verzehrten Plazenta liegt, weiß ich nicht, aber könnte sein. Bauch ist auch schon fast wieder komplett weg, nach 4 Tagen schon war nur noch Mini-Schmierblutung da.
Ich glaube, dass da auch die Psyche mit hineinspielt - wenn ich in den Spiegel gucke, denke ich nicht mehr an die Schwangerschaft, ich fühle mich auch fast so, als wäre ich nicht schwanger gewesen. Schwangerschaftskleidung ist schon wieder verräumt - ein bißchen ist es, als ob ich einige Monate einfach nur krank gewesen wäre und nun ist das vorbei und das Baby halt da. Das klingt jetzt vielleicht etwas kalt, aber ich empfinde das nicht so. Ich habe einfach meinen Frieden damit geschlossen, dass die Schwangerschaft diesmal wirklich richtig beschwerlich war und vermutlich habe ich deshalb auch kein großes Bedürfnis mehr (gehabt), mich davon und meinem Bauch zu verabschieden. Umso mehr erfreue ich mich an dem süßen Baby, das nun in meinen Armen liegt
Unter der Geburt war ich ja total enttäuscht, weil ich dachte, "Da geht er nun zugrunde, der Plan einer Großfamilie, nochmal schaffe ich das nicht". Jetzt, mit etwas Abstand (und ohne Einfluss der Wehen
) denke ich wieder ein wenig anders. Ich habe meinen Glauben daran, dass ich prinzipiell gut gebären kann, nicht verloren. Ich denke aber, dass ich schon in der Schwangerschaft gemerkt habe, dass mein Körper und meine Seele keine schnellen Folgeschwangerschaften tolerieren. Also möchte ich jetzt erst einmal meine Kinder in vollen Zügen genießen und dann in 2, vielleicht sogar erst 3 Jahren kann ich mir vorstellen, mit viel guter Vorbereitung, mental und körperlich, wieder voller Kraft und Zuversicht in Schwangerschaft und Geburt zu gehen. Und die letzte Geburtserfahrung würde ich voller Demut im Hinterkopf behalten, als Warnung, mir nicht zuviel zuzumuten und offen für alles zu sein, mehr Hilfe anzunehmen, mich nochmal besser vorzubereiten. Bis dahin werde ich aller Voraussicht nach mein Studium abgeschlossen haben und dann durch Mutterschutz und Elternzeit auch die Möglichkeit dazu haben, mich einmal nur auf Baby zu konzentrieren... Aber ich würde definitiv, auch mit der erschütternden Erfahrung dieser Geburt, wieder positiv an die Hausgeburt herangehen.
Vielen lieben Dank für Eure guten Wünsche und fürs Lesen!
Es tut gut, meine Gedanken und Gefühle mit Euch zu teilen.
Ein schöner, authentischer Bericht.
Ich konnte an vielen Stellen sehr mit dir mitfühlen und habe mich an Js Geburt erinnert.
Ich hoffe, auch wenn du dir einiges vorher anders ausgemalt hast, kannst du, so wie wir, sehen wie einzigartig und wundervoll du das gemeistert hast.
Ja, inzwischen kann ich das. Erst habe ich die schwere Geburt eher als Zeichen meines Versagens erlebt, dann habe ich mir gedacht, dass es eher andersherum ein Zeichen meiner weiblichen Kraft und Stärke ist, dass ich diese Geburt letztendlich gemeistert habe.
Ich hatte das Gefühl beim Lesen du hast einen richtigen "Prozess" durchgemacht. Erst hörte es sich etwas chaotisch an und ich habe noch gefragt ob die Geburt so in deinem Sinne war aber dann, so mein Gefühl, konntest du dich doch irgendwie entspannen und deinen Kopf ausschalten
Das ist lustig, dass Du das schreibst, genau so war es. Durch Deinen Kommentar sind mir noch zwei Sachen von der Geburt eingefallen, die ich total vergessen hatte und die eigentlich auch in den Bericht gehören.
Zum Einen gab es ja den Moment, in dem ich dachte, jetzt geht nichts mehr, ich muss in die Klinik und werde da im Kaiserschnitt enden. In meinem Kopf hallte immer der Satz "Ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr" Und lustigerweise war der nächste Gedanke: "Naja, was willst Du machen? Nützt ja nun nichts. Die Geburt kann Dir keiner abnehmen."
Das war total lustig und völlig surreal irgendwie, es muss praktisch ganz zum Schluss der Übergangsphase gewesen sein und resultierte dann irgendwie in einer Art bockig-trotzig-jetzt-ist-eh-alles-scheißegal-Haltung, als ob ich mich an dem Punkt irgendwie der Geburt ergeben hätte und vorher dagegen gewehrt... Das passt auch dazu, dass ich die ganze Zeit unter den heftigen Wehen soviel wie ein Pferd geschnaubt und den Kopf geschüttelt habe. Das war gar nicht so abwehrend gemeint, ich habe auch nie "neiin" geschrien, aber eben auch nicht "jaaaa" wie bei der letzten Geburt. Und ich musste wirklich viel Kraft und alle Konzentration aufwenden, um ansatzweise Entspannung hinzubekommen, die bei der letzten HG von allein kam - da habe ich bis zum Schluss noch gelächelt.
Das Zweite ist: Als ich anfing, wieder zu schieben, fragte meine Hebamme kurz "Bist Du im Kopf oder Körper?" - das war eher eine Art rhetorischer Frage, aber genau der richtige Impuls, damit ich noch mal Energie bekomme und mich mehr löse. Ich musste wirklich einmal die Kontrolle komplett abgeben und sagen: Körper, übernimm.
Und das ist im Nachhinein das, was mich inzwischen so freut. Schneekönigin hatte ja so toll geschrieben, dass mein Autopilot schon einsetzen würde. Und ich dachte während und direkt nach der Geburt immer, aber wo war er denn, der blöde Autopilot, bei mir hat's diesmal nicht funktioniert. Ich war so enttäuscht! Dabei habe ich gar nicht gesehen, dass ich den immer wieder aktiviert habe unter dieser Geburt - schon als ich einen Tag vorher anfing, meine Gebärhöhle einzurichten, als ich intuitiv die Kinder wegorganisierte, meinen Mann wegschickte, meine Freundin und meine Hebamme holte, weil ich weiblichen Trost und Beistand brauchte
Übrigens ist meine Freundin nach wie vor total begeistert von der Geburt und hat sie auch als große Leistung und gar nicht bedrohlich empfunden. Es war wirklich Frauenpower, in all seinen Facetten: Liebe, Wärme, Kraft, Urgewalt, Schutz. Frauen unter sich bei der Geburt des ersten Mädchens in unserer Familie!
Hier übrigens noch ein Bild von meinem Altar:
Die Rose von Jericho hat sich unter der Geburt ganz wundervoll entfaltet und ist sogar noch etwas grün geworden. Die Rosen meiner Freundin sind leider nicht mit drauf.
Die Schmuckkerze hat sehr angenehm gerochen und es kam folgender Anhänger heraus:
Mich erinnert es an das Baby im Mutterleib - oder das Köpfchen im vollständig eröffneten Muttermund