unsere ungeplante Blitz-Alleingeburt

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Tarias
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unsere ungeplante Blitz-Alleingeburt

Beitragvon Tarias » Di 3. Dez 2013, 14:50

Wo fange ich an?
Ich hatte ja bisher grundsätzlich keine langen Geburtsverläufe, aber der aktuelle hat alles getoppt.
Meine Kinder bisher kamen in 7 1/2 bzw. In 2 1/2 Stunden zur Welt, und schon die zweite Geburt war mir viel zu schnell gegangen.
Ich hatte die erste Geburt eigentlich sehr genossen, es war ein klassischer Verlauf, mit deutlichen Wehenpausen, in denen ich wieder zu Kräften kommen konnte und in denen ich mir auch bewusst werden konnte, wo im Verlauf ich eigentlich gerade stehe.

Na ja, diesmal war es völlig anders als ich mir erhofft hatte, und ich hatte einfach keinerlei Einfluß mehr.

Ich hatte versucht, mich mit dem Hypnobirthing-Buch auf die Geburt vorzubereiten, da ich insbesondere bei der letzten Geburt viel zu oft für mein Empfinden aus der Atmung gekommen war. Hysterisches Hyperventilieren ist dem Geburtsverlauf nicht unbedingt zuträglich :zahnlos:

Wie im Schwangerschaftstagebuch beschrieben, brach ja kurz vor dem errechneten Termin bei uns das Chaos aus, aber ich war trotz allem ruhig.
Zwei Tage vor ET begannen bei mir Vorwehen/Übungswehen/Senkwehen, teilweise über mehrere Stunden.
Das Ganze zog sich dann über eine Woche hin, ich glaube ich hatte insgesamt über 20 Stunden “Probewehen”, die aber alle recht gut zu handhaben waren.
Mich hats nicht gestört, ich habe nur irgendwann zur Hebamme gemeint: Wenn dass alles produktive Wehen wären, wäre das Kind schon da.
Da meinte sie, dass es durchaus sein könnte, dass ich durch diese ganze Vorarbeit nacher bei der Geburt weniger zu tun hätte.
Ihr Wort in Gottes Ohr ...

Freitag, an Tag 6 nach ET, hatte ich irgendwie das deutliche Gefühl, dass es nicht mehr lange dauern kann. Morgens einen riesen Heulkrampf, Mittags konnte ich mir dann endlich eine Stunde freischaufeln, und ging spazieren - Grünzeug für den Adventskrankz sammeln! Unterwegs ein paar sehr deutliche Wehen, aber alles unregelmäßig und in unterschiedlicher Stärke.
Dann mit der großen Tochter den Adventskranz fertig gebastelt, Adventsdeko aufgebaut, und Abends noch ein leckeres Abendessen mit Ofenkäse und Baguette gefuttert.
Als dann die Kinder im Bett waren, legte ich mich in die Wanne, einfach zum Entspannen.
In der Wanne passierte es dann: Blasensprung! Für mich eine völlig neue Erfahrung, waren doch bei den Geburten vorher die Kinder mehr oder weniger in der intakten Fruchtblase geboren worden.
Ich bekam kurz Panik, aber es tat sich - nichts. Es lief kein Fruchtwasser, es begannen keine Wehen - Ruhe wie bisher.
Irgendwann ging ich aus der Wanne, da begannen wieder ganz unregelmäßig und in unterschiedlicher Intensität die Wehen.
Ich rief gegen halb zehn die Hebamme an, um ihr den Stand durchzugeben, aber ich rechnete damit, dass es noch länger dauern würde, bis die Geburt wirklich in Gang kommen würde.

Ich tigerte eine Weile ungeduldig durchs Wohnzimmer, aber da sich nichts tat, ging ich gegen 22:00 ins Bett. Ich war müde, und wollte Kraft sammeln für die erwartete, lange Geburt.
Im Bett dann weiter ab und zu Wehen, manche musste ich recht deutlich veratmen. Aber immer noch nichts, was auf eine baldige Geburt schließen ließ.

Um 23:30 Uhr war es mir zu dumm, und ich stand auf, weil ich mir dachte, die Wehen werden durch das Gehen bestimmt kräftiger.
In dem Moment spürte ich, wie ein Schwall Flüssigkeit aus mir herausfloss. Im Bad dann erst mal Panik! Die Flüssigkeit war blutrot.
Ich war echt kurz in Panik, weil ich dachte, es wäre Blut.
Mann sofort geweckt, mittlerweile hatte ich auch schon eine altbekannte Hammerwehe.
Hebamme um 23:35 angerufen, die beruhigte erst Mal, dass es sich wahrscheinlich um Fruchtwasser mit etwas Blut handelt, kein Grund zur Panik, sie macht sich gleich auf den Weg!
Ich hatte schon während des Gespräches eine einzige Dauerwehe, die “Blutung” hörte wirklich gleich wieder auf, aber die Wehe blieb und wurde immer stärker.
Ich weiß nur noch, dass ich mir alle Klamotten vom Leib gerissen habe, und dass mir der Schweiß in Strömen herunterlief.
Mein Mann half mir, nicht ins Hyperventilieren zu kommen, und ich hangelte mich von Atemzug zu Atemzug.
Einatmen, zum Bauch, unter lautem Stöhnen wieder ausatmen - nochmal von Vorne, und nochmal ...
Ich verlor jedes Gefühl für die Zeit, wollte nur noch den nächsten Atemzug überstehen ...
Irgendwann ging mein Mann kurz zur Haustür, um sie für die Hebamme aufzumachen (damit sie nicht klingeln muss).
In dem Moment als er ging, richtete ich mich unwillkürlich aus dem Vierfüßler auf in die Hocke, hängte mich ans Waschbecken, und spürte nur noch Druck nach unten.
Es waren keine 30 Sekunden, bis Mann wieder da war, da konnte ich nur noch sage: Baby kommt!
Nach wenigen Sekunden war der Kopf schon da, und mein Mann konnte nur noch die Hände aufhalten, um das Baby aufzufangen.
Es war ca. 00:10 Uhr.

Dann die bange Frage: Ist alles in Ordnung?
Ich sah sofort - Baby ist rosig, sie wird gleich atmen. Wir haben sie mit einem Handtuch etwas abgetrocknet, ich nahm sie auf den Arm, und nach wenigen Augenblicken war sie vollständig da: Atmung, offene Augen, die ersten Laute.
Geschafft!

Mein Mann und ich waren beide wohl nur noch unter Adrenalin.
Wir haben die Hebamme angerufen, dass sie sich nicht mehr übereilen muss, die Zweithebamme konnte sie gleich wieder von der Straße aus abtelefonieren.
Nach ca. 20 Minuten traf die Hebamme ein, die Plazenta kam auch wie aus dem Bilderbuch, und ich war immer noch nicht wirklich wieder auf dem Boden angekommen.

Ich bin einfach nur froh, dass alles gut gegangen ist. Ich habe keinerlei Verletzungen oder Schürfungen, unsere Maus ist kerngesund, mein Mann stolz wie Bolle!
Über meine Hebamme war ich trotzdem sehr froh, denn ich blutete noch recht lange ziemlich stark.
Mein Kreislauf kippte immer wieder, so dass irgendwann doch noch die Frage im Raum stand, ob ich evtl. doch ins KH muss, um die Blutung zu stoppen und den Kreislauf zu stabilisieren. Ich gebe ehrlich zu, hier hatte ich einfach ein Deja vu von meiner Fehlgeburt, bei der ich ja ebenfalls wegen massivem Blutverlust und Kreislaufkollaps letzendlich den Rettungswagen angerufen habe.

Hier geht mein ganz, ganz besonderer Dank an meine neue Hebamme, die mich bei jedem Kreislaufausfall sanft wieder auf den Boden holte, und mit mir durchsprach, was denn passieren würde, wenn wir jetzt den Rettungswagen rufen.
Nach ca. 4 Stunden ließ die Blutung endlich nach, und der Kreislauf kippte nur noch weg, wenn eine dieser fiesen Nachwehen kam. Damit kamen mein Mann und ich zurecht, und die Hebamme verabschiedete sich gegen halb fünf, um über frisch verschneite Straße nach Hause zu fahren.

Mein Kreislauf ist bis heute, vier Tage nach Geburt noch nicht wieder der Alte. Ich bin immer noch sehr blass, und wacklig auf den Beinen.
Diesmal MUSS ich das Wochenbett einhalten, ich könnte körperlich gar nicht anders.
Das Gute daran für mich ist einfach die Tatsache, dass ich nicht vor dem Geburtsverlauf wegrennen kann (wie bei meiner zweiten Geburt, wo ich eine Stunde später schon unter der Dusche stand, und 24 Stunden später den Stall gemistet habe ...).

Ich habe den Verlauf mit der Hebi durchgesprochen, liege viel mit meiner kleinen Maus im Bett oder auf dem Sofa, und merke, dass es für mich mittlerweile ok ist, und ich meinen Frieden mit der Geburt geschlossen habe, die mich und auch meinen Mann psychisch und physisch absolut an die Grenze gebracht hat.
Auch wenn ich mir etwas vollkommen anderes gewünscht habe - es ist in Ordnung wie es gelaufen ist.

Und mein Mann ist glücklich, endlich mal bei einer Geburt “vorne” dabei gewesen zu sein, statt immer nur den Rückenhalter für mich zu spielen :rosabrille:
Bianca
HG 07/2009, HG 05/2011, AG 11/2013
Funke 08/2010 und Kelani 01/2013 fest im Herzen

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Re: unsere ungeplante Blitz-Alleingeburt

Beitragvon weiße wölfin » Di 3. Dez 2013, 14:56

WOW, herzlichen glückwunsch und willkommen baby (wer und was ist es denn?)
LG Viola 09/75
Angelo 09/95 KH,
Danilo 12/01 KH amb.,
Delano 05/03 HG,

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Hütet euch davor, eure Kinder zu Anpassungsakrobaten einer Welt zu machen, die ihr zutiefst ablehnt. Erziehung muß Weltverbesserung zum Ziel haben!
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Re: unsere ungeplante Blitz-Alleingeburt

Beitragvon Hibbeltrine » Di 3. Dez 2013, 14:59

Ich wiederhole mich auch hier: Das hört sich kraftvoll und rasant an! Eine unglaubliche Leistung! Ich glaube sofort, dass ihr an eure psychischen und physischen Grenzen gekommen seid! Und es hat sich ja auch gelohnt! Ich habe deinen Bericht mit großem Interesse gelesen, weil ich mir im Grunde auch genau eine solche Geburt wünsche!

Auch der Gedanke mit dem Weglaufen vor dem Geburtsverlauf nach einer früheren Geburt ist ein interessanter Ansatz! Nach meiner 1. Geburt füllte ich auch erstmal die Waschmaschine etc. War ganz sicher auch so eine Art "Weglaufen" bzw. Verdrängen.

Herzlichen Glückwunsch zur kleinen Maus, schönes Kuscheln und danke fürs Teilen dieses Berichts! :hallo: :princess: :venus: :flagge: :blume: :byhop:
- Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd (William Shakespeare) -

Es grüßt die Trine (Boardgrantlerin)

Emma 10/06, KH mit allen Schikanen
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Magdalena 03/14 Hockergeburt, heilend

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Re: unsere ungeplante Blitz-Alleingeburt

Beitragvon weib1969h » Di 3. Dez 2013, 16:49


:blume: herzlichen glückwunsch und danke fürs teilen.
liest sich rasant, erinnert mich an meine 5te geburt - langes warten auf geburtsrelevante wehen(kamen nicht) und dann mit kaum wehen hurtig raus.

:hug: :princess: gute erholung und frohes ankommen. :flagge:

Yvonne
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Re: unsere ungeplante Blitz-Alleingeburt

Beitragvon Ardilla » Di 3. Dez 2013, 17:06

Herzlichen Glückwunsch zum Baby!!!! :blume:
Das war ja wirklich eine Blitz-Geburt. Ich wünsche dir ein erholsames Kuschelwochenbett und eine tolle Kennenlernzeit :wolke:
Julitochter * 2001 (ambulante Beleggeburt)
Februarkerlchen * 2005 (Hausgeburt mit KS beendet)
Julimädchen * 2011 (Hausgeburt)

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Re: unsere ungeplante Blitz-Alleingeburt

Beitragvon Sonnenblume23 » Di 3. Dez 2013, 17:33

Ganz herzliche Glückwünsche :flagge:
Liebe Grüße
Sonne mit 10 Kindern an der Hand und 5 im Herzen

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Latura
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Re: unsere ungeplante Blitz-Alleingeburt

Beitragvon Latura » Di 3. Dez 2013, 18:07

Toll gemacht :hug: Herzlichen Glückwunsch und frohes Kuscheln :wolke:
11.2008 :princess: 07.2010 :knicks: 08.2012 :dreirad: 10.2014 lol

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Re: unsere ungeplante Blitz-Alleingeburt

Beitragvon MorgaineDAvalon » Di 3. Dez 2013, 19:35

alles gute und ein schönes wochenbett!!! :rainbow:

gibt es eine vermutung, woher der starke blutverlust kam?
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Lisbeth
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Re: unsere ungeplante Blitz-Alleingeburt

Beitragvon Lisbeth » Di 3. Dez 2013, 19:45

Herzlichen Glückwunsch zum Baby. Habt eine schöne Kuschelzeit.

Und zum noch bleich und wacklig sein nach hohem Blutverlust: ich hatte das nach der Geburt meiner Tochter auch und hab Eisen zugeführt. Das hat mich gut wieder auf die Beine gebracht.
02/13 HG 08/15 HG

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Simsalabim
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Re: unsere ungeplante Blitz-Alleingeburt

Beitragvon Simsalabim » Di 3. Dez 2013, 19:51

Wow. Herzlichen Glückwunsch!
Für deinen Mann war das mit Sicherheit ein wunderbares Erlebnis. :love:
Das Herz hat Gründe
die der Verstand nicht kennt.



2016 HG, beendet mit KS
2019 HG im Pool


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