In meiner 3. Schwangerschaft hab ich beschlossen ganz ohne Vorsorge, ohne Arzt, ohne Hebamme auszukommen. Ich habe mich auf mein Bauchgefühl verlassen und das war auch gut so.
Begonnen hat es am Morgen des 3. Septembers. Ich war in der 38. SSW und hatte leichte Wehen – naja, es war eigentlich nur ein harter Bauch. Der Unterschied bestand darin, dass es auch einen leichten Druck nach unten gab. Die Sonne schien, es war warm und ich dachte: „Heut ist ein schöner Tag zum gebären“. Mein Mann war schon unterwegs in die Arbeit. Ich wollte keine Pferde scheu machen, also hab ich ihn noch nicht über mein Befinden informiert. Ich überlegte noch, ob ich meinen grossen Sohn in die Vorschule bringen soll oder nicht. Ich hab ihm versprochen, dass er bei der Geburt daheim sein darf, und wenn die Wehen stärker werden, kann ich ihn ja nicht mehr selber abholen. Nach langem hin und her hab ich beschlossen, den geplanten Tagesablauf einfach beizubehalten.
Also den Grossen in die Vorschule, dann mit dem Kleinen wieder heim zum Vormittagsschlaf. Diese Zeit nutzte ich auch gleich, endlich die Geburtskiste fertig zu packen. Da mich seit 4 Tagen der Ischias so quält, dass ich teilweise nur auf allen Vieren krabbeln konnte, bzw. nur unter starken Schmerzen humpelte, war es nicht so einfach, alles schnell zu erledigen. Die Wehen kamen mal öfter, mal weniger oft, aber immer in der gleichen Intensität – also noch kaum wahrnehmbar.
Nach dem Mittagessen dann wieder mit dem Auto zur Vorschule, meinen Sohn abholen, und da ich jetzt nicht mehr an eine baldige Geburt glaubte, erledigte ich auch noch ein paar Einkäufe - immerhin war der Kühlschrank leer. Im Lebensmittelgeschäft wurde ich doch von mehreren Leuten angestarrt. Auf dem Einkaufswagen lehnend – stöhnend (wegen dem Ischias, nicht wegen den Wehen), und 2 Kinder im Schlepptau. Mich hat sogar eine Frau angesprochen wie es mir geht, und wann es soweit ist. Ich meinte daraufhin, dass ich in 2-3 Wochen Termin, aber doch jetzt schon Wehen habe. Sie sagte mit einem Lächeln „Ja, das sieht man. Fahren sie lieber schnell nach Hause!“. Daraufhin musste ich lächeln, denn sie sagte nicht ich soll ins KH fahren, sondern heim. Und das hatte ich ja vor.
Daheim angelangt hab ich noch den Garten gegossen – es war ja ein schöner, warmer Tag und die Pflanzen wollten ja auch versorgt werden. Und schließlich kam ein Anruf von meinem noch immer uninformierten Mann, dass ein Zug ausgefallen sei, und er jetzt am Bahnhof festsitzt, da er dadurch den Bus versäumt hatte. Also entweder 1 ½ Stunden warten, oder ich hole ihn ab. Also gut, die Wehen sind sowieso so gut wie weg – Kinder zusammenpacken und noch schnell 25 km zum Bahnhof fahren meinen Mann abholen.
Zu Hause angelangt gab es noch das verspätete Abendessen, und dann endlich die müden Kinder ins Bett. Ich erzählte meinen Mann von meiner Geburtsvermutung, woraufhin er sofort den Haltegriff von der Gästedusche abmontierte, um sie in unsere Dusche festzuschrauben. So, jetzt war auch der letzte Punkt auf der Geburtsliste erledigt. Da sich die Wehen jedoch verabschiedet haben, ging ich müde gegen 22:30 Uhr ins Bett.
Um ca. 1 Uhr des 4. Septembers wurde ich von einer Wehe geweckt. So, dachte ich, mal ein anderer Schmerz als der lästige Ischias, der es mir unmöglich machte, mich im Bett zu drehen. Ich schlief aber weiter. Nicht lange, dann kam die nächste Wehe, dann wieder eine und noch eine. Gegen halb 3 beschoss ich aufzustehen und auch meinen Mann zu wecken.
Ich machte es mir im Badezimmer gemütlich, stellte die Geburtskiste bereit und bat meinen Mann die Wärmeflasche herzurichten. Die Geburt war zwar wie beim letzten mal in der Dusche geplant, da wir aber nur heißes Wasser für ca. 15 Minuten haben, hab ich mich für eine „Trockengeburt“ entschieden. D.h. ich hängte mir die Wärmeflasche an die Duschwand in der Höhe meines unteren Rückens, denn da wollte ich es auf jeden Fall warm haben. Der Heizstrahler wurde auch schon aufgedreht. Und so hängte ich mich bei jeder Wehe an den Haltegriff, mit der Wärmeflasche im Rücken und tönte noch eher leise auf „aaaaaahhhhh“. Zwischendurch – mein Ischias meldete sich ja doch noch regelmäßig – setzte ich mich auf den Klositz, oder hängte mich über die Waschmaschine. Mein Mann versorgte mich in der Zwischenzeit mit einem Butterbrot, denn ich war plötzlich sehr hungrig.
Um halb 4 war ich mir sicher, dass ich mich mitten in der Geburt befand, und da wachte auch mein grosser Sohn auf. Wir wollten ihn überreden, nochmal weiterzuschlafen, und haben ihm versprochen, dass wir ihn wecken, wenn das Baby da ist. Ausserdem glaubten wir, dass es noch bis Mittag dauern wird. Aber er wollte nicht. Also blieb er bei uns im Badezimmer. Zwischen den Wehen unterhielten wir uns, und wenn ich wieder laut tönte, waren die beiden ganz leise, um mich nicht zu stören.
Eine Stunde später wachte auch mein Kleiner auf. Der war ganz verzweifelt, da plötzlich Papa neben im im Bett lag, und nicht Mama, mit der er sein morgendliches (oft einstündiges) Brustnuckeln zelebrierte. Und da er sich auch nicht beruhigen ließ, bin ich schnell in einer Wehenpause ins Bett und hab ihm noch schnell stillen lassen. Nach 2 weiteren Wehen im Bett war er jetzt ganz wach, wieder gut gelaunt und ging mit seinem großen Bruder und Papa ins Kinderzimmer zum Spielen. Und ich konnte mich endlich wieder an meinem Haltegriff festklammern.
Ich merkte, dass ich schon lauter tönen musste, konnte aber trotzdem nicht einschätzen, wie weit die Geburt schon fortgeschritten war. Also fühlte ich mal nach und konnte den Kopf schon anfassen. Jetzt war mir klar, dass es nicht mehr so lange dauern kann. Ich erzählte meinem Mann davon und wir beschlossen, die Kinder samt Frühstück vor den Fernseher zu setzen, damit sie ihren Lieblingsfilm schauen können. So war uns zumindest eine halbe Stunde Ruhe sicher. Gesagt getan. Mein Mann kam wieder zu mir und bereitete die Kinderluftmatratze mit einer Unterlage versehen unter mir vor. Ich hatte diesmal vor, bis zum Schluss stehen zu bleiben und mich mit beiden Händen festzuhalten. Ich wusste, dass ich mein Baby so nicht selber auffangen konnte, und überließ ich diese Aufgabe meinem Mann. Für eine sichere und weiche Landung wollten wir aber trotzdem vorsorgen.
Mein Tönen änderte sich schon. Es wurde lauter, tiefer und zu einem „aaaaauuuuuuufffffff“. Später erzählte mir mein Sohn, dass er mich bis nach unten ins Wohnzimmer gehört hat, da dachte er schon, dass das Baby bald da sein wird. Ich ließ einerseits locker, verstärkte den Druck nach unten aber ganz leicht. Und dann kam bei einer Wehe auch etwas Stuhl mit. Mein Mann reichte mir WC-Papier, und ich bat ihn, die Unterlage zu wechseln. Er meinte aber, dass es sich nicht mehr ausgehen wird. Ich war ganz verblüfft und glaubte ihm nicht, doch dann kam wieder eine Wehe und der Kopf war geboren. Ich spürte wie sich die Schultern durchdrehten und dann war unser Mäuschen geboren. Mein Mann fing sie auf und legte sie behutsam auf die Luftmatratze. Ich konnte es noch kaum glauben – es war gerade mal 6:33 Uhr, und da es bereits hell wurde hatte mein Mann vorsorglich im Bad das Licht noch ausgemacht. Ich kniete mich zu meinem Baby runter, bestaunte es, und hob es hoch. Und jetzt sahen wir auch, dass wir ein Mädchen bekommen haben. Ich war etwas erstaunt, denn ich rechnete mit einem 3. Sohn, aber somit wurde ich auch sehr überrascht. Die Kleine atmete sofort, war auch gleich rosig und protestierte etwas über die Kälte. Also sofort in ein Handtuch einwickeln und den Heizstrahler näher rücken. Die Plazenta kam auch sofort hinterher, fast unbemerkt. Ich fühlte nur was warmes, nasses zwischen meinen Beinen.
Jetzt durften auch die Kinder dazukommen. Beide staunten über ihre kleine Schwester und strahlten über das ganze Gesicht. Endlich ist das Baby da! Und es saugt auch schon kräftig an der Brust, was zu etwas Verwirrung meines Kleinen sorgte. Immerhin gehörte ihm die vor noch nicht einmal 2 Stunden noch ganz alleine.
Ich sah mir dann noch gemeinsam mit meinem Mann die Plazenta an, wobei ich der Meinung war, dass sie vollständig ist. Anschliessend legte sie mein Mann in eine vorbereitete Schüssel. Nach ca. 1 Stunde schnitten mein Mann und mein grosser Sohn die Nabelschnur durch. Ich rechnete mit ein paar Tropfen Blut. Vom Gefühl her war es mir aber etwas zu viel, deswegen schnürten sie wir dann doch noch mit einem Band zu.
Kurz noch duschen (endlich heißes Wasser genießen), während unsere Tochter mit Papa kuscheln durfte, und dann ab ins Bett. Ich war schon sehr müde. Mir fehlte die halbe Nacht und die Geburt war schon anstrengend – wenn auch relativ schmerzarm. Mein Mann meinte später zu mir, dass ich die ganze Geburt nicht so aussah, als hätte ich Schmerzen gehabt.
Gewogen und gemessen haben wir unsere Schönheit erst am nächsten Tag. Laut Personenwaage (wir haben ja sonst nichts anderes) hätte sie 2,5 kg. Aber ich schätze sie auf etwas mehr. Also sagen wir irgendwas zw. 2,5 und 3 kg wird sie schon wiegen. 52 cm lang ist sie, mit einem zarten Köpfchen von 32,5 cm.
Ich blieb komplett verletzungsfrei. Nichtmal eine Schürfwunde hab ich davongetragen. Aber der Ischias zwingt mich trotzdem ins Bett und zur Ruhe (und ein fieser Muskelkater im Hintern!), was ja nicht soooo schlecht ist, sonst würde ich mein Wochenbett ja auch nicht einhalten.
Was es zur Alleingeburt noch zu berichten gibt ist die Anmeldung beim Amt. Ich hatte weder einen Nachweis über meine Schwangerschaft, noch über die Geburt, wodurch die Anmeldung unserer Tochter nicht möglich war. Daraufhin haben wir eine HG-Hebamme kontaktiert, die 2 Tage nach der Geburt zu uns kam und den Papierkram erledigte. Eine sehr nette, zurückhaltende Frau, die Alleingeburten gegenüber sehr aufgeschlossen ist.