Erste Geburt: Kaiserschnitt statt Geburtshaus

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loewenzahn
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Erste Geburt: Kaiserschnitt statt Geburtshaus

Beitragvon loewenzahn » Sa 12. Mai 2012, 23:05

Schon bevor ich schwanger war haben mir viele Leute vom örtlichen Geburtshaus vorgeschwärmt, so dass ich schon ganz neugierig und voller Vorfreude war – nicht nur wegen der Schwangerschaft an sich, sondern weil ich endlich einen guten „Grund“ hatte mir das Geburtshaus anzusehen! :yeah:
Und tatsächlich war ich vom ersten Tag an begeistert und überzeugt, dass es die einzig richtige Idee ist, dass unser Kind hier das Licht der Welt erblickt. Hausgeburt kam leider nicht in Frage, da wir in einer großen WG im Fachwerhaus wohnen und Zimmer, Bad und Klo auf verschiedenen Etagen sind. Das wär mir zu wuselig und logistisch zu anstrengend. Aber das Geburtshaus und die Hebammen die dort arbeiten strahlen so eine Wärme und Geborgenheit aus, dass ich mich dort von Anfang an wie zu Hause fühlte (und es ist immer noch gefühlsmäßig eine Art zweites zu Hause).
Meine erste Schwangerschaft verlief problemlos (abgesehen von Standardzipperlein wie Sodbrennen und Wassereinlagerungen), ich fand (und finde;-) schwanger sein super, habe mich immer pudelwohl gefühlt und war voller Zuversicht was die Geburt angeht. Wir haben uns noch kurz vor dem Termin die Klinik angesehen – für den Notfall; aber irgendwie euch eher um uns klar zu machen, wir DAS auf keinen Fall wollen.
Der ET verstrich ohne irgendwelche Anzeichen; die Tage danach fand ich total entspannt; als ob ich 'ne Verabredung hatte und versetzt wurde: Ich hatte Zeit ohne Ende und konnte die letzten Tage der Schwangerschaft so richtig genießen. Am 5. Tag nach ET bekam ich abends gegen 21 Uhr Wehen, und zwar gleich so richtig, total heftig und mit wenigen Minuten Abstand. Ich wollte aber nicht zu früh in GH, sondern lieber möglichst lang zu Hause bleiben und in meinem Zimmer vor mich hin wehen.
Also schlugen wir uns die Nacht um die Ohren und riefen erst im Morgengrauen die Hebamme an, mit der wir uns dann im GH trafen. Die Untersuchung ergab dann immerhin 4 cm – naja, die ersten Zentimeter sollen ja am schwersten sein und mit den Worten „heute mittag ist euer Kind da“ motivierte sie uns. Es wurde mittag, nachmittag....- nur leider tat sich nichts am MuMu, ich hatte die ganze Zeit heftige Wehen, kaum Pausen aber der blöde MuMu ging einfach nicht weiter auf. Irgendwann war er bei 6 cm aber mehr war nicht zu wollen. Auch die Öffnung der Fruchtblase brachte nichts und ich war am Abend (nach bald 24 Stunden Wehen ohne richtige Pausen) so langsam am Ende meiner Kräfte. Weder Entspannungsbad in der tollen Wanne noch Akupunktur haben was gebracht und so haben wir uns entschlossen, in die Klinik zu fahren, mit PDA oder wie auch immer zu entspannen, um Kraft zu sammeln für den Endspurt. Soweit der Plan....
Wir mußten dann erstmal mit Krankenwagen umsiedeln, denn es war der Abend des Auftaktspieles der Fußball WM und die Straßen waren voller gröhlender Massen und hupende Autos und wir wollen da nicht mit dem kleinen Privatauto durchzuckeln... Da ich mir schlecht von Fremden halfen lassen kann, hab ich auch großzügig auf die Pritsche verzichtet und bin den ewig langen Flur bis zum Kreissaal gelaufen, hat aber 'ne gefühlte Ewigkeit gedauert, weil ich alle paar Meter ne Monsterwehe hatte. Wahrscheinlich brauchte ich aber auch die Strecke für mich allein, um mich von der gemütlichen Geburtshausatmosphäre zu verabschieden und umzuschalten auf Klinikroutine. Es war mein erster Klinikaufenthalt überhaupt und ich war völlig überrumpelt von dem geschäftigen Treiben der ganzen Leute, die plötzlich um mich rum wuselten. Furchtbar, da kann man doch nicht in Ruhe ein Kind bekommen! Vielleicht hab ich mich den dem Moment schon dem ganzen Krankenhausrummel ergeben, weil ich schon keine Kraft mehr hatte, dem was entgegenzusetzen, Hatte ja schließlich andere Sorgen.
Wir haben zig Zettel ausgefüllt und unterschrieben, verschiedene Menschen zuppelten an mir rum (was gar nicht nötig war, es gab ja kein Eile....), Blut abgenommen für die PDA etc. Ganz schön doof, ich hatte ja immer noch alle 2 Minuten sehr starke Wehen, und wollte doch einfach nur Ruhe.
PDA saß dann wenigstens ganz gut, ich hab keine Schmerzen mehr gehabt und hätte schlafen können, wenn es ruhiger gewesen wär. Aber ständig kam irgendwer reingeschlappt, zum Blutdruckmessen, CTG anschauen, noch mehr Zettel ausfüllen.... Leider konnte ich mich aber nicht mehr bewegen, also Katheder und ich lag halt die ganze Zeit auf dem Rücken. Mit Schlafen war zwar nicht viel, aber immerhin waren die Wehen kaum noch zu spüren. Irgendwann wurde dann unsrer Tochter noch Blut aus dem Köpfchen abgenommen, um abzusichern, dass es ihr noch gut ging, schließlich dauerte die Geburt ja schon etwa 30 Stunden. War aber alles bestens (ob der Test wirklich nötig war, weiß ich auch nicht, aber wir haben halt das ganze Programm mitgemacht.) Gegen Morgen war dann tatsächlich der MuMu ganz auf, kaum zu glauben. Aber leider hatte sich die Maus beim Versuch den Kopf ins Becken einzustellen, völlig verkeilt und es ging weder vorwärts noch rückwärts. Ganz unspektakulär wurde verkündet, dass nun ein Kaiserschnitt die einzige Variante sei. In dem Moment klang das natürlich sehr logisch und wir wollten ja auch einfach endlich unser Kind in die Arme schließen. Irgendwie hab ich also funktioniert, so etwa nach dem Motto: „Dumm gelaufen, aber es geht ja anderen auch so. Werd's schon überleben.“ Ich wurde vorbereitet, mein Freund rauchte dann im OP neben mir wieder auf, mit Häubchen hab ich ihn kaum erkannt, da waren ja so viele Leute. Ich fand die Atmosphäre im OP ganz okay, halt Krankenhaus, alles hell und steril aber immerhin waren die Ärzte und Schwestern alle sehr nett und haben das Gefühl vermittelt, dass da gleich eine Geburt ansteht und nicht nur 'ne Bauch-OP. Das Ganze hat dann ziemlich lang gedauert, ich lag da festgeschnallt auf dem Tisch und mein Kreislauf hat ein bissel schlapp gemacht, mir war irre kalt und ich hab gezittert wie verrückt. Meine Tochter steckte so fest schräg auf dem Beckeneingang, dass ganz schön an mir rumgezerrt wurde, bis sie die Kleine endlich befreit hatten. Aber ihr ging's die ganze Zeit gut und wir hatten nie das Gefühl, dass wir Angst haben müssen oder irgendwer in Hektik verfällt. Als sie da war (nach 34 Stunden Geburt), hat mein Freund sie kurz bekommen und sie an meine Wange gehalten und wir haben sie begrüßt. :princess: Dann wurde sie zur U1 entführt und da wir ja die Möglichkeit mit dem Krankenhaus und Kaiserschnitt nie in Erwägung gezogen hatten, hatten wir leider auch keine Plan, was wir denn fordern wollen und dürfen und wie wir uns das vorstellen nach der Geburt. Naja, ich wurde genäht und bin dann im Aufwachraum erstmal eingepennt bis mein Freund mit der Kleinen im Arm rein kam. Ich war so fertig und müde von den Medikamenten, dass ich mich an die ersten Stunden kaum erinnern kann. Ich glaub Ronja lag schon auch bei mir bzw. in dem Glasbettchen und ich war so verpeilt, dass ich nicht mal auf die Idee kam, sie anzulegen! Aber zum Glück kam meine Hebamme dann vorbei und wir waren gleich ein super Team, was das Stillen angeht! Das vielgepriesene Familienzimmer war natürlich grad nicht frei (hätten wir vorher anmelden müssen – sehr witzig...), so dass mein Freund dann nachts nach Hause mußte. Die erste Nacht wär ich gar nicht in der Lage gewesen , mich um Ronja zu kümmern und so hat sie leider im Kinderzimmer geschlafen. Am nächsten Morgen sollte ich aufstehen – aua! Mir tat alles weh und ich wußte nicht wie ich die 2m zum Waschbecken schaffen sollte. Und ich hatte mordsmäßigen Hunger und hab nur Schonkost bekommen! Wie soll frau denn von dem Krankenhausfutter genug Kraft haben um zu stillen???!!! :baeh:
Aber ich wurde zum Glück von meiner WG mit versorgt. Später kam ich dann auf Station in ein Doppelzimmer. Der Krankenhaustrott ging dort weiter, alle 3 Minuten kam irgendwer rein, zum Fieber messen, Billirubinwert checken, Essensplan ausfüllen, die Verwaltungstante wollte Geburtsurkunden haben („wieso haben Sie die denn nicht dabei? Wie, sie machen das später – wir müssen das aber melden, blablabla“) oder Besuch der Zimmerkollegin. Außerdem war es irre heiß und wir sollten die Fenster nicht aufmachen, damit die Kinder keinen „Zug „ kriegen. Klimaanlage war leider beim Neubau vergessen worden... :wall: Ich also vor mich hin geschwitzt, dann waren alle aufgeregt, weil mein Entzündungswert zu hoch sei (komisch, komisch, nach einer OP).
Spätestens da ist mir klar geworden, dass ich dort nicht in Ruhe mein Kind kennen lernen und selbst auf die Beine kommen kann. In der Nacht hab ich sie dann bei mir gelassen und irgendwie auch auf mein Bett gehoben, obwohl jede Bewegung scheußlich weh tat. Geschlafen hab ich wohl kaum, mußte ja erstmal in Ruhe meine süße Tochter beschnuppern und in Ruhe kennenlernen. Am Montagmorgen (2 Tage nach der OP) hatte ich die Nase voll, hab probiert, ob ich allein duschen kann, und siehe da – es dauert, aber es geht! Dem nächstbesten Arzt hab ich gesagt, dass ich jetzt nach Hause will. Die meisten waren erwartungsgemäß wenig begeistert. Die bl*de Stationsärztin (die mich da das erste Mal gesehen hat), meinte gleich, das wär ja total unverantwortlich und „kamikaze“, bei Fieber und dem Entzündungswert.... Ein junger Arzt war richtig nett, der war mir schon die ganze Zeit positiv aufgefallen und verstand mich immerhin (auch wenn er mich lieber noch eine Nacht da behalten hätte). Ich mußte ihm hoch und heilig versprechen, sofort wieder zu kommen, wenn mein Fieber schlimmer wird oder sonstwas ist. Haben dann den obligatorischen Brief unterschrieben, dass ich gegen ärztlichen Rat gehe. Zu meiner Überraschung wurde mir noch ein Physiotherapeut geschickt, der mir gezeigt hat , wie ich am besten aufstehen soll und so. Fand ich ja super nett. :applaus:
Zu Hause ging's mir gleich besser, Essen lecker, Bett breiter, Kind neben mir, Zimmer kühler, Ruhe!
In der ersten Nacht bin ich dann wach geworden und hab einen ordentlichen Schreck bekommen, weil ich klatschnass war und dachte, dass Fieber sei wieder gekommen. Aber stimmt, da war ja noch was – ich hatte ja ein Kind, und das war wohl die Milch für selbiges. Schön, dass der Milcheinschuss erst zu Hause kam, den hätt ich nicht in der Klinik haben wollen. So 'ne Schweinerei und dann lag ich da tagelang und dachte, ich platz gleich. Quarkwickel und Kohlblätter auf'm Busen wär in der Klinik sicher auch gut gekommen....
Das Wochenbett war dann ganz schön traurig, ich hab viel geheult und so langsam wurde mir klar, was ich durchgemacht hatte und ich war unendlich traurig. Vor allem weil ich das Gefühl hatte, die ersten Stunden, die ich mir so gemütlich vorgestellt hatte, fehlen mir total. Ich konnte mich erstens kaum dran erinnern und mir fehlte das Gefühl, sie frisch geboren und nackt auf mir zu haben. Als ich Ronja das erste Mal bei mir hatte und sie anfassen konnte, war sie ja schon angezogen (und vermutlich auch gewaschen). Alle anderen aus dem Bekanntenkreis haben in dem Sommer ihre Kinder mehr oder weniger problemlos im Geburtshaus zur Welt gebracht und ich wurde immer ganz traurig, wenn die Rede davon war. Ich fühle mich allein mit meiner Geschichte und unverstanden und um das Geburtserlebnis betrogen. Es hat ne Zeit gedauert bis ich das be- und verarbeiten konnte und ein Jahr später sprach mich meine Hebamme an, wie es mir denn jetzt rückblickend so ginge mit dem KS und selbst dann bin ich wieder in Tränen ausgebrochen, weil einfach die alten Gefühle wieder hochkamen, diese Trauer um die „verlorenen“ ersten Stunden und das Ausgeliefert-sein in der Klinik. :heul:
Zum Glück gab es kurz darauf einen KS-Gesprächskurs, zu dem ich dann ging und es tat mir sehr gut, über alles zu reden und andere Frauen mit ähnlichen Geschichten zu treffen. Ich hab zwar auch jedesmal geheult, aber es tat gut und wir haben frohen Mutes angefangen an Nr. 2 zu basteln.
Ist ziemlich lang geworden der Bericht, sorry, die anderen Geburten sind dann aber auch deutlich schneller :yeah:
Berichte folgen hoffentlich bald
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Ranunkel
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Re: Erste Geburt: Kaiserschnitt statt Geburtshaus

Beitragvon Ranunkel » So 13. Mai 2012, 09:17

:streicheln: Da habt ihr ja was mitgemacht...das tut mir furchtbar leid für euch!
Haben dich deine beiden folgenden GH-Geburten etwas mit dem KS versöhnen können?

Liebe Grüße :flagge:

Ranunkel
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Re: Erste Geburt: Kaiserschnitt statt Geburtshaus

Beitragvon Gummibär » So 13. Mai 2012, 09:52

KS-Gesprächskreis, das hört sich gut an. Sollte es viel ölfters geben.

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loewenzahn
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Re: Erste Geburt: Kaiserschnitt statt Geburtshaus

Beitragvon loewenzahn » Mo 14. Mai 2012, 13:40

:streicheln: Da habt ihr ja was mitgemacht...das tut mir furchtbar leid für euch!
Haben dich deine beiden folgenden GH-Geburten etwas mit dem KS versöhnen können?

Liebe Grüße :flagge:

Ranunkel
Auf jeden Fall! Es macht mich izwar mmer noch traurig daran zu denken (aber nicht nur, schließlich hat durch diese OP auch unser erstes KInd das Licht der Welt erblickt! :herzen: ) und es ist eine Erfahrung auf die ich gern verzichtet hätte. Aber ich hab nicht mehr so grundsätzliche Zweifel und tatsächlich heilt die Zeit auch Wunden... Inzwischen ist Ronaj ja bald ein Schulkind und es gibt soooo viele andere kostbare Momente...
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Re: Erste Geburt: Kaiserschnitt statt Geburtshaus

Beitragvon Ardilla » Mo 14. Mai 2012, 13:53

:danke: fürs Teilen!!!
Mein Sohn hatte sich auch so verhakt und unsere HG ist im KS geendet :heul: ich bin dann auch nach zwei Tagen heim, weil ich es im KH nicht ausgehalten habe.
Wurde der KS Gesprächskreis vom Geburtshaus angeboten? So was ist toll :daumen: davon hatte ich bisher noch nie was gehört.
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Re: Erste Geburt: Kaiserschnitt statt Geburtshaus

Beitragvon loewenzahn » Mo 14. Mai 2012, 15:21

:danke: fürs Teilen!!!
Mein Sohn hatte sich auch so verhakt und unsere HG ist im KS geendet :heul: ich bin dann auch nach zwei Tagen heim, weil ich es im KH nicht ausgehalten habe.
Wurde der KS Gesprächskreis vom Geburtshaus angeboten? So was ist toll :daumen: davon hatte ich bisher noch nie was gehört.
Ja, das hat eine Frau (Pädagogin, Psychologin oder so) angeboten, die auch beim 1. von 4 KIndern einen :saege: hatte. Ich glaub das war die erste "Runde", und jetzte gibt's den 1mal im Jahr (sind immer so 5 Treffen glaub ich). Kann ich sehr empfehlen.
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