Am Mittwoch Nachmittag hat Mama mich gefragt ob wir zusammen in die Eisdiele gehen. Wir haben noch Witze gemacht, dass wir nicht wissen wann wir das nächste Mal Gelegenheit haben ungestört ein Eis zu essen
Während des Essens hatte ich etwas schmerzhaftere Vorwehen und kaum hatte ich aufgegessen kam direkt nach einer Wehe ein Schwall Fruchtwasser. Ich bin sofort aufs Klo geflüchtet. Damentoilette war besetzt also auf die Herrentoilette. Kurze Bestandsaufnahme: Die, für den Fall eines Blasensprungs eingelegte Damenbinde war komplett durchweicht, Unterhose auch, das Kleid hatte auch einen nassen Fleck und es lief die Beine runter. Ich habe also versucht mich mit Klopapier abzutrocknen, aber als ich aufgestanden bin kam noch ein Schwall und die Beine und alles war wieder nass. Dann kam Mama in die Toilette und hat mir meine Handtasche gebracht, in der eine Ersatzbinde war. So versorgt habe ich mich an den Heimweg getraut.
Zu Hause angekommen schickte ich Mama, die am liebsten schon in der Eisdiele einen Krankenwagen gerufen hätte, nach Hause und rief die Hebamme an. Die Hebamme sagte dann dass sie heute Abend nach dem Abendessen mal vorbei kommt. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, ich habe alle 10 Minuten Wehen. Ich nutzte die Wehenpausen um die Wohnung zu putzen und im Wohnzimmer alles vorzubereiten. Die Hebamme schaute dann um 21 Uhr nach mir und empfahl mir zu versuchen noch ein paar Stunden zu schlafen. Ich bin dann ins Bett gegangen konnte aber keine bequeme Schlafposition finden. Halbsitzend auf dem Sofa ging es besser und ich konnte ein bisschen schlafen. Dann stand schon wieder meine besorgte Mutter vor der Tür, die mich nicht allein lassen wollte. Also hat sie sich neben mich aufs Sofa gelegt. Die Wehen wurden im Laufe der Nacht immer stärker und so gegen Mitternacht wurde aus dem Stöhnen lautes Schreien. Erkenntnis: schreien hilft, lauter schreien hilft mehr, noch lauter schreien und es tut nicht mehr weh. Gegen 2 Uhr bin ich dann ins Bad weil bei jeder Wehe Fruchtwasser ausgelaufen ist und ich pinkeln musste. Die Wehen waren inzwischen wirklich schmerzhaft. Ich habe versucht eine angenehme Position zu finden und entweder auf der Toilette gesessen oder mich über den Wickeltisch gelehnt. Langsam wurde mir schlecht und ich bekam Durchfall. Um 4 Uhr musste ich mich dann übergeben. Da war mir klar, dass die Geburt losgeht und ich habe die Hebamme gerufen.
Schon während des Telefonats merkte ich, dass sie mir eine große Unterstützung ist. Ich bekam eine Wehe und sie hat mich an die richtige Atemtechnik erinnert, wodurch der Schmerz gleich viel besser zu ertragen war. Eine Viertelstunde später war die Hebamme dann da und ich habe Mama nach Hause schicken können. Jetzt wo ich nicht mehr darauf achten musste ob Mama bei jeder Wehe mitleidet wurde es für mich leichter. Irgendwann hat dann die Hebamme vorgeschlagen ins Wohnzimmer umzuziehen wo ich mich vor das Sofa gekniet habe. An die nächsten Stunden kann ich mich nur bruckstückhaft erinnern. Ich bin wohl öfters zwischen den Wehen eingeschlafen. Ich kann mich aber daran erinnern, dass ich beschlossen habe, dass das ein Einzelkind bleibt Gegen Mittag hatte ich dann einen Geburtsstillstand und die Hebamme hat mir einen Mittagsschlaf verordnet. Ich habe dann auch eine Stunde schlafen können. Danach haben endlich die Presswehen angefangen. Die Hebamme hat aus zwei Esszimmerstühlen einen Gebährhocker gebastelt wo ich mich dann für die nächsten paar Wehen hingesetzt habe. Nur irgendwie ging es nicht voran. Sie hat mich untersucht und festgestellt, dass der Kopf schief sitzt und ich noch fester pressen muss um ihn durchzubekommen. Nach jeder Wehe hat sie mich darauf hingewiesen dass ich mich noch mehr anstrengen muss und wir haben verschiedene Positionen durchprobiert: sitzen, knien, stehen, Seitenlage. Das war extrem anstrengend und ich was so fertig, dass ich kaum noch die Kraft hatte zu atmen. Die Hebamme musste mich immer wieder daran erinnern tief, in den Bauch ein zu atmen und das Becken zu bewegen. Zwischen den Wehen hat die Hebamme die Herztöne des Babys abgehört und festgestellt, dass die Herztöne sehr niedrig waren und sich 20 Minuten lang nicht erholt haben. Weil morgens um 8 Uhr die Herztöne schon einmal so schlecht waren hat sie dann die 2. Hebamme gerufen und dann auch einen Rettungswagen und hat im nahegelegenen Krankenhaus den OP vorbereiten lassen. Ich sollte dann bei den nächsten Wehen nicht mehr mitpressen und die Herztöne wurden wieder besser.
Als der Rettungswagen dann da war hat mir die Hebamme ein Netzhöschen und einen Bademantel angezogen. Dann bin ich aufgestanden, immer noch Presswehen wegatmend, und habe auf dem Weg nach draußen noch schnell meine Zahnbürste in die Handtasche gesteckt und Hausschuhe angezogen. Ich sollte mich dann auf die Liege legen aber ich habe mich geweigert, weil im Liegen die Schmerzen unerträglich waren und mich dann auf einen der Sitze gesetzt. Der Notarzt hat mir dann am rechten Arm einen Zugang gelegt und Blut abgezapft. Dann sind wir mit Blaulicht uns Sirenen ins Krankenhaus gefahren. Warum sind Krankenwagen eigentlich so schlecht gefedert? Das ist schon nicht mehr Billigbauart sondern Absichtlichschlecht!
20 Presswehen veratmende Minuten später kamen wir dann an. Ich habe mich dann auf die Liege gesetzt und wurde in den Kreißsaal gefahren. In der Tür zum OP stand schon das OP-Team und im Kreißsaal war auch schon eine Gruppe Hebammen/Schwestern/Ärztin. Die haben sich dann alle gleichzeitig auf mich gestürzt. Vaginale Untersuchung: der „ich kann schon die Haare sehen“- Kopf war wieder in den Beckeneingang hoch gerutscht, also wurde erst gar keine vaginale Geburt versucht. Eine hat dann in die linke Hand einen Zugang gelegt, in die rechte Hand bekam ich einen Stift gedrückt und das Einverständnisformular hingehalten, sämtliche Risiken und Nebenwirkungen eines Kaiserschnitts hat mir die Ärztin innerhalb von ca. 10 Sekunden erklärt, Bademantel, Top und Netzhöschen bekam ich ausgezogen, OP-Hemd und Thrombosestrümpfe angezogen, Blasenkatheter gelegt, … Dann wurde ich rüber in den OP geschoben und bekam eine Vollnarkose. Wie mir meine Hebamme später erklärt hat, weil eine PDA durch den Blutdruckabfall für das Baby zu belastend gewesen wäre.
Ich bin dann ungefähr 2 Stunden später im Kreißsaal wieder aufgewacht. Ein nacktes Baby nuckelte an meiner Brust und die Kinderärztin hat mir zu meinem Sohn gratuliert. Die Daten: 3640g schwer, 53cm groß, 37cm KU, am 30.08. um 17:02 Uhr bei 39+5 geboren. Robert wurde dann angezogen und mir wieder auf die Brust gelegt. Dann wurden wir auf unser Zimmer gebracht wo meine Eltern auf uns gewartet haben.
Wie bei der Kreißsaalbesichtigung versprochen wurden wir rundum versorgt, im positiven wie im negativen. Gleich in der ersten Nacht hatte Robert nach dem Windelwechseln 0,2° zu niedrige Temperatur und die Schwestern wollten ihn gleich bei sich behalten, vielleicht ins Wärmebettchen oder am Besten gleich rüber in die Kinderklinik. Nach einer Stunde habe ich sie dann zu der Alternative „bei Mama warmknuddeln“ überreden können. Am nächsten Tag beim Wiegen hatte Robert dann etwas mehr als 10% abgenommen. Ich hatte nach meiner Geburt viel abgenommen, meine Mutter hatte nach ihrer Geburt viel abgenommen, Robert war gesund und munter, aber das war dem Kinderarzt alles egal, der Normwert wurde überschritten also hat er Panik gemacht. Robert wurde daraufhin mit Fläschchen gemästet und mir wurde eingeredet er trinkt mit Stillhütchen besser.
Stillen im Krankenhaus :
Nach Schwester klingeln und Stillhütchen bringen lassen; Stillhütchen auf Brust friemeln; Kind anlegen und auf die Uhr schauen; mindestens 15 Minuten pro Seite stillen, sollte Baby einschlafen mit allen Mitteln wecken; nach 15-20 Minuten Seitenwechsel, also das Ganze mit Stillhütchen, Zeit stoppen usw. noch mal; wieder nach Schwester klingeln und Fläschchen bringen lassen; Baby das Fläschchen geben, ein paar Minuten warten, erneut Fläschchen anbieten; Trinkmenge in Wiegekarte eintragen; wiegen? Ach stimmt, die Schwester wollte doch noch eine Differenzwiegung machen um zu kontrollieren wie viel aus der Brust raus kommt …
Ich hatte irgendwann nicht mehr die Nerven für das ganze Theater und hab es auf „Nimm ihm mit und gib ihm ein Fläschchen“ abgekürzt
Zu Hause reicht jetzt auf einmal: gemütlich hinlegen und Baby die Brustwarze an den Mund halten
Dann bekam ich noch literweise Antibiotika-Infusionen weil: Äh? Irgendwas mit „ist bei Not-OPs so üblich und Blasensprung und Hausgeburt und überhaupt“. Robert haben sie täglich Blut abgenommen, aus den gleichen diffusen Gründen. Dann wollten sie noch mein Einverständnis für den Hörtest und den Stoffwechselstörungstest. Als ich nicht schnell genug unterschieben habe wurde daraus „wir haben den Test gemacht, unterschreiben Sie bitte endlich die Einverständniserklärung“. Ich bin so froh, dass ich da endlich raus bin.
Einen Vorteil hat aber so eine Krankenhausgeburt: den Gratis-Babyfotografen
http://www.babygalerie24.de/babygalerie ... how=428473