Als das Luggele schlüpfte...

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Luggele
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Als das Luggele schlüpfte...

Beitragvon Luggele » Mo 24. Feb 2014, 16:41

Geburtsbericht vom Luggele *Achtung laaaang(atmig?)* (Hab echt jedes Detail aufgeschrieben, an das ich mich erinnern kann... :pfeif: )

Montag, 03.02.2014 ET-3
Voller Elan war ich zu Fuß im Ort einkaufen,vergrößerte meine bereits angelegten Vorräte und zeigte stolz der Welt meinen riesigen Bauch. Zuhause nahm ich dann einen Großputz in Angriff. Alle Böden mussten gereinigt werden und der Staubsauger musste diesmal auch in die hinteren, vernachlässigteren Ecken vordringen. Dazu kniete ich teilweise auf dem Boden herum... Der berühmte Putzanfall eben.

Dienstag, 04.02.2014 ET-2
An diesem Tag war ich körperlich verständlicherweise etwas geschafft, hatte aber immer noch einiges im Haushalt zu tun und auch am Schreibtisch. Ich wollte noch so vieles fertig machen und erledigen, wollte es zu jedem Zeitpunkt ordentlich aufgeräumt haben.

Mittwoch, 05.02.2014 ET-1
An diesem Tag war ich in einem nahegelegenen Städtchen, um einen Schlüssel für meinen Mann zu holen. Da ich mich gut fühlte, beschloss ich, bei dieser Gelegenheit die Einkaufsstraße dort kennen zu lernen. Ich bummelte durch die Fußgängerzone. Gleich beim ersten Laden konnte ich einen sehr stark reduzierten Still-BH kaufen. Die Verkäuferin staunte nicht schlecht, dass morgen der Termin sein sollte. Ein paar Schnäppchen weiter und mit einem Döner im Magen kehrte ich gutgelaunt wieder heim. Abends in der Bibelstunde strahlte ich alle an, damit niemand auf die Idee käme, mich zu bemitleiden, dass es noch nicht losgegangen sei. Ich fand mich nicht bemitleidenswert mit meinem schönen, dicken Bauch!

Donnerstag, 06.02.2014 ET
Ein wunderschöner wolkenloser Sonnentag!
Dieser Tag war für mich ein Feiertag! Morgens unter der Dusche genoss ich meinen dicken Bauch ausgiebig und auch beim einstündigen Spaziergang, den ich um die Mittagszeit gemütlich und auch etwas behäbig durch die Streuobstwiesen machte, redete ich mit meinem Luggele im Bauch und genoss die Sonne und den tollen Ausblick aufs Tal und den Naturpark.
Das einzige, was meine sehr gute Laune an diesem Tag etwas trübte, war der hohe Blutdruck, den meine Hebamme beim Vorsorgebesuch doch etwas sorgenvoll stimmte (zusammen mit dem vielen Wasser besonders in meinen Beinen). Ich hatte ja verkündet, mir würde es nichts ausmachen, noch eine Woche zu warten, da ich meines dicken Bauches noch nicht überdrüssig sei, doch sie meinte, es wäre ihr schon lieb, wenn das Baby bald kommt. Dies erzählte ich abends auch meinem lieben Mann und auch er war der Meinung, dass ich mal innerlich zur Ruhe kommen sollte. Da musste ich weinen. Mir wurde bewusst, ich muss meinen Bauch loslassen, ich muss JA sagen zur Ent-Bind-ung. Ja, da wird ein Band (sichtbar in der Nabelschnur) druchgeschnitten werden. Ich wunderte mich, dass ich weinen musste und dass es mir so schwer fiel, die Schwangerschaft loszulassen, wo doch ein wunderbarer Anfang bevor stand. Es war ja auch ein langer Weg bis zu diesem Punkt... (6 Jahre warten...) Mein Mann nahm mich in den Arm und auch das Weinen erleichterte mich. Jetzt war ich innerlich bereit für die Geburt. Für mich persönlich ist dieser Punkt der eigentliche Geburtsbeginn, der Punkt, von wo aus alles nur noch zu diesem Ziel strebte.

Freitag, 07.02.2014 ET+1 (und Samstag, 08.02.2014 Geburtstag!)
In der Nacht hatte ich schon einige Vorwehen – ausgelöst durch natürliche Prostaglandine. Die waren zwar deutlich spürbar, aber noch recht kurz. In der Nacht konnte ich nicht so gut einschätzen, wie oft sie kamen, denn ich bin eine "Stein-Schläferin" und es kann gut sein, dass ich auch mal welche verschlafen habe. Trotzdem spannend. Morgens, als ich Vesper für meinen Mann machte, schaute ich mal auf die Uhr, und da waren es 4 Wehen in 15 Minuten. Nicht schlecht... Ich erklärte meinem Mann aber, dass die noch viel zu kurz seien, und dass er ruhig arbeiten gehen könne (Obstbäume schneiden einen Ort weiter). Ich fühlte mich schon viel wohler, meinen Mann so in der Nähe zu wissen und nicht 2h mit den Öffentlichen entfernt in der Meisterschule, die er montags bis donnerstags besucht. Auch mein Mann dachte sich, dass ich wohl nicht ohne ihn gebären würde. Und so verschwanden die Wehen dann auch im Laufe des Vormittags völlig. Ich wurschtelte so in der Wohnung herum. So voller Elan wie am Vortag war ich überhaupt nicht mehr. Rausgehen wollte ich auch nicht. Ich schaffte noch ein wenig Haushalt weg, aber ganz, ganz langsam. Wie gesagt, im Nachhinein ist klar, hier ging es schon mit Riesenschritten auf die Geburt zu. Seit der Nacht hatte ich kontinuierlich klaren Schleimabgang... deswegen ahnte ich schon, dass es bald losgehen würde. Meiner Feundin schrieb ich "...ich bin gedanklich/innerlich nun ganz auf die Geburt/ "nach innen" gerichtet ". Abends kam mein Mann ganz geschafft nach Hause und wir aßen schnell, denn ich hoffte, noch zu einem Vortrag gehen zu können. Aber mein Mann war dagegen, zum einen war er total erledigt, zum anderen sollte ich zur Ruhe kommen (im Nachhinein wissen wir auch: dort hätte ich nicht plötzlich Wehen bekommen...!). Schweren Herzens stimmte ich zu, aber irgendwie wusste ich auch, dass es richtig war. Mein Mann hatte noch im Büro, das sich in unserem Schlafzimmer befindet, zu tun und ich war alleine im Wohnzimmer. Nachdem alles ganz ordentlich an seinem Platz war, hatte ich den Impuls, meine vorbereiteten Hausgeburtskörbe aus dem Nebenzimmer zu holen und bereit zu stellen.

Es wird ernst...
Um 21.00Uhr ging ich rüber zu meinem Mann und wollte ein wenig lesen. Ich legte mich auf`s Bett – huch, eine Wehe. Naja, kann ja mal sein. Huch, schon wieder eine. Was ist das? Mein Mann meinte, er wolle mal die Abstände aufschreiben. Ich, die absolute Keine-Ahnung-von-Technik-erst-recht-nicht-von-neuer-Tante, erzählte ihm was von einer Wehen-App. Ach, sowas gibt`s? Nachdem er die runtergeladen hatte, gab es für die Wehen kein Halten mehr. Ich sag Euch, so `ne Wehen-App kann`s echt in sich haben... die kann doch tatsächlich Wehen machen... ;-) Die Wehen waren sofort im ca. 5minütigem Abstand da. Da hab ich mich anfangs doch ziemlich überrumpelt gefühlt. Man hat ja so viel gelesen, und stellt sich darauf ein, dass sich das evt. hinziehen kann, bis die Wehen in einem geburtsrelevanten Abstand sind, oder das Ganze auch mal unregelmäßig ist... Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, noch so dies und das zu tun während der Wehen, z.B. ein Dampfsitzbad, die Snacks für die Helfer herrichten, Kaffee kochen usw. Ein paar Dinge schaffte ich mit Ach und Krach, aber eigentlich war keine Zeit mehr. Mein Mann kriegte gerade noch unser Babybett aufgebaut, das hatte er sich auch für die Wehen aufgehoben ;-)
Kurze Zeit (vielleicht eine Stunde) nach dem plötzlichen Einsetzen der Wehen hatte ich auf einmal einen Schwall Flüssigkeit in der Hose. Mir kam es zwar viel vor, aber die dicke Binde, die ich drin hatte, konnte alles halten. Evt. hat es dabei auch leicht geknakst, da bin ich aber nicht 100% sicher. Aber ich war mir auch nicht sicher, ob es wirklich Fruchtwasser war oder vielleicht doch Urin. Völlig farblos, und es kam auch nichts nach, mhh... Da sah ich nur noch, wie mein Mann sich das Telefon schnappte und G., unsere liebe Hebamme, anrief (22.16Uhr). Wehen und Blasensprung. Mh, ich dachte, vielleicht ist es ja keiner und bestimmt noch viel zu früh zum Anrufen oder gar ein Fehlalarm... und dafür muss G. extra in der Nacht kommen...
Sie kam dann gleich, sie hat nur ca. 20 Min Fahrtweg, in der Nacht auch nur 15 Min. Ich hatte mich inzwischen darauf eingelassen zu tönen (da muss man ja, zumindest am Anfang, doch ein bisschen was überwinden, bzw. ich dachte immer, wenn ich jetzt schon töne, wer weiß denn, wie die Wehen noch werden...) und lief während der Wehen in der Wohnung herum. Wir stellten fest, dass der Stöpsel vom Pezziball nicht auffindbar war (den suchte ich noch unter den Wehen) und mein lieber Mann schaffte es, ihn irgendwann unbemerkt zu "reparieren". Echt lieb, denn ich dachte, ich brauch ihn bestimmt, aber dieses Hilfsmittel sollte nicht das einzige bleiben, das ich nicht brauchte... Ich musste mich schon voll auf die Wehenarbeit konzentrieren. G. wollte, dass ich ein Dampfsitzbad auf dem Klo mache (auch das hatte ich mir ja für die Wehen vorgenommen), aber es wurde nur ein kurzes, dank Wehen und "echtem" Klogang. Während den weiteren Wehen lief ich in der Wohnung herum und mein Mann und G. befleißigten sich, den Pool aufzubauen, die Bauplane einzulegen und darum herum auszubreiten, das Tragetuch in die Tür zu hängen usw. Für mich war das alles viel zu hell (die Lichter) und viel zu laut (das Reden). Machten sie irgendwo ein Licht an, z.B. im Flur, und ich wollte bei einer Wehe da lang laufen, machte ich es wieder aus... G. erledigte an unserem Esstisch auch einigen Papierkram (dazu braucht man auch Licht ;-). Ein- oder zweimal hörte sie die Herztöne vom Luggele ab. In der Anfangsphase spürte ich das Baby ziemlich gut, es war sehr aktiv, vielleicht auch aufgeregt ;-) Irgendwann hat sie mich auch untersucht und sagte ganz lieb und zuversichtlich: "Alles schön weich!" und dann war mir klar, dass da noch nicht so viel offen war und sagte zu meinem Mann: "Da liegt noch ein gutes Stück Arbeit vor uns!", aber ich war nicht entmutigt, hatte ich mich ja auf längeres "Arbeiten" eingestellt und für mich war die Geburt ja etwas Positives. Dieser Befund war für unsere Hebamme auch der Grund, sich dann wieder zu verabschieden mit den Worten "Ruft mich an, wenn sich die Wehen verändern." Sie ging so etwa kurz vor Mitternacht. Super, jetzt können wir in aller Ruhe arbeiten...

Geburtsarbeit und ganz viel Wasser
Zuerst mal entleerte sich mein Magen nach oben, wobei mir vorher oder hinterher nicht besonders übel war. Es war einfach OK. Kein unnötiger Ballast mehr. Dann ließ mein Mann mir die Badewanne ein. Wir haben eine, die recht groß ist (bis zum Ende der SWS haben mein Mann und ich zusammen darin gebadet, für diesen Abend war das evt. auch noch vorgesehen gewesen...). Ich fühlte mich im warmen Wasser gleich wohl und nach ein paar Wehen hatte ich auch die perfekte Position für mich gefunden, in der ich dann für die nächsten zwei Stunden fast regungslos verharrte: seitliches Liegen auf der rechten Seite (Rücken zum Badezimmer). Wir haben in unserem Badezimmer extra eine sehr gedämpfte Glühbirne (ja echt, die mit 11 Watt sind noch zu kaufen!) angebracht, so dass wir nicht die gleißende Spiegelbeleuchtung anmachen mussten. So lag ich da, den Kopf auf dem harten Rand bzw. an der Wand, aber das war OK. Mein Mann reichte mir ab und zu Wasser mit einem Strohhalm, aber ich konnte nicht viel trinken (obwohl ich wusste, dass ich sollte, weil ich ja schon viel auch an Flüssigkeit rausgespuckt hatte). Dazu kam ein interessantes Phänomen, das ich erst nach der Geburt meinem Mann und der Hebamme erzählte: ich musste oft während einer Wehe Wasser lassen. Und zwar nicht nur so im Gefühl und dann kommen nur drei Tröpfchen, sondern immer wieder einen richtigen Schwall. Wo kam das ganze Wasser her? Meine Hebamme meinte nachher, es sei zwar unüblich, aber ich hätte wohl mit dem Ausscheiden des angesammelten Wassers (in den Beinen und überhaupt am ganzen Körper) schon während der Geburt begonnen (ein paar Tage nach der Geburt war ich schon 13kg leichter!). Ein Teil des Wassers, das ich unter der Geburt trank, kam dann auch nochmal rückwärts raus... anscheinend hatte ich doch nicht so einen Bedarf an Wasser... Die Wehen in der Badewanne waren zwar kein Spaziergang, aber doch gut zum Verarbeiten und ich kam mit ihnen klar. Ich tönte und konzentrierte mich auf tiefe, urige Töne, die manchmal fast ein Singsang waren. Mein Denken war ganz im Bauch. Mein Gesicht war entspannt (ich forderte zwischendrin meinen Mann auf, mich ruhig zu fotografieren und auf den Fotos, die er während der Wehen gemacht hatte, ist deutlich eine Konzentration, aber kein bisschen Verspannung auf meinem Gesicht zu erkennen). Zwischen den Wehen schlief ich immer ein. Ich war immer ganz weg, wie in Trance und wurde dann wieder von einer neuen anrollenden Wehe geweckt. Mein Mann stoppte weiterhin die Wehen, einmal betete er mit mir. Dann, nach etwa zwei Stunden, wollte ich in den Pool. Mein Mann fragte mich, ob wir jetzt G. rufen sollten. Nein, ich will einfach in den Pool. Mein Mann füllte ihn, bis er meinte, ich könne schonmal rein. Also schnell ins Wohnzimmer und rein in den Pool, der vor dem Kaminofen stand, der die Wohnung gut einheizte. Im Pool musste ich auch erst wieder eine Position finden, denn da konnte ich ja nicht seitlich liegen oder meinen Kopf an etwas lehnen. Ich fand dann Folgende: Ich kniete in Richtung Rand und hielt mich an einem der oberen Griffe fest. Auch diese Position habe ich dann nicht mehr gewechselt. Anfangs, als noch Wasser in den Pool lief, war mir das ziemlich warme Wasser aus dem Schlauch eine gute Erleichterung während der Wehen (ich hielt den Schlauch auf die "wehe" Stelle, hinten quer über meinem Becken). Mein Mann war immer voll beschäftigt (Feuer schüren, Wasser einlassen, Wehenapp, auch mal selbst Pipi machen, mir Trinken reichen usw.), aber ich wollte sowieso nichts von ihm, keine Berührung oder Ansprache. Das Wohnzimmer war nur von zwei Lampen mit gedämpftem Licht leicht erhellt. Ich mochte einfach nicht aus diesem Zustand von "Schlaftrance" gerissen werden, in dem ich mich zwischen den Wehen befand. Was hätte ich da im Krankenhaus getan? Wenn die einfühlsamste Hebamme, der netteste Arzt reingekommen wäre oder mich gar angesprochen hätte – wah, das hätte mich voll drausgebracht, das hätte ich nicht haben können, so hätte ich nicht arbeiten können. Mein Mann versuchte zwei, dreimal etwas Ermutigendes zu sagen, aber er merkte schnell, dass ich das einfach jetzt nicht wollte. Irgendwann wurde ich lauter... und die Wehen kamen schneller wieder oder hörten nach einem kurzen Nachlassen nicht auf, sondern stiegen wieder an (besonders fies war, wenn es auf eine Pause zuging und sich dann das Baby ordentlich bewegte und damit erneut eine Wehe auslöste, arg!). Mein Mann merkte, dass sich da was veränderte und meinte, nun sei doch Zeit, G. anzurufen. Ich wollte nicht, weil ich dachte, dann wird wieder Licht angemacht oder geredet... "Nein, zu laut, will nicht..." (unter Schmerzen rede ich wie ein kleines Kind, so auch während der Geburt). Um 4:33Uhr rief mein Mann, der nun deutlich "veränderte Wehen" bei mir wahrnehmen konnte, unsere Hebamme an, erzählte ihr aber auch, dass ich eigentlich noch ungestört sein wollte. G. sagte wohl zu ihm, dass sie dann noch ein wenig warten würde mit Kommen, aber das hatte er nicht mitbekommen, rechnete also ständig mit ihrem Eintreffen. Er sagte mir, dass G. jetzt kommen würde, aber dass sie versprochen habe, ganz leise zu sein, das war dann auch wieder OK für mich. Und auch ich dachte immer wieder in der nächsten Stunde "Ist sie schon da? Bestimmt steht sie irgendwo ganz leise und ich bemerke sie nicht..."

Die schwere Stunde
Dann begann der Teil der Geburt, der wirklich heftig war. Wäre diese eine Stunde nicht gewesen, ich hätte gesagt "So `ne Geburt ist eigentlich gut machbar, das mach ich auch ohne Probleme nochmal.". Aber diese Phase, wohl die Übergangsphase, war wirklich traumatisch für mich und nach der Geburt musste ich sie auch erst verarbeiten... weinen... Worte können das eigentlich nicht beschreiben. Ich dachte später nur, wie kann man mehr als ein Kind bekommen? Würde ich sowas nochmal machen? In dieser Stunde saß mein Mann mir gegenüber. Ich lehnte knieend mit meinen Achseln über den Poolrand und fasste mit jeder Hand jeweils zwei seiner Finger zum Drücken (wenn diese nicht da waren, weil mein Mann etwas erledigen musste, klammerte ich am äußeren Poolgriff). Die Wehen wurden sehr, sehr stark und vor allem endlos. Mein Mann sagte mir später, die müssen bis zu einer Viertelstunde gedauert haben. Es gab Auf und Abs während der Wehen, aber praktisch keine Pausen, keine Möglichkeit zur Entspannung, Sammlung... Ich tönte und ging dann bald in ein Schreien über. Ich schrie und schrie und schrie. Ich konnte fast nichts denken. Ich dachte nicht ans KH, an Kaiserschnitt oder sonstwas. Ich war einfach nur da und schrie. (Theoretisch kann man ein Gänseblümchen pflücken, wenn man gerade vor einem Löwen wegrennt, praktisch wirst Du einfach nur rennen...) Ich dachte nur manchmal an Höllenqualen, das waren echt finstere Gedanken... Mein Mann war da wie ein Fels in der Brandung, aber das ging ihm dann auch nahe. Innerlich betete er inbrünstig um Pausen für mich und war dankbar für jede der wenigen kurzen Pausen. Irgendwann weinte er und einmal ermahnte er mich, ruhig zu bleiben (als meine Stimme sich fast überschlug). Außerdem wartete er ja sehnsüchtig auf unsere Hebamme, die er jeden Moment erwartete. Schließlich hatte ich zum Ende der Wehen hin immer wieder einen krassen Pressdrang, wobei ich mich manchmal aufbäumte. Mein Mann schaute, wie er mir nachher erzählte, immer wieder hinter mich, weil er befürchtete, das Baby sei vielleicht schon geboren. Ich hatte jedoch zu keinem Zeitpunkt Angst. Ich hätte auch keine Angst gehabt, das Baby alleine zu kriegen. Um halb 6, eine Stunde nachdem er G. angerufen hatte, riss er sich nochmal von mir los und rief nochmal bei G. an. Sie war noch daheim, aber gerade auf dem Sprung, um zu uns zu fahren. Das tat sie auch und war dann um ca. 5:45Uhr da.

Das Finale
Etwa fünf Minuten vor ihrem Eintreffen änderte sich bei uns die Lage nochmals völlig. Ich wachte auf, wie aus einem bösen Traum, plötzlich war alles ganz still. Spiegelglatte See nach einem heftigen Sturm... Jetzt fühlten sich die Wehen ganz anders an. Es gab Pausen, lange, lange Pausen (2 oder 3 Minuten höchstens, schätze ich, aber sooo wohltuend). Und da war auch kein Zwang mehr, kein Pressenmüssen oder Vor-dem-Löwe-Wegrennen. War ich schon in der Pressphase? Dann spürte ich irgendwann ein wenig ein Brennen und ein wenig auch Druck Richtung/ am After. Davon hatte ich doch gelesen (zu diesem Zeitpunkt war ich auch wieder fähig zu denken...). Ja, juhu! Ich bin in der Pressphase! Da kam auch schon G. und fragte mich, ob sie mich untersuchen dürfe. Ich murmelte "Nee...", aber sie zog die Handschuhe an und untersuchte mich von hinten. Das war auch absolut OK, störte mich kein bisschen, es war genau richtig in dieser Situation. Sie erkannte dann auch, dass es nicht mehr lang dauern würde und auch, dass das Köpfchen des Babys schon länger ziemlicher Belastung ausgesetzt war. Deshalb ermutigte sie mich "Gib dem Druck ruhig nach!" Dem Druck nachgeben? Da war doch gar kein "unwiderstehlicher Pressdrang", von dem ich ja auch schon vielfach gelesen hatte. Es war alles total steuerbar irgendwie. Ich fragte "Soll ich noch mehr drücken, als ich es schon tue?" "Ja." Also presste ich ganz bewusst meiner Meinung nach stark mit während der Wehen, da ich aus ihren Worten auch entnahm, dass das Baby wohl jetzt raus sollte. G. forderte meinen Mann auf, laut dafür zu beten, dass das Baby jetzt kommt, was er auch tat. Das war schön (zu diesem Zeitpunkt war reden ja auch wieder OK). Etwa drei-, viermal schaffte ich es nicht, über dieses Hindernis drüberzupressen, aber dann, bei der nächsten Wehe überwand ich es. "Ist das das Köpfchen?" Fragte ich. Mit der nächsten Wehe kam wohl eine Schulter und dann half G. noch mit, das Baby völlig zu entwickeln. Ich hatte schon bei der Schulter gedacht, das sei der Körper, und deswegen überraschte mich dieses "Rausflutschen" etwas. Wow. Jetzt war es geschehen. Ich setzte mich mit dem Rücken zum Pool hin und nahm mein Baby in die Arme, das G. mit dem Kopf über Wasser hielt. Mein Mann, der mich (und Baby) von hinten umarmte, weinte voller Freude, war voll Emotionen. Ich...war einfach nur da. Ich dachte "Wow, hier sitzt du im Geburtspool und hast gerade ein Kind zur Welt gebracht... Das passiert auch nicht so oft...". Ich hatte überhaupt keine Emotionswellen, aber ich hatte auch kein schlechtes Gewissen deswegen, da ich wusste, dass ich mein Kind liebe und lieben würde. Bei mir kam das alles während der ersten Woche. Als ich genau eine Woche nach der Geburt morgens aufwachte um die Uhrzeit (unser Baby wurde um 6.07Uhr geboren), da musste ich vor Freude weinen. (Auch das Nabelschnur-Durchschneiden und das kurze Absaugen vom Baby hatte ich nur so halb mitbekommen.) Im Pool direkt nach der Geburt hatte ich noch einen kontinuierlichen mittelstarken Schmerz und den wollte ich auch gerne loshaben. Deswegen versuchte ich einfach selbst zu drücken, als G. sich etwa 10 bis 20 Minuten nach der Geburt um meine Plazenta kümmerte. Und das klappte auch. Sofort war ich alle Schmerzen los und ich fühlte mich wirklich super. Ich hatte gerade 6 Stunden in Wasser mit Totem-Meer-Salz und "Entbindungsbad" (IS) zugebracht und fühlte mich sprichwörtlich fast selbst wie neugeboren. Mein Mann nahm das Baby und ich stieg aus dem Pool und legte mich auf`s Sofa. Da schaute mein Mann nach, was es denn ist, und grinste breit, denn er hatte, entgegen der Meinung der allermeisten Bekannten, immer daran festgehalten, dass es ein Junge wird. Ein Sohn!

Neu geboren... ein Baby und die Eltern
Ich lag da mit meinem Sohn unter einer Decke auf dem Sofa. Das erste Anlegen war irgendwie ein bisschen schwierig, funktionierte nicht so, wie es sein sollte, aber das machte mir keine Sorgen (nach ein paar Tagen Üben ging es problemlos). Es wurde dann klar, dass unser Kleiner Kopfschmerzen (bei Berührung) hat, da er ein ziemlich deformiertes Köpfchen hatte (durch die sogenannte Rödersche Stellung, die er unter der Geburt eingenommen hatte – übrigens auch eine Kaiserschnittindikation, ich weiß nicht sicher, ob da dann noch etwas dazukommen muss wie z.B. Geburts"stillstand", aber meine Hebamme meinte, im KH hätte ich von Anfang an wohl `nen Kaiserschnitt gekriegt, und ich hatte ja wahrlich keinen Stillstand). Deswegen wickelten wir ihn die ersten Tage auf dem Bauch. Das Köpfchen war übrigens innerhalb weniger Tage ganz wunderbar zurückgeformt und rund. G. untersuchte also unseren Sohn und zog ihn an. Ich schaute zu und war froh, dass sie es (so gut) machte. (Ach ja, die Daten: 3400g, 53cm, KU 36cm). Dann untersuchte sie mich. Eigentlich war ich sicher, dass ich keine Verletzung hatte, da mir beim Pipimachen auf dem Klo nichts wehgetan hatte, aber sie meinte dann doch, dass da ein Riss sei. Mh, mh, mh... gerade so sei auch was zum Nähen dabei (Muskelgewebe). Ob ich das wolle. Nein... Mh, aber das sei schon ein Dammriss 1-2°. Na, OK, dann halt nähen, aber ich darf jammern, OK? G. hatte ein betäubendes Gel dabei und nähte dann mit zwei Stichen. Ich habe zwar was gespürt, aber es hat überhaupt nicht wehgetan! Auch jetzt habe ich kaum Beschwerden. So liebevoll und umsichtig macht das wohl nur eine Hebamme...
Die Zeit nach der Geburt war ganz besonders, überwältigend, chaotisch, schön. Erstmal das Baby kennen lernen, realisieren: das ist jetzt da und bleibt auch da und ist ein Teil von uns! Ich bin so dankbar, dass G. jeden Tag in der folgenden Woche kam (und auch jetzt noch alle paar Tage), weiß nicht, wie ich es geschafft hätte, ohne zu wissen, sie kommt morgen wieder und dann kann ich ihr alle meine Fragen stellen... Körperlich ging es mir schnell sehr gut und auch seelisch... da brauchte ich ein paarmal um die Abendszeit den Arm meines Mannes und musste ein bisschen weinen... Aber nun, nach zwei Wochen, fühlen wir uns schon wieder auf dem Weg zum "Alltag" und auch die Sonne lacht vom Himmel.

Fazit
Einige Dinge waren ganz anders, als ich sie erwartet hatte, wie z.B. dass die Wehen so plötzlich regelmäßig kamen und sich nicht langsam einschlichen. Oder das die Wehen überhaupt keine Ähnlichkeit mit Regelschmerzen hatten, so fühlten sich dann erst wieder die Nachwehen an. Oder auch die Tatsache, dass ich keine Positionen ausprobieren wollte, keine Hilfsmittel benötigte, ich das Gefühl hatte, KEINE Helfer zu brauchen (in der Arbeitsphase). Vom schönen Geburtsmassageöl haben wir auch nur einmal ganz am Anfang ein paar Tröpfchen gebraucht...
Außerdem war uns klar: DIESE Geburt wäre im KH nicht gut gegangen, wohl in einer Katastrophe geendet. Entweder von Anfang an Kaiserschnitt wegen der Röderschen Stellung (und dann ich mit dem vielen Wasser und dem hohen Blutdruck...), oder doch ein schwieriger Geburtsverlauf durch die Störungen. Was hätten die mit mir gemacht während der einen Stunde "Wehe am Stück"...? In meinem Kopf kam da so ein Horrorszenario auf à la PDA, Kristellern, Dammschnitt... Dann wäre es mir im Wochenbett bestimmt auch nicht so gut gegangen. Mein Mann drückte es so schön aus: "Jeder, der einfach so ins KH geht, ist mutig oder über-mütig!" und "Es war eine gemütliche, private Geburt." :rosabrille:
Johannesangelium Kapitel 16 Vers 21: Wenn eine Frau gebiert, so hat sie Traurigkeit, weil ihre Stunde gekommen ist; wenn sie aber das Kind geboren hat, denkt sie nicht mehr an die Angst, um der Freude willen, daß ein Mensch in die Welt geboren ist.
Sowohl diese (emotionale) Freude über den neuen Menschen, als auch das Vergessen der Schmerzen war nicht plötzlich und direkt nach der Geburt da, sondern das kam beides so nach und nach...
Alles in allem bin ich sehr sehr dankbar, wie alles gelaufen ist. Dass ich diese Geburt, so heftig sie war, Zuhause erleben durfte, betreut von G., zu der ich sehr viel Vertrauen habe und die unglaublich respektvoll mit uns umgegangen ist! Gott sei gedankt! Danke für dieses wunderbare Geschenk, unseren Sohn, dessen Name "Der von Gott Erbetene" bedeutet, den wir nun kennenlernen, lieben, umsorgen, versorgen, erziehen und aufwachsen sehen dürfen! :byhop:
Luggele

2008 ELSS, 2009 FG

02/14 Bub - HG
08/17 Bub - HG
06/19 Mädele - AG
04/21 Bub - HG
01/23 Bub - HG

Wer ist wie der HERR, unser Gott? ...der die unfruchtbare Frau wohnen läßt als eine fröhliche Mutter von Söhnen. Hallelujah! Psalm 113,5+9

maia

Re: Als das Luggele schlüpfte...

Beitragvon maia » Mo 24. Feb 2014, 17:30

Danke für Deinen Bericht!
Herzlichen Glückwunsch!
:blume: :blume: :blume:

Ich freue mich jedesmal so sehr über eine Erstgebärende, die nicht aus Schaden und schlechten Erfahrungen klug werden mußte!

Ireen86
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Re: Als das Luggele schlüpfte...

Beitragvon Ireen86 » Mo 24. Feb 2014, 17:44

Herzlichen Glückwunsch!!!
:herzen: :blume: :babyglueck:

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mia
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Re: Als das Luggele schlüpfte...

Beitragvon mia » Mo 24. Feb 2014, 18:40

Ach wie schön...ich wünsche euch alles Gute. Und danke für den schönen Geburtsbericht! :rainbow:
Julimädchen, Juli 2003, KG
der kleine Süßling, Oktober 2012, HG

Irgendwas ist immer!

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jessica
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Re: Als das Luggele schlüpfte...

Beitragvon jessica » Mo 24. Feb 2014, 18:53

ich finds ganz wunderbar, daß du so ausführlich berichtet hast.
so schön und berührend. vielen dank dafür.

und herzlichen glückwunsch!
:blume: :hearts: :wolke: :rainbow: :flagge: :blume:
sternchen 11/'12 und 10/'13 und 02/'14 und 11/'14

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gwenyfar
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Re: Als das Luggele schlüpfte...

Beitragvon gwenyfar » Mo 24. Feb 2014, 18:56

Wow, danke für deinen Bericht und herzlichen Glückwunsch :blume: :blume: :blume: :blume: :blume:
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* Sohn 02/2014 HG

phoenix14
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Re: Als das Luggele schlüpfte...

Beitragvon phoenix14 » Mo 24. Feb 2014, 19:29

Danke für den Bericht! :blume:

Und ich finde es so schön, dass dein Mann gebetet hat.

Hab den Namen gegoogelt. Fängt er mit J an?

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weib1969h
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Wohnort: Hannover

Re: Als das Luggele schlüpfte...

Beitragvon weib1969h » Mo 24. Feb 2014, 20:34



:blume: :blume: :blume: :daumen: :applaus:

superklasse! herzlichen glueckwunsch und vielen dank fuer den bericht!
gute erholung und gottes segen fuer euch und euren sohn! :hug: :princess:

Yvonne
Hummelin 11/2012 AG Strahlekeks 09/2010 HG Traumsohn 02/2008 HG
Wunschtochter 12/93 KH Wunschtochter 08/92 KH Kurzglück 07/14+12/15 HG 09/20 :candle:

louma
Beiträge: 114
Registriert: So 29. Jul 2012, 18:13

Re: Als das Luggele schlüpfte...

Beitragvon louma » Mo 24. Feb 2014, 23:00

wunderbar! Ich freue mich so für euch und habe richtig mitgelitten, -gebebt und -gestaunt... Toll :hearts:
louma, Mama von E (Geburtshausgeburt 2009) und M (Hausgeburt 2011) und:

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Isa
Beiträge: 199
Registriert: Di 1. Mai 2012, 21:25

Re: Als das Luggele schlüpfte...

Beitragvon Isa » Di 25. Feb 2014, 09:55

Da war so einige dabei, was du mir noch nicht erzählt hattest. :) Schöner Bericht! :hausgeburt:


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