Unser Januarbaby (lang und ausführlich ;) )

öffentliches Forum

Moderator: Hausgeburtsforum

Avie
Beiträge: 6
Registriert: Sa 4. Jan 2014, 13:44

Unser Januarbaby (lang und ausführlich ;) )

Beitragvon Avie » Do 23. Jan 2014, 21:31

Ich möchte es festhalten, solange es noch so frisch ist, ich möchte Mut machen auf sich selbst zu hören und zur inneren Mitte zur finden. Nein, ich bin weder ein Freak, noch eine Ökotante, noch sonst irgendeine von denen, die die Allgemeinheit unter „Hausgeburt, das machen doch nur die…“ zusammenfasst. Ich bin eine Frau, kurz vor der Geburt unseres 2. Kindes 29 Jahre alt, mit einem Universitätsabschluss und einem (schlecht bezahlten) interessanten Job.

Der ET war 19.01. und so machten mein Mann und ich Späße, welches Datum uns gut gefallen würde. Ich fand 14.01.14 gut, außerdem war es ein Werktag, da bitte morgens Wehen, mittags Kind, nachmittags Klara vom Kindergarten abholen, das war so in etwa meine Wunschvorstellung. In der Nacht zu Dienstag bekam ich auch tatsächlich Wehen, von 2 – 5 Uhr morgens, kräftig und regelmäßig und dann wieder nichts. Frustriert ging ich zur Vorsorge und heulte mich bei An. aus, dass ich mich schon gefreut hätte. Sie tröstete mich, sagte, ich solle noch 1-2 Nächte gut schlafen und dann kommt das Baby. Seit Samstag nämlich verlor ich schon den Schleimpfropf, fühlte mich schneckig und war endlich für die Geburt bereit (vor dem ersten Kind war ich noch auf „raus kommen sie alle“, vor dem zweiten hatte ich einfach Angst vor den Schmerzen und nach dieser Nacht war die Angst weg und nur noch der Wunsch da, es endlich hinter mir zu bringen).
Am Donnerstag, 16.01. weckte mich Klara um 7 Uhr, also standen wir zusammen auf, ich machte ihr Frühstück und ging duschen und da fiel mir auf, dass es ganz schön zog im Unterbauch. Ich schaute also auf die Uhr während ich mich anzog und anschließend Klara für den Kindergarten fertig machte. Alle 15 Minuten kurze aber schon deutliche Wehen, noch gut auszuhalten. Ob es wohl losgeht? Während einer Wehe fragte Klara, die an diesem Morgen zuckersüß war und gar kein Theater beim Anziehen veranstaltete: Mami, hast Du aua? Bauch aua? Rücken aua? Ich sagte, dass Mami überall aua hat, sie sich aber keine Sorgen machen soll Ich brachte Klara in den Kindergarten und schrieb meinem Mann um 8.20Uhr, dass ich alle 10 Minuten vor mich hinwehe und er sich nicht viel vornehmen soll. Um 8.45Uhr schrieb ich ihm erneut, dass alle Wehen weg sind und ich echt genervt bin. Um 10.10 Uhr rief ich ihn an, dass die Wehen wieder da sind und er nach Hause kommen soll, vielleicht ist es falscher Alarm, aber ich wollte baden und traute mich alleine nicht. Er kam um halb zwölf nach Hause, da waren die Wehenabstände bei so 8 Minuten, und brachte Mittagessen mit. Da konnte ich unter den Wehen nicht mehr sprechen. Also aßen wir zusammen und dann ging ich in die Badewanne. Die Wehen blieben, weder stärker, noch schwächer, aber sie blieben. Wir machten uns dann an den Haushalt, ich wollte auf keinen Fall liegen, da ich dachte, dass es dann nicht vorwärts geht mit dem Muttermund, falls sich schon überhaupt etwas tat. Also putzte ich das Bad, mein Mann die Toilette (:D), das Mobile wurde aufgehängt, wir hörten Harry Potter als Hörbuch, lachten und scherzten viel, ich bügelte die seit Wochen rumstehende Wäsche. Die Wehen musste ich bereits an der Wand/am Bügelbrett/an der Wickelkommode veratmen und ab und zu bat ich meinen Mann mein Kreuzbein zu massieren oder meinen Unterbauch festzuhalten. Um 13 Uhr rief ich meine Freundin C. an, dass sie Klara auf jeden Fall abholt, Wehen alle 5 Minuten, Abmachung: falls der Kindersitz schon vor der Tür steht, ist die Hebamme bereits da. Um 13.18Uhr schrieb ich die erste Wehe auf, so hatte ich etwas zu tun (beim Bügeln, haha). Wehen alle 3-4 Minuten. Schmerzhaft, aber auszuhalten. Ob ich jetzt schon meine Hebamme anrufe? Nein, noch nicht. Um 14 Uhr rief ich sie dann doch an, sie meinte, dass sie noch einen Termin mit ihrem Sohn um 15 Uhr hätte und ob das denn noch gehen würde? Na klar, ich glaube nicht, dass es so schnell was wird. Sie würde sich dann nach dem Termin melden, ok, abgemacht. C. kam um halb drei und holte den Kindersitz. Wehen weiterhin alle 3 Minuten, meines Erachtens zu kurz, der Mann daraufhin fachmännisch: 45 Sekunden ist doch schon mal was! Um 16.30 Uhr ändert sich die Intensität der Wehen. Ich will mich hinlegen. Ich möchte Rufus Beck und Harry Potter nicht mehr hören. A. soll die Hebamme anrufen. Sie geht nicht ran. Um 16.50 Uhr ruft er die zweite Hebamme an, sie verspricht sich gleich auf den Weg zu machen. In der Zwischenzeit bitte ich A. mir in den Wehenpausen seine Entspannungsübungen aus dem autogenen Training vorzusagen. Es hilft, ich kann in den Pausen entspannen. H. (die zweite Hebamme) kommt um 17 Uhr an und fragt, ob sie mich untersuchen darf. Ja, darf sie, ich bin aufgeregt und befürchte, dass sich da nicht viel getan hat. Sie kann den Muttermund nicht richtig fühlen und bittet mich unter einer Wehe untersuchen zu dürfen – ja, ok. 8 cm!!! Huda ist überrascht, ich auch! Sie meinte, dass so, wie ich mich in den Wehenpausen verhalte, sie mich auf 2-3cm geschätzt hätte Die Geburtskiste wird geholt, H. erklärt, dass als nächstes entweder die Fruchtblase platzt oder ich einen Pressdrang bekomme. Unser Wohnzimmer verwandelt sich innerhalb von Minuten in einen Geburtsraum, eine Malerplane wird ausgelegt, ich pendele zwischen dem an der Decke hängenden Tuch, dem Sofa und der Wand. Um 17.15 Uhr kommt An. an und bringt alles mit, wir scherzen, ob sie bei uns einziehen möchte. Um 18 Uhr werde ich erneut untersucht, Muttermund vollständig auf, ein kleiner Saum steht noch, den würde das Kind aber wegschieben. Wir warten auf das Platzen der Fruchtblase, ich darf mich frei bewegen, mir werden 1xUnterlagen einfach hinterhergeschleppt und drunter gelegt. Die Stimmung ist freudig und locker, ich mache weiterhin Witze in den Wehenpausen, z.B., dass meinen Berechnungen zu Folge das Kind um 19.18Uhr kommt, weil ich in 6 Stunden durch sein will und um 13.18Uhr die erste Wehe aufgeschrieben habe :D Um 18.30Uhr ist die Fruchtblase wohl sichtbar (!!!) und ich werde gefragt, ob ich fühlen möchte. Ich überlege und ja, ich will. Ich muss nicht tasten oder eindringen, die Fruchtblase ist wirklich gut fühlbar, fest und doch wabbelig wie eine Wasserbombe! Wow, das motiviert mich! Ich verspüre die ganze Zeit einen Druck, als ob mir alles unten reißen würde, die Fruchtblase dehnt alles vor. Wir hören um 19 Uhr die Kirchenglocken, ich bin langsam frustriert, es wird wohl nichts mit 19.18Uhr, sage ich. An. fragt, ob sie mich unter einer Wehe auf dem Geburtshocker untersuchen darf, na klar! Um 19.03Uhr hält sie ihren Finger in der Wehe an die Fruchtblase und es macht laut platsch! Viel, wahnsinnig viel klares Wasser läuft auf die vorbereiteten Unterlagen. Alles ist in Sekundenschnelle wieder aufgeräumt, nur ich, ich bin überrascht und überfordert – heftige, alles zerreißende Wehenwellen überrollen mich, der Darm entleert sich, ich sitze auf dem Gebärhocker, der Mann hinter mir, ich kann damit nicht umgehen, töne laut. In der Wehenpause brauche ich länger um mich zu erholen. Nach der zweiten oder dritten Wehe auf dem Gebärhocker fragt An., ob ich aufstehen möchte – jaaa, bitte. H. zeigt mir, dass ich mich ins Tuch hängen kann und dabai die Knie wie beim marschieren nach oben bewegen soll. Und dann sagt An. einen Satz, der mir die restlich Zeit nicht aus dem Kopf geht: „es dauert ein paar Wehen bis das Kind durch dein Becken durch ist.“ Ach ja, wie viel ist denn ein paar? Das will ich fragen, aber die nächste Wehe überrolt mich, ich hänge im Tuch, der Mann vor mir, ich versuche die Beine zu heben, es gelingt mehr als schlecht, ich sage, dass ich nicht mehr will und nicht mehr kann. Wehenpause, ich hänge im Tuch. Ich kann nichts sagen. Mein Gedankenkarussell arbeitet auf Hochtouren. Ich stelle mir bildlich vor, wie jemand mit einer überdimensionalen Zange das Kind am Kopf packt und aus mir rauszieht, nein sowas haben sie nicht da. Nächste Wehe. Pause. Ich will einen Kaiserschnitt, jetzt sofort, aber mit diesen Wehen kann ich nicht Autofahren und wenn die (Sanis) herkommen, bringen sie keine PDA mit. Nächste Wehe: ich kann nicht mehr, ich will das nicht!!! Ich schwitze, ich hänge im Tuch, Pause. Ich mag nicht mehr stehen. Ok, meine Fitnessmatte (sehr gute Idee meinerseits übrigens) wird vors Sofa geschoben, ich knie drauf, es ist 19.18 Uhr, ich lege meinen Kopf auf die Sofakissen und schon kommt sie, die nächste Wehe, wie eine rieeeesige Welle, ich kann nicht mehr denken, ich schreie in einem hohen, schrillen Ton in das Kissen, höre eine Stimme ich solle tiefe Töne versuchen. Ich töne tief ins Kissen, die Wehe will nicht aufhören, der Mann sagt, es ist gleich geschafft, ich denke: wenn DU wüsstest! Und dann ändert sich etwas an der Wehe, ich schreie „der Kopf kommt“, Andrea schafft es gerade noch einen Handschuh anzuziehen, ich spüre, dass der Kopf noch in dieser Wehe vollständig draußen ist, höre den Mann, der sagt: „nur noch ein Mal pressen“, denke "ja, es ist nur noch der Körper und presse, obwohl die Wehe vorbei ist." 19:22 Uhr. Ein Baby schreit, es ist mein Baby. Halt, es ist MEIN Baby! Wo? Hinter mir? Nein, vor mir (An. muss es mir dahin gelegt haben?!?)! Da ist es! Ich nehme es mir, es ist ziemlich glitschig und ich bin einfach nur froh, dass es da ist! Meine Kräfte lassen jetzt nach, ich habe Angst, dass die Knie versagen und frage, ob ich auf das Sofa darf. Na klar, und schon kuscheln wir zu dritt auf dem heimischen Sofa, Handtüchern und Laken über uns, wir dürfen unseren Sohn bestaunen! Die Nabelschnur pulsiert noch, ich fasse sie an, später schneidet A. die Nabelschnur durch. Die Plazenta wird problemlos geboren, das Wohnzimmer sieht aus wie immer, nur ein großer blauer Müllsack steht dort und ich habe ein Baby im Arm. Die Hebammen ziehen sich zurück, machen ihren Schreibkram oder was auch immer, dann werde ich untersucht: ich habe keinerlei Verletzungen. Nichts. Dem folgt die U 1 und hier ist er:

Vincent, *16.01.2014 / 19:22 Uhr / 51 cm / 3620 g / KU 35 cm

Danke! Ich danke meinem Mann, dass er mich bei allem unterstützt hat, ohne zu zweifeln! Danke an beide Hebammen, die meine Wünsche berücksichtigt haben, dass sie gefragt haben, wie es mir geht und es auch so meinten! Danke an C. für die Betreuung von Klara auch über Nacht, das trug auch zu meiner Entspannung bei Klara in sehr guten Händen zu wissen! Und danke an parapluies für die Idee mit dem Tuch und das Ausleihen desselben!

P.S. Keiner der Nachbarn hat etwas mitbekommen, obwohl sie die Hebamme mit Koffern gesehen haben, obwohl deren Esstisch zur besten Abendbrotzeit direkt unter unserem Sofa steht…

:hausgeburt:
Bild
Bild

Ireen86
Beiträge: 437
Registriert: Mi 2. Mai 2012, 18:52

Re: Unser Januarbaby (lang und ausführlich ;) )

Beitragvon Ireen86 » Do 23. Jan 2014, 21:38

Herzlichen Glückwunsch zum Baby!! :blume:

Benutzeravatar
perfect life
Beiträge: 105
Registriert: Do 24. Jan 2013, 21:21

Re: Unser Januarbaby (lang und ausführlich ;) )

Beitragvon perfect life » Do 23. Jan 2014, 21:49

Herzlichen Glückwunsch :blume: :blume:

Am Ende ging es dann doch ganz schön flott, oder hab´ ich etwas überlesen :eek:

p.l.

Avie
Beiträge: 6
Registriert: Sa 4. Jan 2014, 13:44

Re: Unser Januarbaby (lang und ausführlich ;) )

Beitragvon Avie » Do 23. Jan 2014, 22:02

Ja, es gab nur diese eine einzige Presswehe und meine Hebamme meinte, dass ich eben nur die letzten 20 Minuten keine Zeit für Witze hatte :pfeif:
Bild
Bild

caar
Beiträge: 262
Registriert: Do 22. Aug 2013, 22:11

Re: Unser Januarbaby (lang und ausführlich ;) )

Beitragvon caar » Do 23. Jan 2014, 22:29

herrje wie schön, ich will das auch und zwar genauso. :flagge:

fiori
Beiträge: 362
Registriert: Di 1. Mai 2012, 07:32
Wohnort: Österreich

Re: Unser Januarbaby (lang und ausführlich ;) )

Beitragvon fiori » Do 23. Jan 2014, 22:35

Herzlichen Glückwunsch und danke für diesen mutmachenden Bericht :rainbow:
Zwergi 2010 sek KS
Sternchen 2006 kleine HG

"Man muß in der Geburtshilfe viel wissen, um wenig zu tun."
Prof. Dr. Dr. Willibald Pschyrembel, dt. Frauenarzt und Gelehrter

Benutzeravatar
parapluies
Administrator
Beiträge: 5161
Registriert: Sa 21. Apr 2012, 10:13

Re: Unser Januarbaby (lang und ausführlich ;) )

Beitragvon parapluies » Do 23. Jan 2014, 23:03

:hurra2: :hurra2:

Du bist so stark!
Ach ist das schön zu lesen!
Ich freue mich schon so Vincent kennen zu lernen! :rosabrille:

Ein ganz wundervoller Bericht. Ich habe so mitgefiebert.
Und schön, dass dir das Tuch genutzt hat. :D
Ich wünsche euch 4en noch ein wundervolles, erholsames Wochenbett. :hug:

:flagge:

kati
Beiträge: 547
Registriert: So 13. Mai 2012, 22:08

Re: Unser Januarbaby (lang und ausführlich ;) )

Beitragvon kati » Fr 24. Jan 2014, 00:35

hhhmmmmm wp-cry aber es sollen freudentränen sein...

dein satz "und hier ist er" hat mein pers fass zum überlaufen gebracht...

danke fürs teilen

toller bericht

:rainbow: herzlichen glückwunsch :rainbow:

ein tolles wochenbett :babyglueck: :stillen: :byhop:

und :flagge: :willkommen: kleiner mann :blume:
Liebe, Licht & Frieden

herzliche Grüße

Kati

"Unsere Kinder sind nicht unsere Kinder..."

Josh 03/ 2001 Verlegung GH - KH ambulant
Luis 02/ 2004 HG
Rosalie 11/ 2008 HG
Engelchen 06 - 09/2011 HG
Hannes 08/ 2012 geplante HG selbstbestimmt im KH geendet

Frl_Lotta

Re: Unser Januarbaby (lang und ausführlich ;) )

Beitragvon Frl_Lotta » Fr 24. Jan 2014, 08:03

Herzlichen Glückwunsch! Ach das liest sich schön! :-)

lela15

Re: Unser Januarbaby (lang und ausführlich ;) )

Beitragvon lela15 » Fr 24. Jan 2014, 10:13

Danke für den wundervollen Geburtsbericht, hört sich sehr kraftvoll an. Herzlichen Glückwunsch zum Buben. :blume: Kuschelt schön.


Zurück zu „Hausgeburtsberichte“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 9 Gäste