Ein Geburtsmarathon ;) - August 2011

öffentliches Forum

Moderator: Hausgeburtsforum

Dalija

Ein Geburtsmarathon ;) - August 2011

Beitragvon Dalija » Mi 2. Mai 2012, 11:05

Geplant hatte ich ursprünglich eine Alleingeburt nur mit meinem Mann, den ich notfalls dazurufe, wenn ich irgendwas brauche, aber was lässt sich schon „planen“? :hase:

Naja, jedenfalls.. Samstag Abend hab ich schon „gemerkt“ dass sich irgendwas verändert hat - ab und an ein gaaaaanz leichtes Ziehen - aber es noch auf meine Einbildung und den Wunsch zurückgeführt, dass doch endlich die Geburt losgehen möge. ^^

Sonntags stand für mich dann fest, dass die Geburtsreise begonnen hat. Den ganzen Tag verspürte ich in noch unregemäßigen Abständen ein leicht schmerzhaftes Ziehen. Die Freude war natürlich groß – ich war sehr gespannt auf diese – für mich – völlig neue Erfahrung. Allzu sehr darauf fokussieren wollte ich mich aber nicht. Das erschien mir nicht gerade förderlich - also ging ich einfach meinen alltäglichen Tätigkeiten nach um mich abzulenken. Abends waren die Wehen dann schön regelmäßig und gut auszuhalten.

Hatte natürlich noch keine Ahnung wie lang die ganze Geburt dauern wird – daher hab ich mich von Sonntag auf Montag noch mal hingelegt – leider konnte ich mich nur ca. vier Stunden erholen. Danach haben mich die Wehen in meinem Schlaf „gestört“ – ans Weiterschlafen war nicht mehr zu denken. Aber im Nachhinein kann ich froh sein, überhaupt nochmal etwas Schlaf gefunden zu haben...

Montags hab ich mich zwischendurch mal in der Wanne entspannt und auch ansonsten alles getan um locker zu lassen und einfach dahinzutreiben. Gegen Abend wurden die Wehen dann richtig schmerzhaft – ich dachte das sei ein Zeichen, dass nun was vorangeht und ich nicht mehr allzu lang auf meinen kleinen Spatz warten muss – aber weit gefehlt... :flucht:

Mit allen möglichen Tipps, die ich gelesen hab, habe ich versucht die Schmerzen erträglicher zu machen, zu entspannen und einfach abzuschalten. Leider hat NICHTS geholfen. Das war schon ziemlich frustrierend, nachdem sich vieles so erfolgsversprechend angehört hatte. Ich fühlte mich dann schon ziemlich verarscht und alleingelassen, nachdem ich vor der Geburt so viele Bücher dazu gewälzt hatte, um mich gut vorzubereiten.

Die Wehen waren so schmerzhaft, dass in der Nacht von Montag auf Dienstag an Schlaf nichtmal ansatzweise zu denken war. Ab da musste mein Mann ständig für mich da sein und er hat versucht mit Massagen im unteren Bereich des Rückens und durch Gesäß-Schütteln das Ganze etwas erträglicher zu machen. Die Vibrationen des Massagegeräts auf höchster Stufe brachten zwischendurch auch noch etwas Erleichterung. Aber meine Verzweiflung wuchs trotzdem. Ich wusste nicht mehr wo unten oder oben war. Nichts spielte mehr eine Rolle. Ich wollte bloß noch, dass diese verdammten Schmerzen aufhören. Ich hatte panische Angst vorm Krankenhaus und um nichts in der Welt wollte ich dorthin gehen.
Andererseits hielt ich die Schmerzen echt nicht mehr aus und wünschte mir nichts sehnlicher als endlich davon erlöst zu werden. Ich kann im Nachhinein nicht mehr sagen WIE OFT ich während der Geburt den Wunsch hatte einfach nur zu sterben – so verzweifelt war ich. Ich hab zwischendurch geheult wie ein Schlosshund und hatte das Gefühl die Geburt findet nie ein Ende, dass das jetzt auf immer und ewig so weiter geht (so bescheuert es im Nachhinein auch klingen mag).

Ich schätze, dass ich Morgens das letzte mal ne Kleinigkeit gegessen hatte, daher hat mir mein Mann dann auch zwischendurch was angeboten. Hab aber fast nichts runterbekommen und in der Nacht von Montag auf Dienstag auch das erste mal erbrochen.

Dasselbe Spiel von Verzweiflung, Tränen, unerträglichen Schmerzen, sterben wollen, Panik vor dem KH usw. spielte sich den ganzen Dienstag ab. Auch an dem Tag hab ich immer wieder jede Kleinigkeit, die ich versucht habe zu mir zu nehmen, erbrochen. Der einzige winzige Lichtblick war mein Mann, der alle paar Minuten, wenn wieder ein Wehenschub kam, an meine Seite gesprungen ist und versucht hat mir durchs Massieren ein wenig die höllischen Schmerzen zu erleichtern.

Nach ewigem guten Zureden seinerseits habe ich mich entschlossen gehabt, ihm die Erlaubnis zu geben, die Hebamme anzurufen – telefonieren hätte ich schon lange nicht mehr können. Dienstag um elf Uhr Abends trudelte diese dann auch ein.

Ursprünglich wollte ich gar keine MuMu-Untersuchung machen lassen, aber mir war es wichtig, endlich Gewissheit zu haben. Auch wenn ich panische Angst davor hatte, dass die Antwort lauten würde: Es hat sich fast nichts getan. Doch zum Glück hat mich die Antwort sogar etwas aufgebaut: 6 cm - ich hatte schon über die Hälfte geschafft. Juhu! Besser als ich befürchtet hatte. Von Sonntag Abend bis Dienstag Abend hab ich es tatsächlich geschafft die Hälfte hinter mich zu bringen. In dem Moment hat mir das zumindest nen Lichtblick verschafft, aber angesichts der Schmerzen war das recht schnell wieder vergessen. (Im Nachhinein ist mir übrigens erst bewusst geworden, wie gut es war, dass ich eigentlich ne Alleingeburt geplant hatte, denn so hatte ich das Rufen der Hebamme wirklich erst akzeptiert, als ich gar nicht mehr konnte - und da der MuMu dann schon bei 6 cm war, hat mir das wenigestens nen kleinen positiven Schub gegeben. Hätte ich die Hebi früher gerufen, wenn der MuMu erst bei z.B. 3 cm gewesen wäre, hätte mich das eher sehr frustriert, bzw. hätte es mich glaub ich generell runtergezogen, dauernd zu hören, dass der MuMu WIEDER nur nen halben cm weiter offen ist oder die Eröffnung vielleicht sogar längere Zeit stagniert hätte - da isses glaub ich besser, man weiß es garnicht...)
Die Hebamme hat sich dann hingelegt – da sie mir momentan eh nicht helfen konnte. Bloß meinen Mann hatte ich wie immer an meiner Seite um ihn zu rufen sobald ich die Schmerzen nicht mehr ausgehalten habe – und das war leider alle paar Minuten der Fall, zwischendurch hatte ich wie immer das Massagegerät als Ersatz - die Zeit zwischen den Wehen hat er dann immer ein, zwei Minuten geschlafen.

Nach weiteren Schmerzen und viel Verzweiflung endlich der nächste Lichtblick: Dienstag Nachts, es war ca. drei, vier Uhr, da dachte ich, ich versuch selbst mal zu ertasten, ob ich schon was spüre. Vielleicht merk ich schon das Köpfchen? Naja.. ich war irritiert – ich hab was gemerkt, aber das fühlte sich äußerst komisch an.

Also hab ich die Hebamme rufen lassen und die hat noch mal nachgeschaut und mir mitgeteilt, dass das die Fruchtblase ist, ich jetzt voll eröffnet sei usw.
Aha! Jetzt wusste ich also endlich, dass die Fruchtblase noch nicht geplatzt war. Hatte nämlich überhaupt keine Ahnung. Von dem vielen ins Wasser rein und wieder raus, war mir nichtmal klar ob die vielleicht schon unbemerkt im Wasser geplatzt ist.

Naja, die Presswehen zogen sich dann ewig dahin. Die Hebamme gab mir den Tipp beim Pressen die Luft anzuhalten, aber ich sagte ihr, dass mir es leichter fiele dabei zu tönen. Das hat meine unerträglichen Schmerzen wenigstens etwas erleichtert. Kommentiert hat sie das leider nicht. Ansonsten wäre die Geburt wohl schneller verlaufen...

Jedenfalls hab ich bei jeder Presswehe getönt und gepresst was das Zeug hielt, aber voran ging überhaupt NICHTS! Die Schmerzen waren sowieso schon lange nicht mehr auszuhalten und das Finale wollte sich einfach nicht einstellen. Das hat mich nochmal total zur Verzweiflung gebracht. Ich war so entkräftet, dass mein Mann mir noch mal was zum Essen angeboten hat, was ich in recht kurzer Zeit alles wieder erbrochen habe. Hatte heftige Zitteranfälle, war total am Ende und todmüde. In den kurzen Pausen zwischen den Wehen wäre ich jedes Mal fast eingeschlafen – aber eben nur fast. Mein Körper wollte mir einfach keine Ruhe gönnen und die Wehen wurden leider immer schwächer.

Meine Hebamme meinte, ich solle es noch mit einem homöopathischen Mittel zur Wehenanregung probieren. Hat aber leider nicht geholfen.

Nach knapp 60 Stunden Wehen, fast zwei Tagen ohne Essen und Schlaf und am Ende meiner Kräfte war die letzte Alternative vor dem KH dann noch ne Wehenspritze, die mir meine Hebi empfohlen hat und die ich dann auch angenommen hab, weil die Wehen leider überhaupt nicht mehr effektiv waren. Vor lauter Panik, doch noch ins Krankenhaus zu müssen, hab ich meine verbleibenden Reste an Kraft zusammengenommen und gepresst als ginge es buchstäblich um mein Leben. Dabei hab ich auch gar nicht mehr getönt und meine ganze Puste ins pressen investiert und siehe da – es ging voran! Wenn ich das gleich gewusst hätte, wäre es wohl auch ohne Spritze gegangen.

Um ca. 9.45 Uhr Mittwochvormittags kam unser Mädchen dann im Wohnzimmer auf dem Gebärstuhl zur Welt. Ca. drei Minuten vor der Geburt platzte erst die Fruchtblase – auch ein Zeichen dafür (neben eigener Kontrolle durch Bauchabtasten vor Wehenbeginn), dass unsere Süße in ner optimalen Position gelegen ist. Zu frühe Fruchblasensprünge gibt es nur in „ungünstigeren“ Positionen – zumindest stand das so im Buch „Optimierung der Kindslage“.

Das Fruchtwasser war sogar gelb, hatte ich vorher noch nie irgendwo gehört – unsere Hebamme meinte, dass die Kleine wohl vor einigen Tagen reingekackt hätte und das Fruchtwasser schon dabei war sich zu reinigen.

Ich war jedenfalls überglücklich, dass es endlich vorbei war und das ganze „nur“ mit einem kleinen Dammriss überstanden hatte. Hab hinterher auf der Couch gelegen mit meiner Kleinen und es noch gar nicht richtig fassen können es endlich geschafft zu haben!! :herzen: :cap:

Fazit: Ohne die ganzen kritischen Informationen über Krankenhausgeburten, unnötige Interventionen uvam hätte ich garantiert nicht die Kraft und das Durchhaltevermögen aufgebracht um die Geburt zu einem natürlichen Ende zu bringen. Ich hätte mir schon längst ne PDA legen lassen und wäre sicherlich aufgeschnippelt worden. :tap:

JulianeM
Beiträge: 669
Registriert: Di 1. Mai 2012, 08:10

Re: Ein Geburtsmarathon ;) - August 2011

Beitragvon JulianeM » Mi 2. Mai 2012, 13:33

Mann, Hut ab vor deiner körperlichen und vor allem mentalen Kraft! Und wie gut, dass du im Vorfeld so viele Informationen eingeholt hast! Ach Mensch, hätte ich das doch alles bei meiner Sectio letzten Dezember gewusst. Bei mir wurde ja nach 36h sektioniert und da fand ich das schon eine lange Zeit und war sehr erschöpft. Hätte mir jemand Mut gemacht und gesagt, dass es schon irgendwann wird anstatt mich zu ängstigen, hätte ich aber bestimmt noch durchhalten können. Aber leider dominierte das Gefühl, Zeit und Nerven aller Beteiligten schon lange genug beansprucht zu haben. Ich hoffe, ich bekomme irgendwann eine zweite Chance...
Luise 12/2011, sekundäre, klinikproduzierte Sectio
Theo 08/2013, abgebrochene HG, spontan im KH
Charlotte 07/2015, Alleingeburt
Anni 05/2017, stille Geburt in der 30. SSW im KH
Benno 05/2018, spontan im KH
Fridolin, 09/2023, spontan im KH

ZuHauseImGlück
Beiträge: 229
Registriert: Mi 2. Mai 2012, 11:29

Re: Ein Geburtsmarathon ;) - August 2011

Beitragvon ZuHauseImGlück » Fr 4. Mai 2012, 23:19

Wow ich gratuliere dir zu dieser Leistung :applaus:
Ich habe nach 38Stunden starker Wehen aufgegeben und habe alles mit mir machen lassen, sprich PDA und Wehentropf (da ich im KH entband)
Aber das was du da vollbracht hast ist echt der Wahnsinn.
Wintermädchen Nov.2010 KH
Prinz Juli.2013 HG
4 Sternchen fest im Herzen
Wer glaubt, das Sonnenschein reines Glück bedeutet, der hat noch nie im Regen getanzt

Benutzeravatar
Elsa
Beiträge: 260
Registriert: Di 1. Mai 2012, 22:31
Kontaktdaten:

Re: Ein Geburtsmarathon ;) - August 2011

Beitragvon Elsa » Fr 4. Mai 2012, 23:54

Oh man wie heftig!

Hast du eine Erklärung für dich wieso das ganze so lange dauerte? (Oh man oh man 60 Stunden Aua- ba nä! :flucht: )
Was niemand tut, wird nie getan

Ich habe den Kampf gegen die Waage gewonnen- soll sie doch selber sehen, wie sie an neue Batterien kommt.

Benutzeravatar
Ardilla
Beiträge: 2196
Registriert: Di 1. Mai 2012, 10:37

Re: Ein Geburtsmarathon ;) - August 2011

Beitragvon Ardilla » Sa 5. Mai 2012, 09:18

Wow!!! Dagegen ist ein Marathon glaube ich echt erholsam! Respekt, dass du das so lange durchgehalten hast :blume:
Julitochter * 2001 (ambulante Beleggeburt)
Februarkerlchen * 2005 (Hausgeburt mit KS beendet)
Julimädchen * 2011 (Hausgeburt)

Dalija

Re: Ein Geburtsmarathon ;) - August 2011

Beitragvon Dalija » Sa 5. Mai 2012, 15:36

danke für eure antworten. :wink3:
Hast du eine Erklärung für dich wieso das ganze so lange dauerte? (Oh man oh man 60 Stunden Aua- ba nä! :flucht: )
gute frage - nächste frage :bgrin:

ne also ich hab bloß eine vermutung.. unsere hebi sagte meinem mann während der hg unter vier augen, dass die meisten KS-kinder ihrer erfahrung nach später selbst einen kaiserschnitt hätten. diese „linie“ sei wohl schwerer zu durchbrechen. so ähnliche infos hab ich schon mal bei michel odent in seinem buch über kaiserschnitte gelesen. und da ich selbst ein „schnittchen“ bin und meine mutter auch schon ein kaiserschnittkind war... vielleicht dauerte die geburt deswegen so ungewöhnlich lang? :zahnlos:

JulianeM
Beiträge: 669
Registriert: Di 1. Mai 2012, 08:10

Re: Ein Geburtsmarathon ;) - August 2011

Beitragvon JulianeM » Sa 5. Mai 2012, 17:38

Ja, irgendwie glaub ich schon, dass das Ganze auch etwas Veranlagung ist. Ich war ja auch ein Schnittchen und habe nach 36h Wehen via Sektio (die ich nicht wollte) entbunden. Aber ich glaube, nachdem ich deinen Bericht gelesen habe noch mehr als vorher, dass es auch anders gegangen wäre...
Luise 12/2011, sekundäre, klinikproduzierte Sectio
Theo 08/2013, abgebrochene HG, spontan im KH
Charlotte 07/2015, Alleingeburt
Anni 05/2017, stille Geburt in der 30. SSW im KH
Benno 05/2018, spontan im KH
Fridolin, 09/2023, spontan im KH


Zurück zu „Hausgeburtsberichte“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 6 Gäste